Ministerium als Sprungbrett? Warum AKK nicht lange Verteidigungsministerin bleiben könnte
Jens Spahn könnte der am kürzesten dienende designierte Bundesverteidigungsminister der Bundesrepublik Deutschland gewesen sein. Bereits kurz, nachdem am Dienstagabend (16. Juli) die Meldung über die Wahl Ursula von der Leyens zur EU-Kommissionspräsidentin über die Nachrichtenticker gegangen war, hieß es, der derzeitige Bundesgesundheitsminister würde diese im Verteidigungsressort beerben und seinerseits Platz machen für die derzeitige Integrationsbeauftragte Annette Widmann-Mauz.
Wenige Stunden später stand fest: Spahn bleibt an seinem Platz, stattdessen wird die seit Dezember des Vorjahres amtierende CDU-Bundesvorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer ihr erstes Ministeramt auf Bundesebene übernehmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel selbst soll diese Entscheidung getroffen haben – und ihren Koalitionspartner SPD damit vor vollendete Tatsachen gestellt.
SPD hätte am Dienstag um ein Haar Koalition zum Platzen gebracht
Dass diese darob großes Aufsehen machen werde, ist jedoch nicht zu erwarten: Nachdem die SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament anders als viele europäische Fraktionskollegen Ursula von der Leyen ihre 16 Stimmen verweigert hatten und ihr damit um ein Haar die Mehrheit verhagelt hätten, ist das Klima zwischen Union und SPD gespannt genug. Hätten nicht Leihstimmen aus den Reihen der sonst so verhassten „Rechtspopulisten“ aus Italien, Ungarn und Polen der Albrecht-Tochter den Tag und die hauchdünne Neun-Stimmen-Mehrheit gerettet, hätte es vielleicht schon heute eine Pressekonferenz zur Verkündung des Endes der Koalition gegeben.
Die bisherigen Reaktionen auf die Personalentscheidung sind verhalten. Auffällig ist, dass unter anderem aus der „WerteUnion“ bis dato noch keine Stellungnahme erfolgt ist. Deren Sprecher Alexander Mitsch hatte vor Wochen beklagt, die durchwachsenen Umfragewerte für Kramp-Karrenbauer hätten nicht zuletzt damit zu tun, dass diese zwar Parteichefin sei, aber es ihr an der Möglichkeit fehle, sich an der Spitze eines Bundesministeriums an der Regierung zu profilieren.
Ob man dabei auch das Bundesverteidigungsministerium als geeignete Spielwiese im Auge hatte, ist ungewiss. Aus konservativen Kräften außerhalb der CDU regt sich zumindest bis dato verbreitet Kritik an der Besetzung. Die marode, kaputtgesparte und international kaum präsentable Bundeswehr in den Händen einer Ministerin ohne jede Erfahrung in Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik stelle gleichsam eine Verhöhnung der Truppe dar, heißt es vonseiten der AfD:
„Die Entscheidung, AKK in Stellung zu bringen, die ohne jede außen-, sicherheits- oder verteidigungspolitische Ahnung ins Amt stolpert, lässt tief blicken. Nichts lässt Merkels Geringschätzung für unsere Bundeswehr deutlicher werden.“
Versprechen gebrochen?
Andere kritisieren, Kramp-Karrenbauer habe ein erst 13 Tage altes Versprechen gebrochen, nicht für ein Ministeramt zur Verfügung stehen zu wollen. Dieses wollten sie aus einer Äußerung der CDU-Vorsitzenden gegenüber der „Bild“ herauslesen, wo sie sagte:
„Ich habe mich bewusst entschieden, aus einem Staatsamt in ein Parteiamt zu wechseln. Es gibt in der CDU viel zu tun.“
Diese Äußerung bezog sich auf ihren Wechsel aus dem Amt des saarländischen Ministerpräsidenten an die Spitze der Union. Eine Absage an die Übernahme eines Ministeramtes daraus zu lesen, sei nicht zwingend, meint auch Torsten Krauel in der „Welt“:
„War das ein Nein zum Ministeramt? Beileibe nicht. Es war eine Beschreibung der Situation im Dezember nach ihrer Wahl zur CDU-Bundesvorsitzenden. Kramp-Karrenbauer beherrscht wie Merkel die Kunst, einen Dementi-ähnlichen Satz zu sagen, der kein glasklares Dementi ist. Beide mussten abwarten, wie das Votum in Straßburg ausgehen würde, daher die kalkulierte Unschärfe.“
In seiner Analyse geht Krauel davon aus, dass die Tätigkeit als Bundesverteidigungsministerin für Kramp-Karrenbauer aus Merkels Sicht eine „Umsteigestation“ zur späteren Kanzlerschaft darstellen soll.
Konsequenter Schritt in Richtung Kanzlerambitionen
Ab sofort hat Kramp-Karrenbauer einen Platz am Kabinettstisch und Rederecht im Bundestag. Der Erwartungsdruck ist nicht übermäßig stark: Die Medien hatten bereits früh begonnen, die Kanzlereignung der neuen CDU-Chefin in Zweifel zu ziehen. Die Bundeswehr ist in einer so desolaten Lage, dass die neue Ministerin eigentlich fast nur noch gewinnen kann – und wenn es ihr nur gelingen sollte, ein paar symbolische Schritte zu setzen.
Damit könnte das nunmehrige Ministeramt ein Sprungbrett darstellen für die Kanzlerkandidatur 2021 – sollte die Koalition bis dahin durchhalten. Dies dürfte nicht zuletzt davon abhängen, dass die Koalitionsparteien es bei den Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen im Herbst schaffen, ihre Verluste in Grenzen zu halten.
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