Wer wird Nachfolger von Kardinal Marx? Das kann zur Richtungsentscheidung werden
Tritt Kardinal Rainer Maria Woelki die Nachfolge an oder einer der aufstrebenden jüngeren Bischöfe wie der Limburger Georg Bätzing, der Essener Franz-Josef Overbeck oder der Mainzer Peter Kohlgraf?
Am Dienstag entscheidet die Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe in Mainz über ihren wichtigsten Repräsentanten – die Wahl könnte zur Richtungsentscheidung werden.
Alle sechs Jahre wählt die Bischofskonferenz einen Vorsitzenden. Dass es in diesem Jahr mit der turnusmäßigen Wahl auch einen Wechsel an der Spitze geben würde, hatte niemand erwartet – mit seinem Verzicht auf eine zweite Amtszeit überraschte Marx alle. Die Motive dafür geben Grund zur Spekulation.
Der 66 Jahre alt Marx gab selbst als Gründe sein Alter und die Herausforderungen in seinem Münchner Erzbistum an. Doch nicht wenige glauben, es könnte noch mehr dahinter stecken: Vor allem, dass er zermürbt ist von den Auseinandersetzungen mit den konservativeren Kräften, die seinen zunehmend liberalen Weg torpedierten.
Zuletzt beim sogenannten synodalen Weg zur Aufarbeitung des Missbrauchsskandals und davor bei der Eucharistie für die protestantischen Ehepartner von Katholiken rebellierte eine Gruppe konservativer Bischöfe offen gegen den von Marx eingeschlagenen Kurs der deutschen Bischofskonferenz. Der profilierteste Vertreter dieser konservativen Garde ist Woelki.
Folgerichtig wäre, wenn Woelki auf den Posten in der Bischofskonferenz drängen würde. Allerdings winkte Woelki im Vorfeld des Bischofstreffens in Mainz ab: „Ich persönlich möchte mich auf die Herausforderungen konzentrieren, die sich mir als Erzbischof von Köln und als Kardinal der katholischen Weltkirche stellen“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“.
Ob dies ein kategorisches Nein ist, wird sich erst nach der Wahl am Dienstag zeigen. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass Woelki einen Bischof aus seinem eher konservativen Lager zu installieren versucht, was bei einem Erfolg einen Kurswechsel der seit langem eher für einen liberalen Katholizismus stehenden deutschen Bischofskonferenz bedeuten würde.
Auf den kommenden Vorsitzenden kommen zwei große Aufgaben zu. Die erste ist, möglichst schnell ein abschließendes Entschädigungsmodell für die Opfer sexuellen Missbrauchs zu finden.
Für diese gab es von Bistum zu Bistum bisher unterschiedliche Geldzahlungen, die wegen ihrer geringen Höhe in den meisten Fällen nur als symbolische Anerkennung des Leids zu verstehen waren. Nun soll endlich eine zufriedenstellende Lösung gefunden werden – die aber teuer werden dürfte.
Die zweite Aufgabe ist ungleich schwieriger. In der kommenden Amtszeit des Vorsitzenden wird sich als Folge der demografischen Entwicklung im Klerus der Priestermangel voll entfalten – quer durchs Land werden die Gemeinden ohne eigenen Priester dastehen.
Die verbleibenden Priester müssen gleichzeitig immer mehr Aufgaben übernehmen, was für diese zur Überlastung führen könnte.
Hinzu kommt, dass die mit Papst Franziskus verbundene Aufbruchstimmung einen erheblichen Dämpfer bekam. Dass er derzeit weder am Zölibat rütteln noch die Weihe von Frauen zu Diakoninnen erlauben will, sorgt für breite Ernüchterung unter Deutschlands Katholiken. (afp/nh)
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