Meinung
Arnold Vaatz (CDU): „Regierung und Medien beschädigen ihre Glaubwürdigkeit“
Bei den Corona-Demonstrationen wird mit zweierlei Maß gemessen – Bürger werden diffamiert. Ähnlich wäre es auch in der DDR gewesen, schreibt Gastautor Arnold Vaatz MdB, stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag.

Demo von Corona-Skeptikern am 01.08.2020
Foto: über dts Nachrichtenagentur
Zunächst stelle ich klar: Ich halte die Festlegungen der Regierungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie für richtig und ihre Befolgung für erforderlich. Doch dies ist nicht mehr die Kernfrage. Die Kernfrage ist, warum bei gleicher Gefahrenlage die BLM-Demonstration gegen Rassismus allgemein gelobt und toleriert und die Demonstration vom 1. August allgemein verflucht wurde.
Das wichtigste Gut einer Regierung ist ihre Glaubwürdigkeit. In einer Diktatur kommt man ohne sie aus, so lange die Argumente aus den Gewehrmündungen kommen. In einer Demokratie zählt sie zu den Grundbedingungen des inneren Friedens.
Regierungen und Medien, die die Ausbreitungsgefahr der Seuche von der Gesinnung der potenziellen Verbreiter abhängig machen, beschädigen ihre Glaubwürdigkeit; uns einreden zu wollen, im Kampf für das Gute sei die Verbreitung des Virus akzeptabel, ist von der gleichen intellektuellen Qualität wie die Trumpsche Empfehlung, man solle sich Desinfektionsmittel spritzen.
Mit dem Wertungsunterschied im Fall der beiden Demonstrationen hat der Glaubwürdigkeitsverfall nicht begonnen, er erfuhr nur seine Fortsetzung. Los ging es mit Einführung der Maskenpflicht, nachdem es lange hieß, Masken nützten nichts – so lange es keine zu kaufen gab. In der DDR streute die Partei: Bananen seien gar nicht so gesund.
Von Monat zu Monat lernt man mehr von der DDR. Die dreiste Kleinrechnung der Teilnehmerzahlen der Demo vom 1. August durch die Berliner Polizei entspricht in etwa dem Geschwätz von der „Zusammenrottung einiger weniger Rowdys“, mit der die DDR-Medien anfangs die Demonstrationen im Herbst 1989 kleinrechneten. Der gefährlichere Versuch, die Straßen leerzukriegen, war damals die Unterstellung, die Demonstranten handelten im Auftrag von CIA und BND.
Der heutige Versuch, die Straßen leerzubekommen, besteht in der Warnung: Pass auf, mit wem du demonstrierst. Das ist die Drohung, als Nazi diffamiert und damit gesellschaftlich ruiniert zu werden, sobald man bei einer Demonstration angetroffen wird, in der eine Person, die man weder gekannt noch überhaupt im Gewühl gesehen haben muss, ein „bei Rechten beliebtes“ Kleidungsstück trägt.
Bei Nazis war es Sippenhaft, im Deutschland von heute ist es Kollektivhaft. Letztere lässt sich leicht organisieren. In Chemnitz wurde das schon mal geübt. Blöderweise missglückte diese Übung, weil der Hitlergrußzeigende dort vergaß, seine Tätowierung zu verstecken. Sie zeigte ein bei den Linken beliebtes Symbol.
Im Herbst 1989 riefen wir: Wir sind das Volk! – und ahnten nicht, welches Glück wir hatten. Nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn es den Sprachreglern von damals gelungen wäre, uns entgegenzuschleudern: Ihr habt nicht das Recht, Euch so zu bezeichnen, niemand vertritt das ganze Volk!
Die nächste Eskalationsstufe wären Kugeln gewesen.
Zurück zu Corona: Ich möchte durch diesen Beitrag erreichen, dass unsere Medien und Administrationen erkennen, dass mit erodierender Glaubwürdigkeit der Kampf gegen Corona und jede kommende und möglicherweise schlimmere Seuche nicht zu gewinnen ist. Je mehr Corona herangezogen wird, um Feindbilder wie Trump, Bolsonaro oder Kurz zu pflegen, je mehr Corona-Regelverstöße mit zweierlei Maß gemessen werden – gegenüber links einerseits und gegenüber rechts andererseits – umso mehr wird die Überzeugung wachsen, dass der Kampf gegen Corona weniger ein Ziel der Politik als ein Instrument der Politik ist.
Wer dies zulässt, fördert die Seuche.
Über den Autor: Arnold Vaatz ist CDU-Politiker aus Sachsen. Er war 1989 Mitbegründer des Neuen Forums in Dresden. Heute ist er einer der Vize-Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers oder des Interviewpartners dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.
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