Arnold Vaatz zum Fall Patzelt: Die Geschichte einer Säuberung

CDU-Bundestagsabgeordneter Arnold Vaatz verurteilt die TU Dresden, nachdem sie Politologe Prof. Werner Patzelt eine Seniorprofessur verweigert hat. Dieser sei damit einer "politischen Säuberung" zum Opfer gefallen.
Titelbild
Werner J. Patzelt.Foto: Facebook
Von 24. Januar 2019

Dresden ist gar nicht so böse! Im Gegenteil: Die Guten sind auf dem Vormarsch. Die Technische Universität etabliert sich immer mehr als Bollwerk des gesellschaftlichen Fortschritts, wie schon bis 1989. Wie damals stellt sie inzwischen ihre Räume für Parteiveranstaltungen der positiven Kräfte unseres Landes, hier der Grünen, für deren Veranstaltungen und Eigenwerbung bereit. Eine erste vielversprechende politische Säuberung, eine Pioniertat der Technischen Universität Dresden für unsere Gesellschaft ist ebenfalls auf bestem Weg.

Ihr Opfer ist Professor Werner Patzelt. Er hatte mit inakzeptabler analytischer Genauigkeit Gründe für den Erfolg von Pegida und die AfD herausgearbeitet. Seine Einschätzung, „eine ganze Menge ganz normaler Leute“ liefen bei Pegida mit, widersprach der herrschenden Medienmeinung, die demnach aus aussagelogischen Gründen lauten musste: Die Pegida-Demonstranten seien nahezu sämtlich geistesgestört. Patzelt nützte es nichts, dass er stets bestritt, irgendwie mit dieser Bewegung zu sympathisieren: Er galt nun als Pegida-Versteher, und damit waren die Zerstörung seines Rufes und seine Entfernung aus der selbsternannten wissenschaftlichen Relevanzzone eine Frage der Zeit.

Patzelt begann vor über 25 Jahren als Gründungsprofessor des Instituts für Politikwissenschaft seine Tätigkeit an der Technischen Universität Dresden. Er wurde Studiendekan der Philosophischen Fakultät und mehrfach geschäftsführender Direktor des Instituts für Politikwissenschaft. Im März dieses Jahres wird er emeritiert. Für die Zeit danach beantragte er eine Seniorprofessur. Lange schien dem nichts im Wege zu stehen.

Aber am 21. Januar berichtete der Mitteldeutsche Rundfunk überraschend, dass man nicht die Absicht habe, Patzelt durch eine solche Senior-Professur zu ehren. Er, der gegenwärtig offiziell am Wahlprogramm der sächsischen CDU mitschreibt, habe mit Web-Seiten kooperiert, die ihrerseits die Kanzlerin angegriffen hätten. Er habe überhaupt durch seine politischen Aussagen den Ruf der TU beschädigt und außerdem – aus der Sicht der Technischen Universität Dresden unbegründet – Kritik an deren Rektor Hans Müller-Steinhagen geübt. Letzterem lohnt es sich, nachzugehen.

Was von Patzelt kam, war des Teufels. Basta.

Was war geschehen? Früher als Pegida überhaupt entstand, längst bevor die übrige Politik aufwachte, am  4. September 2014, führten Patzelt und der Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Dresden, Dr. Joachim Klose – in Sorge um die sich anbahnende politische Polarisierung in Dresden – ein Gespräch mit Martin Gillo, dem damaligen sächsischen Ausländerbeauftragten. Sie schlugen ihm vor, ein Institut für Integration und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu gründen. Das Institut sollte eine systematische Analyse der Herausforderungen und Bewältigungschancen von gesellschaftlichen Integrationsaufgaben liefern und mittels dieser Infrastruktur Drittmittel einwerben. Im Oktober begann sich Pegida zu formieren. Die Zeit drängte. So sprachen die drei Herren am 5. November 2014 beim Rektor der Technischen Universität Dresden, Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen, in dieser Sache vor. Sie skizzierten ihm ein erstes Konzept, ein stetiger Austausch folgte. Anfang 2015 wurde dem Rektor schließlich ein detaillierter Aufbauplan für das konzipierte Institut vorgelegt.

Dieser Plan wurde zu Fall gebracht. Ob er ein geeigneter Weg war, die Polarisierung in Dresden zu deeskalieren, war den agierenden Personen von der Technischen Universität Dresden und SPD offenbar egal. Was von Patzelt kam, war des Teufels und basta. Die Demontage des Patzelt-Klose-Projekts ist prototypisch für das gesamte Arsenal von Intriganz, rufmörderischem Eifer und Ideenklau, das Jedem droht, der das Toleranzgerede in dieser Gesellschaft ernst nimmt und dessen politische Position von einschlägiger Seite als nicht ausreichend weit links beurteilt wird. Sie  geschah in drei Schritten.

Erster Schritt

Nachdem die sächsische Staatskanzlei in informellen Gesprächen mehr als 100.000 Euro für das zu gründende Institut für Integration gesellschaftlichen Zusammenhalt in Aussicht gestellt hatte, fand die aus der SED kommende und für die SPD im Kabinett sitzende sächsische Wissenschaftsministerin wohl, dass sie auch ein Wort mitzureden habe; entsprechend entstand flugs im Juni 2015 ein Gegenkonzept und eine Vorlage für den sächsischen Kabinettstisch, der zufolge ein eben von der Technischen Universität Dresden, vertreten durch den Rektor, gegründetes Institut für Integrationsstudien finanziert werden solle. Offenbar im Glauben, dies sei die beabsichtigte Klose-Patzelt-Gillo Initiative, stimmte auch der CDU-Teil des Kabinetts zu. Die Gelder des Freistaates flossen nun, ergänzt durch 300.000 Euro aus dem Säckel der Technischen Universität Dresden – allerdings zur Bewirtschaftung nun an andere, der Ministerin und dem Rektor genehmere Personen. Es wäre beiläufig interessant, welcher Mehrwert daraus bisher entstanden ist.

Klose und Patzelt steckten nicht auf. Nach der Ausbootung von Patzelt durch seinen Rektor suchten sie einen von der Technischen Universität unabhängigen Weg und gründeten im März 2016 einen eingetragenen Verein für gesellschaftlichen Zusammenhalt und Integration, diesmal zusammen mit weiteren namhaften Wissenschaftlern (darunter Prof. Dr. Alfred Grosser, Prof. Dr. Hermann Lübbe, Prof. Dr. Ulrike Ackermann, Prof. Dr. Barbara Zehnpfennig) und suchten institutionelle Partnerschaften.

Ende 2016 gelang es Michael Kretschmer, damals stellvertretender Vorsitzender der CDU/CDU-Bundestagsfraktion, den Haushaltsausschuss dafür zu gewinnen, eine Summe von 37 Millionen Euro für ein – an einer sächsischen Universität zu errichtendes – Institut für gesellschaftlichen Zusammenhalt entsprechend dem ursprünglichen Konzept von Klose und Patzelt in den Nachtragshaushalt zum Bundeshaushalt 2017 einzustellen.

Patzelt und Klose arbeiteten weiter an dem von ihnen verfolgten Konzept und zeigten sich auch weiter offen für Zusammenarbeit mit der Technischen Universität. Im Januar 2017 lag ein vollständiger, ca. 130 Seiten langer Institutsentwurf für ein Zentrum für Gesellschaftlichen Zusammenhalt und Integration vor. An diesem Antrag haben 10 Universitäten und Hochschulen mitgearbeitet. Er hatte einen Praxis- und Theorieteil. Der spätere Ausschreibungstext des BMBF orientierte sich an diesem Antrag.

Zweiter Schritt

Jetzt befürchtete die sächsische SPD-Bundestagsabgeordnete Raatz, dass die Gelder an die Falschen gelangen könnten und trat eine Empörungskampagne los: Es wurde nun aus allen Rohren gegen das Projekt gehetzt. Die diffamierenden Zeitungsmeldungen überschlugen sich: Es drohe ein „konservativer Thinktank“, ein „Pegida-Institut“, ein „Phantom-Institut ohne jegliches wissenschaftliche Konzept“ zu entstehen, getragen von einem „obskuren rechtskonservativen Verein“. Besonders der Journalist und Verschwörungstheoretiker Michael Bartsch steigerte sich in einem nahezu rufmörderischen Eifer zu immer abstruseren Ausfällen gegen Patzelts und Kloses Projekt.

Nun lagen aber die 37 Millionen des Bundes auf dem Tisch und die Technische Universität Dresden wollte auch etwas davon abhaben. Wieder wurde die Methode aus der Schublade geholt, die schon im ersten Schritt der Vereitelung des Institutes für Integration und gesellschaftlichen Zusammenhalt so gut funktioniert hatte: Etwa drei Jahre nachdem Klose und Patzelt dem Rektor der Technischen Universität Dresden einen detaillierten Struktur- und Aufbauplan für ein Institut für Integration und gesellschaftlichen Zusammenhalt zugestellt hatten, entschloss sich Ende 2017 / Anfang 2018 die Technische Universität Dresden, an der die 37 Millionen betreffenden  Ausschreibung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung teilzunehmen. Es sollte als An-Institut der Technischen Universität Dresden geschaffen werden.

Die Federführung bei der Ausarbeitung eines entsprechenden Förderantrags erhielt aber nicht der an der Technischen Universität lehrende Initiator, Autor und Ideengeber des ursprünglichen Gesamtkonzepts, welches überhaupt Anlass zur Einstellung jener 37 Millionen gewesen war, Professor Dr. Patzelt, sondern statt seiner dessen wohl etwas stromlinienförmigerer Kollege Professor Dr. Vorländer. Anhand des Wortlautes der schließlich eingereichten Bewerbung wäre es übrigens am Rande interessant zu wissen, inwieweit das geistige Eigentum der Initiatoren Patzelt und Klose hier eingeflossen ist.

Da zu den Ausschreibungsbedingungen einer Bewerbung um Anteile aus dem 37-Millionen-Programm zwingend die Unterstützung durch eine Hochschule und das zuständige Landesministerium gehörte, bewarben sich die erneut ausgebooteten Patzelt und Klose nun gemeinsam mit der Fachhochschule Meißen, die nicht der Wissenschaftsministerin, sondern dem Innenministerium untersteht.

Im Endeffekt blieben sowohl die Bewerbung der Technischen Universität Dresden wie die Bewerbung der Fachhochschule Meißen unberücksichtigt. Stattdessen erhielt neben anderen Institutionen die Universität Leipzig einen Zuschlag und ebenso das in Jena angesiedelte „Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft“ der Amadeu-Antonio-Stiftung – diese geleitet von Frau Anetta Kahane, welche gelegentlich auch Menschen nach deren Hautfarbe beurteilt.

Das Projekt von Patzelt und Klose war damit tot. Es war gut, wurde kopiert, hatte aber die falschen Väter. Es starb, weil wissenschaftliche Projekte zu gesellschaftspolitischen Themen in diesem Land nur dann eine Chance auf staatliche Förderung haben, wenn sie von ausgewiesenen Linken oder Grünen initiiert sind.

Dritter Schritt

Nötig für den Triumph des Opportunisten Müller-Steinhagen war noch die persönliche Demütigung seines ungeliebten Professors. Der dritte und finale Schritt ist also die Zerstörung des wissenschaftlichen Rufes von Professor Dr. Werner Patzelt, indem ihm eine Senior-Professur demonstrativ verwehrt wird – als Quittung für seine Offenheit und die Klarheit seiner Analysen. Zum Vollzug schickt Herr Professor Dr. Müller-Steinhagen den Prorektor Prof. Dr. Lutz Hagen auf die Bühne, weil Magnifizenz selber vermutlich zu feige sind.

Am Ende dürfte es aber ein fachlicher Fehler des sonst brillanten Patzelt gewesen sein, der sich systematisch durch das gesamte Geschehen zieht: Als Politologe hätte er wissen müssen, dass in diesem Staat die Wahrheit nicht unbedingt politisch korrekt ist. Aber vielleicht wollte er gerade dies demonstrieren.

Werner Patzelts Statement zum Ende seiner Zeit an der TU Dresden: 

Über den Autor:  Arnold Vaatz ist CDU-Politiker aus Sachsen. Er war 1989 Mitbegründer des Neuen Forums in Dresden. Heute ist er einer der Vize-Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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