Schwedens Corona-Lage: „Nein, es liegt nicht am Elch!“

Schweden ist definitiv das Himmelreich auf Erden, wenn man sich die C-Maßnahmen in Österreich und Deutschland anschaut. Nachrichten aus dem verschneiten Norden vom Berliner „Corona-Schweden“.
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Seitdem ein positiver PCR-Test in Schweden nicht mehr automatisch als Krankheitsfall gilt, liegt die Anzahl der Neuerkrankungen auf einem konstant niedrigen Niveau.Foto: iStock
Von 30. November 2021
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Gerne würde ich über Langeweile in Schweden berichten, zumindest was das „böse C-Wort“ angeht. Und es sieht ja gar nicht so schlecht aus. Auf den ersten Blick sogar exzellent. Verglichen mit dem, was gerade in Österreich passiert und bald in Deutschland zu erwarten ist, ist Schweden definitiv das Himmelreich auf Erden, der Gegenentwurf, für den es jahrzehntelang aus deutscher Perspektive zu Unrecht gehalten wurde.

Tja, wenn da nicht der zweite Blick wäre.

Aber der Reihe nach. Schwedens Fahrplan zur Abwicklung der C-Pandemie-Maßnahmen läuft wie angedacht. Die noch vorhandenen Einschränkungen sind marginal und der Sinn des Gesetzes, welches – Stand jetzt – im Januar auslaufen soll, ist es eher, im Falle steigender Inzidenzen Maßnahmen per Verordnung ergreifen zu können. Dafür besteht jedoch zurzeit kein Anlass zur Befürchtung.

Seitdem ein positiver PCR-Test nicht mehr automatisch als Krankheitsfall gilt, liegt die Anzahl der Neuerkrankungen auf einem konstant niedrigen Niveau. Seit Mitte August liegt der rollende 7-Tagesschnitt (die Daten werden nur dienstags bis freitags aktualisiert, müssen also umgerechnet werden) zwischen 560 und gut 1.100 Fällen. Nach deutscher Logik entspricht das bei etwa 10,4 Millionen Einwohnern einer auf 100.000-Einwohner bezogenen „7-Tages-Inzidenz“ im Bereich von etwa 38 bis 77.

Ähnliches gilt für die Intensivfälle. In den letzten hundert Tagen gab es davon insgesamt 319. Mit 413 Fällen liegt die Anzahl der mit oder an COVID Gestorbenen im gleichen Zeitraum etwas höher. Das sind also etwa vier Tote am Tag. In Schweden sterben im Tagesdurchschnitt insgesamt etwa 250 Menschen.

Ob das nun an der Impfung liegt oder einfach nur an der anderen Methodik der Zahlenerhebung, soll hier dahingestellt bleiben. Eine neue Untersuchung der Universität Umeå legt nahe, dass die sterile Immunität nach der Impfung nur von sehr begrenzter Dauer ist. Dies wiederum ist natürlich kein Thema, weder in den Medien noch im Alltagsgespräch. „Schuld“ ist auf jeden Fall nicht die relativ niedrige Bevölkerungsdichte des gesamten Landes. 72,9 Prozent der Einwohner leben in Gebieten mit mehr als 1.000 Einwohnern/km² (was in etwa für eine deutsche Großstadt zu erwarten wäre). In Deutschland sind es nur 38,0 Prozent. Bei 3.000 Einwohnern/km² steht es sogar 23,5:8,1 für Schweden. Nein, es liegt nicht am Elch!

Wie auch immer, es ist absolut erfreulich, dass die Zahlen einigermaßen konstant sind und nicht der Grippe gemäß ab Ende Oktober steil nach oben gehen (wie im Vorjahr). Bleibt abzuwarten, wie sich die Lage im Januar entwickelt. Im Gegensatz zu den Influenza-Viren haben die Corona-Viren in unseren Breiten bekanntlich von Januar bis Mai „Hauptsaison“. Schau’n ma mal.

Diese Entwicklung könnte also dazu führen, dass die Epidemie Anfang 2022 auch formal-juristisch beendet werden könnte. Medial ist die Entwicklung tatsächlich angekommen. Inzwischen beherrschen andere Themen wie die Entwicklung an der polnisch-weißrussischen Grenze und das Neueste vom aktuellen Bachelorette-TV-Ereignis die Berichterstattung.

Das große Aber: Für 1G und Impfpass

Seit September des Jahres gab es einen Gesetzentwurf zur Anwendung des Impfpasses im Lande. (Bisher gab es das nur für Auslandsreisen; für die Einreise nach Schweden gilt weiterhin die 3G-Regel, also getestet, genesen, geimpft.) Gesprochen wird vom „Impfbeweis“ (vaccinationsbevis).

Ich habe die Diskussion in den verschiedenen Lagern und auch die Einlassungen der in der Sache relevanten Behörden und Organisationen aufmerksam verfolgt, und ehrlich gesagt, dass so wie am 18. November geschehen 1G-Maßnahmen (Nachweis der Impfung durch den elektronischen Impfpass) zum 1. Dezember beschlossen wurde, kam für mich mehr als überraschend.

Es ist durch die momentane Infektionslage nicht motiviert. Die 7-Tages-Inzidenz lag in den letzten 100 Tagen bei durchschnittlich knapp 54 ohne Tendenz nach oben und die Anzahl der Intensivpatienten ist mit täglich durchschnittlich gut 3 (drei!) neuen Fällen im gleichen Zeitraum (und ähnlich stabiler Entwicklung) für ein Land mit mehr als zehn Millionen Einwohnern sehr überschaubar.

Sicherlich ist es bloß 1G-light, gewissermaßen nur ein bisschen schwanger. Einleitend wird die Beschränkung auf den Impfstatus unter Ignorierung des Genesenenstatus oder eventueller negativer Tests gar nicht thematisiert. Es wird eher wie eine „kundenfreundliche“ Vereinfachung kommuniziert.

Der Impfnachweis wird eigentlich nur bei kulturellen, sportlichen und religiösen Veranstaltungen (Gottesdiensten) mit mehr als 100 Teilnehmern benötigt (sofern die Veranstalter nicht besondere Konzepte vorlegen, die gewisse Abstände garantieren).

Nicht in der Gastronomie, nicht bei Privatfeiern, nicht im Bildungsbereich und natürlich auch nicht im Einzelhandel oder auf der Arbeit. Jedoch auch auf Märkten und Demonstrationen. Womit die eh schon spärlichen Demonstrationen gegen C-Maßnahmen endgültig verunmöglicht werden. Bei erhöhter Inzidenz kann der Anwendungsbereich ausgeweitet werden.

Korrekte Erfassung der Erkrankten

Dass Schweden überhaupt so eine niedrige Inzidenz hat, liegt nicht nur daran, dass sehr wenig getestet wird, eigentlich nur bei bestimmten Berufsgruppen in der Alten- und Krankenpflege sowie bei Auslandsreisenden.

Ein Grund für den Rückgang der in Schweden als Erkrankungen („sjukdomsfall“) bezeichneten Inzidenzen ist die nunmehr korrekte Erfassung der wirklich Erkrankten. Wurden bis Anfang des Jahres alle positiv PCR-Getesteten als „erkrankt“ bezeichnet, auch wenn sie symptomlos waren (symptomlose Kranke hießen davor Hypochonder), werden nun nur noch COVID-symptomatische und zweifach positiv Getestete als erkrankt bezeichnet.

Diese neue, den ebenfalls neuen WHO-Regelungen entsprechende Richtlinie, wurde von Karin Tegmark Wigsell verfasst, die nun Chefin der in diesen Fragen wegleitenden Behörde für Volksgesundheit wird. Das macht Mut.

Weniger Mut macht die ohnehin schon von Angst geprägte Stimmung und ein möglicher Regierungswechsel im nächsten Jahr, da die rechts-bürgerliche Opposition auf jeden Fall härtere Maßnahmen haben will – unabhängig von der Entwicklung des Infektions- und Erkrankungsgeschehens!

Es wurde hier also eine Tür geöffnet, (vorerst) nur einen kleinen Spalt weit, aber nun ist sie offen und es bleibt abzuwarten, welchem Druck nachgebend sie sich wie weit öffnen wird. So bleibt nur die Hoffnung, dass die Kräfte, die auf evidenzbasierte Entscheidungen setzen, letztendlich die Hoheit behalten werden. Und die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt …

Beruflich könnte es eng werden

Die Stimmung im Lande ist immer noch von Angst geprägt. 1G-Regeln stoßen kaum auf Widerstand, weil die meisten Schweden der Impfung eh kritiklos gegenüberstehen. In Stockholm gab es kürzlich eine Demonstration („frihetsmarschen“) gegen den Impfpass. Etwa 1.000 Teilnehmer, 175 Klicks auf YouTube für das Video zur Demo. Schweden eben.

Wer sich nicht impfen lassen will, kommuniziert das besser nicht nach außen, um Druck im beruflichen, gesellschaftlichen, aber auch privaten Umfeld zu vermeiden. Beruflich könnte es für viele eng werden. Obwohl der Verband der Kommunen und Regionen (SRK) unabhängig vom Impfstatus der Pfleger und Mediziner die üblichen Schutzmaßnahmen empfiehlt, behalten sich viele Kommunen eine Impfpflicht für ihre Altenpfleger vor (trotz erheblichen Personalmangels). Ähnliche Diskussionen gibt es bei den Regionen hinsichtlich des medizinischen Personals.

Es wird also erst mal nicht „langweilig“. Leider. Aber vieles ist schon auf dem richtigen Weg, wenn es auch nur ein sehr brüchiges Eis ist, das Schweden vom „kontinentalen Wahnsinn“ trennt. Hoffentlich hält es…

 

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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