Lisa Fitz: „Ausdauer in den Gedanken ist der Grundstein ihrer Realisierung“

Natürlich ist es ungebührlich, eine Dame nach ihrem Alter zu fragen. Doch ist eben die Lebenserfahrung der Altvorderen das, was unsere Gesellschaft dringender denn je nötig hat. Warum also nicht voller Stolz mehr als sieben gerundete Lebensjahrzehnte in den Mittelpunkt stellen?
Zumal bei einer so erfahrenen Bühnenfrau wie Lisa Fitz. Denn die Bühne ist reales Leben im Brennglas, das Konzentrat dessen, was uns als Erdenwürmer täglich beschäftigt. Mit mehr als 4.000 Sologastspielen und 200 selbst geschriebenen Songs weiß „die Fitz“, wovon sie spricht, wenn sie über ihre Auftritte und damit über ihr Leben spricht.
„… zwischen der Frohnatur im Dirndl, die sie einst als Moderatorin der ,Bayrischen Hitparade‘ knapp zwei Jahre verkörperte, und der kritischen, provokanten Künstlerin von heute liegen zahlreiche Stationen“, ist auf der Website von Lisa Fitz zu lesen.
Seit ihrem zehnten Lebensjahr steht sie auf der Bühne und seit 1983 tritt sie in eigenen Shows als Kabarettistin auf. Damit ist sie die erste Frau Deutschlands, die ein Soloprogramm mit eigenen Texten präsentierte. Ausgezeichnet wurde sie unter anderem mit dem Deutschen Kleinkunstpreis, dem Sigi-Sommer-Taler und der Ludwig-Thoma-Medaille.
Wir freuen uns, Lisa Fitz ganz persönliche Fragen stellen zu können, die gerade deshalb umso mehr menschlich Allgemeingültiges beinhalten.
Woraus schöpfen Sie Ihre Kraft, immer noch auf Tournee zu gehen?
Gute Frage. Das „Immer noch“ greift bei Künstlern und Künstlerinnen natürlich nicht so wirklich. Wir schöpfen unsere Energie aus Live-Auftritten. Die Bühne fordert viel Energie, aber das Publikum gibt sie zurück. Es ist wie beim Sport, er kostet Kraft, aber er kräftigt auf Dauer.
Aufhören würde ich nur aus gesundheitlichen Gründen oder wenn das Publikum ausbleibt oder wenn ich merke, es gefällt den Zuschauern nicht mehr, was ich mache. Das ist aber Gott sei Dank nicht der Fall. Die Häuser sind voll und die Leute amüsieren und fühlen sich bestärkt von mir, das ist doch schön. Und ich bin sehr dankbar dafür.
Was gab Ihnen die Motivation für Ihren Beruf?
Ich soll mit fünf Jahren auf die Frage nach meinem Berufswunsch zu meiner Mutter gesagt haben: „Ich möchte Kasperl werden.“ Sie hat das ernst genommen und gesagt: „Gut, Lisi, aber auch ein Kasperl braucht eine Berufsausbildung, wenn er ein guter Kasperl sein will.“ Dazu muss ich sagen, dass ich aus der bayrischen Künstler-Dynastie Fitz komme. Ich mache das in der dritten Generation und mein Sohn in der vierten.
Was würden Sie heute jungen Erwachsenen raten, auf was es im Leben ankommt?
Ich würde sagen: „Passt auf, dass Ihr nicht zu viel Zeit vertrödelt mit Partys, ausschweifendem Lebenswandel oder toxischen Beziehungen.“ Allerdings sind das ja auch Lektionen, aus denen man lernt und die den Charakter formen. Sonst hat man in späten Jahren vielleicht das Gefühl, zu viel versäumt zu haben.
Und es lohnt sich, in die eigene Seele zu schauen und sich zu fragen, was man im Leben machen möchte, wofür man „brennt“. Und das dann – auch gegen Widerstände – zu kultivieren, die Vision zum Ziel werden zu lassen und das Ziel in die Tat umzusetzen, auch wenn es Jahre dauert. Das bringt letzten Endes eine große Befriedigung.
Was ist Ihre schönste Kindheitserinnerung?
Auf Bäume klettern, im Garten spielen … damit ist tatsächlich fast alles gesagt. Natur ist so wichtig für Kinder. Und auch daraus schöpfe ich auch heute noch meine Kraft.
Wie lautet ihr persönliches Motto?
„Ausdauer in den Gedanken ist der Grundstein ihrer Realisierung.“ Oder auch: „Es ist schwerer, Menschen hinters Licht zu führen, wenn es ihnen einmal aufgegangen ist.“ Der beste Satz kommt von Emma Goldman: „Das gewalttätigste Element der Gesellschaft ist die Unwissenheit.“ Es lohnt sich, über diesen Satz und seine Tiefe nachzudenken.
Welche Traditionen aus Ihrer Familie würden Sie gerne an künftige Generationen weitergeben und warum?
Meine Eltern haben mich gefördert, besonders meine Mutter. Sie hat meinen Vater (Musiker) angetrieben, mir und meiner Freundin Gitarre- und Musikunterricht zu geben. Sie hat mit mir zig Schauspielschulen abgeklappert und mich wählen lassen, auf welche ich gehen möchte.
Sie hat mit mir Goethe- und Schiller-Gedichte gelesen und sie mich vortragen lassen und gesagt: „Hör auf zu leiern!“ Heißt, die Reime nicht gleichförmig vorzutragen. Das klingt nach strenger Künstlermutter, aber das war sie nicht, sie hat uns alle motiviert und sie ist zum Großteil verantwortlich für den Erfolg, den ich später hatte – und habe.
Was ich bin, verdanke ich zum größten Teil ihrem unermüdlichen Einsatz. Und dem Vorbild meiner Eltern und Großeltern.
Was sagt Ihnen der Ausspruch aus King Lear von William Shakespeare „Wir Neugeborenen weinen, zu betreten die große Narrenbühne“?
Oh, darüber könnte man sehr lange reden. Meine Mutter hat mich bereits mit sieben Jahren zum Yogaunterricht mitgenommen und damit wurde mir auch der Buddhismus nahegebracht. Später habe ich großes Interesse an allen Weltreligionen entwickelt, dadurch wurde ich quasi zum Freigeist und kann das menschliche Narrentreiben mit viel innerlicher Distanz betrachten.
Ob wir die Chance haben, immer wieder geboren zu werden und weiterzulernen, weiß ich nicht, aber schön wär’s. Ich kann mir aber auch vorstellen, als Lichtbündel durch den Kosmos zu flitzen. Die Physiker sagen, wir sind nur ein Regelkreis von Funktionskreisen oder so ähnlich, das heißt, wenn der durchbrochen wird, ist es aus. Aber auch das soll mir recht sein, dann hat man vor dem Wahnsinn auf der Welt dann auch mal Ruhe.
Wie würden Sie Schönheit definieren?
Ganz konservativ, zuerst mal als äußerliche Schönheit. Ein hübscher, gut gekleideter Mensch, der sich Mühe gibt, sein Äußeres adrett zu gestalten, stößt immer auf mehr Offenheit und Gegenliebe als ein ungepflegter. Der beliebte Satz „Schönheit kommt von innen“ stimmt wohl auch.
Eine sehr alte Frau mit hundert Falten und viel Lebenserfahrung, die spannende Geschichten zu erzählen weiß, kann sehr faszinierend sein. Aber natürlich gilt für uns Frauen immer, dass man lieber schön aussieht als verhutzelt. Für die Männer wohl auch.
Worüber lachen Sie am liebsten?
Es kommt auf meine Tageslaune an. Ich kann über die blödesten Sachen lachen, auch über Comedians. Die Amerikaner können das gut, die Deutschen weniger. Comedy sollte immer auch Qualität haben.
Was machen Sie, wenn einmal etwas nicht so läuft wie geplant oder gewünscht?
Ich habe mit fortschreitendem Lebensalter eine gewisse Art von Stoizismus entwickelt. Dieser, gepaart mit bayrischer Bodenständigkeit, ist sehr wohltuend für die Seele.
Man regt sich nicht mehr sofort über alles auf, sondern sagt: „Moment mal, eins nach dem anderen. Wir analysieren das Problem, fragen uns dann, wie ist die Situation, kann ich das Problem lösen? Wenn ja, wie? Oder nicht? Oder erst später?“ Und dann wird Step by Step weiter gemacht. Man kann mit emotionaler Stabilität auch leichter Prioritäten setzen.
Worauf schauen Sie voller Stolz in Ihrem Leben zurück?
Mir gefällt mein Leben in der Rückschau gut, denn ich habe mich ständig weiterentwickelt, zum Großteil auf eigenen Wunsch und Antrieb, aber auch mithilfe anderer Menschen.
Am stolzesten macht mich, dass ich miese Gewohnheiten, wie Rauchen oder Trinken, ablegen konnte, Künstler on Tour halt. Dass ich ungesunde Habits in eine adäquate Lebensweise umwandeln, mir einen Gegenpol zum unsteten Tourleben schaffen konnte mit bewusster Ernährung, Yoga und Sport, macht mich froh und heiter. Das in einen engen Terminplan zu integrieren, ist nicht einfach, aber dranbleiben lohnt sich.
Was möchten Sie in Zukunft noch lernen?
Ich würde gerne mehr meditieren, die Meditation Teil meines Lebens werden lassen. Ich weiß, dass sie sehr guttut und nehme mir aber weder die Zeit dazu, noch finde ich die innere Ruhe. Aber irgendwas muss man sich ja auch als Ziel noch aufheben, insofern alles gut. Meditation kann ich ja mit 80 oder 90 Jahren auch noch machen.
Das Interview führte Silke Ohlert.

Lisa Fitz mit ihrem Programm „Weltmeisterinnen – gewonnen wird im Kopf“. Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Lisa Fitz

Spielfreude ist alles. Lisa Fitz in einer Rolle des Programms „Weltmeisterinnen – gewonnen wird im Kopf“. Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Lisa Fitz

Lisa Fitz mit 19 Jahren. Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Lisa Fitz

Kindheit in Bayern: Lisa mit Freundin Ilse. Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Lisa Fitz
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