Agrarpolitik und Green Deal: Brüssel unter Druck der Bauernproteste
Kürzungen beim Agrardiesel, Konkurrenz durch Getreideimporte aus der Ukraine und strengere Umweltauflagen: Nicht nur in Deutschland gehen Landwirte gegen die Agrarpolitik der Regierung auf die Straße.
In Brüssel wächst der Druck, denn ein Großteil der Vorschriften kommt von der Europäischen Union. Lösungen soll ein „strategischer Dialog“ mit Vertretern aus Landwirtschaft und Umweltverbänden liefern, den die EU-Kommission am Dienstag den Agrarministern vorstellt.
Mehrere Verhandlungsrunden sollen die „Kluft“ im Streit um europäische Umweltauflagen für die Landwirtschaft überbrücken. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte ein solches Format im September angekündigt und „weniger Polarisierung“ in der Debatte gefordert. „Landwirtschaft und Umweltschutz können zusammengehen“, betonte von der Leyen.
Europäischer Bauernverband bemängelt vage Informationen
Auf der Agenda stehen zudem die Einnahmen von Bauern im Handel, neue Technologien und die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Betriebe. Neben Bauern- und Umweltverbänden sollen deshalb auch Vertreter aus dem Lebensmittelhandel und der Wissenschaft am Tisch sitzen.
Das Format startet am Donnerstag unter der Leitung von Peter Strohschneider, der in Deutschland der Zukunftskommission Landwirtschaft vorsaß. Es gehe um „eine gemeinsame Vision für die Zukunft der Landwirtschaft“, erklärte Kommissionssprecher Olof Gill.
Der europäische Bauernverband Copa-Cogeca begrüßte die Initiative, beklagte jedoch mangelnde Informationen seitens der EU-Kommission. Der Umfang der geplanten Debatten sei bislang vage, teilte die Organisation mit.
In mehreren Ländern Europas haben Bauernverbände zuletzt verstärkt gegen strengere Auflagen aus Brüssel protestiert. Bei den Landwirten herrsche „großes Unverständnis“ über den „Schwall an Regulierungen“, erklärte Copa-Cogeca. Die EU ignoriere „den geopolitischen, klimatischen und wirtschaftlichen Kontext“, der an den Einnahmen der Landwirte zehre.
Besonders umstritten sind mehrere Vorhaben aus dem EU-Klimaschutzpaket Green Deal, darunter ein geplantes Renaturierungsgesetz und ein Gesetz, das den Einsatz von Pestiziden in der EU drastisch reduzieren soll. Die Vorschläge der Kommission hatte das Europaparlament mit den Stimmen von Konservativen und Rechten jedoch abgeschwächt.
„Ziele der EU zu hoch“
Vor dem Hintergrund steigender Energiekosten und sinkender Preise durch Getreideimporte aus der Ukraine seien die Ziele der EU zu hoch gesteckt, sagt Copa-Cogeca-Präsidentin Christine Lambert der Nachrichtenagentur AFP.
Neben den geplanten Kürzungen bei den Subventionen für Agrardiesel sei das auch ein Grund für die Proteste der Bauern in Deutschland. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) sei bei den Umweltauflagen „zu weit gegangen“, erklärte Lambert.
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, hat für die kommenden Wochen bereits neue Demonstrationen angekündigt. Auch in Frankreich, Rumänien, Spanien und Italien gehen Landwirtinnen und Landwirte auf die Straße. Vor allem in osteuropäischen Staaten fordern Bauernverbände zudem Beschränkungen für Lebensmittelimporte aus der Ukraine.
Problemfall billige Einfuhren aus der Ukraine
Die EU hatte 2022 die Zölle für Einfuhren aus der Ukraine aufgehoben. Günstig importiertes Getreide drückt seitdem die Preise. Die Kommission dürfte in den kommenden Wochen eine Verlängerung der Maßnahmen ankündigen, gleichzeitig sind Ausgleichszahlungen für Landwirte geplant.
Mit Blick auf einen möglichen Beitritt der Ukraine dürfte es beim „strategischen Dialog“ in Brüssel auch um eine Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik gehen, den größten Haushaltsposten der EU.
Die Agrarsubventionen sind bislang hauptsächlich an die bewirtschaftete Fläche eines Betriebes geknüpft. Mit der Ukraine würde ein Land mit großen landwirtschaftlichen Flächen beitreten, die Mittel müssten anders verteilt werden.
Organisationen wie der Naturschutzbund Deutschland fordern Umweltauflagen für alle EU-Gelder. In Brüssel laufen zudem Verhandlungen über strengere Klimaziele für 2040. In der Folge könnten weitere Einschnitte auf die Bauern zukommen. (afp)
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