Moderne Schornsteinfeger fegen nicht mehr nur im Kamin
Die Leiter wird angelegt und dann ab aufs Dach, Flachdach in dem Fall. Schornsteinfegermeister Markus Banghard muss heute bei dem Bungalow in Maulbronn (Enzkreis) den Kamin fegen, lässt den an einer Leine befestigten Metallbesen, beschwert von einer gummierten Kugel, hineingleiten, bis der Besen hörbar und doch ziemlich geräuschlos im Keller ankommt. Nix zu beanstanden.
Banghard ist bevollmächtigter Schornsteinfegermeister, zuständig für den Kehrbezirk Enzkreis Nr. 2 – und das Schornsteinfegen allein ist längst nicht mehr der Kern seiner Arbeit. Der Beruf steht vor Umbrüchen, das novellierte Gebäudeenergiegesetz tut sein Übriges.
„So manche Arbeit, auch klassische Tätigkeiten, werden wegfallen und andere dazukommen“, sagt Banghard. „2045 soll Schluss sein mit den fossilen Energien – die jungen Kollegen müssen sich gut überlegen, wie sie sich künftig aufstellen.“
Schornsteinfeger oft ausgebildete Energieberater
Stichwort Wärmewende: Gerade in städtischen Gebieten mit großen Mietwohn-Einheiten sei damit zu rechnen, dass Schornsteinfeger dort bald nicht mehr so viel zu tun haben könnten. Denn wenn ganze Stadtviertel etwa an ein Fernwärmenetz angeschlossen werden, gibt es beispielsweise keine Etagenheizungen mehr, die zu überprüfen wären. „Da haben wir eigentlich nichts mehr zu tun“, sagt Banghard.
Ähnliches gelte, wenn künftig vor allem Wärmepumpen eingebaut werden müssen, die nur in großen Intervallen zu warten sind, in denen nichts verbrennt, die ohne Kamin auskommen – und damit eigentlich auch ohne Schornsteinfeger.
Viele Schornsteinfeger sind mit Blick auf diese Entwicklungen längst ausgebildete Energieberater. Laut dem Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks sind von rund 21.000 Beschäftigten mehr als 11.000 Energieberater (Stand August 2022). Manche machen nur noch das und nichts anderes mehr. „Als klimarelevantes Handwerk sind wir bei der Umsetzung der Energie- und Wärmewende eingebunden“, sagt Verbandssprecherin und Vorständin Julia Bothur.
Außerdem spezialisieren sich Kollegen Banghards Worten zufolge auch auf die Reinigung von Lüftungen, gewerblichen Dunstabzugshauben, möglicherweise auch auf die Reinigung von Feinstaubfiltern, sollte dies zur Pflicht werden. „Wir werden eher noch mehr Kollegen brauchen, die sich den kommenden Aufgaben stellen“, sagt Volker Jobst vom Landesinnungsverband des Schornsteinfegerhandwerks mit Sitz in Ulm.
Kein Fachkräftemangel im Beruf
Mehr Kollegen, klar – aber sehr große Sorgen um Nachwuchs oder gar wegen Mangels an Schornsteinfegern muss sich die Branche bisher nicht machen. In Baden-Württemberg etwa sind von 920 sogenannten Kehrbezirken – Gebiete, in denen hoheitliche Aufgaben wie etwa die Feuerstättenschau zu erledigen sind – nur 13 nicht besetzt.
Auch bundesweit sei die Schornsteinfegerbranche vom Fachkräftemangel bisher weitestgehend verschont, sagt Bothur. Bundesweit fangen jährlich rund 1.900 Ausbildung zum Schornsteinfeger an. „Wir verfügen im Schornsteinfegerhandwerk erfreulicherweise über Vollbeschäftigung“, sagte Bothur. Es gebe aber weiteren Bedarf – vor allem in den Zukunftsbereichen. (dpa/dl)
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