Ministerium sucht nach Strategien gegen Einsamkeit – auch junge Menschen betroffen

Das Bundesfamilienministerium plant ein Maßnahmenpapier gegen ungewollte Einsamkeit. Die Politik interessiert sich für das Thema, weil es die soziale Teilhabe gefährdet sieht.
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Auch Kinder und Jugendliche leiden als Folge der Pandemie unter Vereinsamung.Foto: iStock/diego_cervo
Von 29. Juni 2023

Die Politik in Deutschland will die Einsamkeit zu ihrem Thema machen. Dies hat Bundesfamilienministerin Elisabeth Paus (Grüne) einem Bericht des „RedaktionsNetzwerks Deutschland“ (RND) zufolge angekündigt. Es gebe bereits ein Strategiepapier, das ihr Haus an die anderen Ministerien weitergeleitet habe.

Einsamkeit habe, so die Ministerin, viele Gesichter und betreffe längst nicht mehr nur ältere Menschen. Auch Jüngere würden sie vermehrt wahrnehmen und perspektivisch ihre Vereinsamung befürchten. Bereits im Jahr 2017 hätten 14,2 Prozent der Menschen in Deutschland angegeben, sich zumindest manchmal einsam zu fühlen. Die Corona-Pandemie habe die Wahrnehmung von Einsamkeit noch einmal deutlich verstärkt.

Soziale Isolation hat gesundheitliche Folgewirkungen

Das Ministerium gibt zu bedenken, dass ungewollte Einsamkeit auch politisch zum Problem werden könne. Dies äußere sich beispielsweise in den möglichen negativen Auswirkungen auf die psychische und physische Gesundheit, die daraus resultieren könnten. Vor allem chronische oder über einen längeren Zeitraum andauernde Einsamkeit sei diesbezüglich ein Risikofaktor.

Paus will, so erklärt sie gegenüber dem RND, dabei „besonders verletzliche Gruppen in den Blick nehmen“ und „Menschen mit Einsamkeitserfahrungen konkret unterstützen“. Viele Betroffene seien schwer zu erreichen, weil soziale Isolation häufig ein Tabuthema sei. Die Strategie des Ministeriums solle dabei Möglichkeiten aufzeigen, dem entgegenzuwirken.

Potenziale sehe man diesbezüglich in aufsuchender Arbeit, der Schaffung von Vernetzungsplattformen, Angeboten vor Ort oder bundesweiten Aktionen.

„Kompetenznetzwerk Einsamkeit“ soll Akteure zusammenbringen

Bereits Mitte des Monats hatte das Bundesfamilienministerium eine Aktionswoche „Gemeinsam aus der Einsamkeit“ ausgerufen. Die Ministerin selbst hatte in diesem Kontext mit Passanten in einer Berliner Einkaufsstraße diskutiert. Dazu kamen in mehreren Städten des Landes Aktionen und Initiativen, die dazu beitragen sollten, „Orte der Gemeinsamkeit“ zu schaffen.

Im Februar 2022 hatte das Ministerium bereits das „Kompetenznetzwerk Einsamkeit“ vorgestellt, das die Bemühungen unterstützen solle. Dessen Aufgabe soll vor allem darin bestehen, auf bereits bestehende Projekte aufmerksam zu machen und Menschen zusammenzubringen, die sich gegen soziale Isolation einsetzen wollen.

Förderungen vonseiten des Ministeriums gibt es auch für Modellprojekte – unter anderem die Initiative „Miteinander Füreinander“ des Malteser-Hilfsdienstes. Dieses richtet sich vor allem an Senioren, denen man Hilfestellungen und Inspirationen für eigene Aktivitäten eröffnen möchte.

Immer mehr Singlehaushalte in Deutschland

Dem Statistischen Bundesamt zufolge hat sich die Zahl der Einpersonenhaushalte in Deutschland seit 1991 deutlich erhöht. Von etwa 11,38 Millionen ist sie demnach auf 17,07 Millionen im Jahr 2021 angestiegen. Erst 2022 ist die Zahl etwas zurückgegangen auf 16,7 Millionen.

Nicht alle Singlehaushalte sind von unfreiwilliger Einsamkeit gekennzeichnet. In vielen Fällen sind Ausbildung, berufliche Mobilität oder die Erstbegründung eines eigenen Hausstandes der Hintergrund.

Dennoch haben die steigende Anzahl an Scheidungen und die höhere Akzeptanz unverbindlicher Lebensgemeinschaften ein Potenzial für Einsamkeit im Alter geschaffen, das Frauen noch häufiger trifft als Männer.

Was kann Politik konkret gegen Einsamkeit unternehmen?

Die Handlungsoptionen der Politik beziehen sich vor allem auf Information, Aufklärung und die Schaffung sozialer Unterstützungssysteme. Regierungen können etwa altersgerechte Wohnungen, Pflegeeinrichtungen, Tagesbetreuungseinrichtungen für ältere Menschen und andere soziale Dienste fördern. Auf diese Weise können sie dazu beitragen, soziale Netzwerke zu stärken und die Isolation zu verringern.

Die Politik kann zudem Programme und Initiativen zur Förderung von sozialen Kontakten und sozialen Aktivitäten implementieren. So lassen sich Betroffene zusammenbringen und die Bildung von Gemeinschaften unterstützen. Möglichkeiten dazu sind die Schaffung von öffentlichen Räumen, Gemeinschaftszentren, Veranstaltungen und Freiwilligenarbeit.

Zudem kann die Politik Technologie nutzen, um die Kommunikation und den Zugang zu sozialen Netzwerken zu verbessern. Dies umfasst beispielsweise die Förderung von digitaler Inklusion, um älteren Menschen den Zugang zu sozialen Medien und Online-Kommunikation zu erleichtern.



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