„Familienehre“ als Grund oder nur Ausrede? Brutaler Mord an einer schwangeren 20-Jährigen schockiert Schweden
Am Mittwoch, 10. April, beginnt in Schweden der Prozess gegen den 22-jährigen Mohamedamin Abdirisek Ibrahim. Dieser soll am 28. April des Vorjahres seine im siebten Monat schwangere 20-jährige Freundin Saga Forsgren Elneborg mit dem Kabel einer Nachttischlampe erdrosselt haben. Die Staatsanwaltschaft hält einen sogenannten Ehrenmord für möglich.
Ihr zufolge hat Ibrahim die 20-Jährige getötet, weil er „seine Ehre und die seiner Familie bewahren oder wiederherstellen wollte“. Er sei in einem Haushalt aufgewachsen, in dem es „nicht in Ordnung“ gewesen wäre, mit einer Frau von außerhalb des eigenen Kulturkreises auszugehen. Die in der Stadt Örebro verübte Tat hatte im gesamten Land Bestürzung ausgelöst.
Kindesvater bestreitet Mord – DNA-Spuren belasten ihn jedoch schwer
Ibrahim selbst bestreitet jegliche Verwicklung in die Tat. Allerdings wurden umfangreiche DNA-Spuren von ihm nicht nur am Tatort – der Wohnung seiner Freundin – gefunden, sondern auch unter ihren Fingernägeln.
Die bisherigen Beweisergebnisse haben ergeben, dass Ibrahim die vor dem Zeitpunkt des Mordes zwei Jahre lang bestehende Beziehung vor seinen Eltern geheim gehalten hatte. Schon zu Beginn der Schwangerschaft hatte er versucht, Saga zu einer Abtreibung zu drängen.
Saga hat sich dem Ansinnen verweigert und erklärt, das zum Zeitpunkt des Mordes 46 Zentimeter große und 1,7 Kilogramm schwere Kind notfalls allein aufzuziehen. Daraufhin habe er die Beziehung fortgesetzt. Allerdings habe er ihr in Aussicht gestellt, im Fall der Akzeptanz seiner Vaterschaft „wohl auf seine Familie verzichten“ zu müssen.
Verräterischer Suchverlauf stützt die Anklage zusätzlich
Am Tag des Mordes hatte Ibrahim seiner Freundin in Textnachrichten erklärt, seine Familie über die Beziehung und die Schwangerschaft in Kenntnis setzen zu wollen. Er erweckte in den Nachrichten den Eindruck von Nervosität, indem er schrieb:
„Es ist, als könnte ich meinen Herzschlag bis in den Magen hinein fühlen.“
Saga versuchte, ihn zu beruhigen und erklärte, alles werde in Ordnung kommen. In seiner letzten Textnachricht äußerte Ibrahim, einer Person aus seiner Familie von der Beziehung erzählt zu haben. Auf Nachfragen Sagas reagierte er anschließend nicht mehr. Am selben Abend wurden die junge Frau und ihr ungeborenes Kind ermordet.
Ermittler fanden auf Ibrahims iPhone Suchverläufe, die darauf hindeuten, dass dieser selbst die Tat von langer Hand geplant haben könnte. So habe er sich über Suchmaschinen erkundigt, ob ein ungeborenes Kind durch Gewaltanwendung wie einen Schlag auf den Bauch sterben könne. Außerdem soll er sich erkundigt haben, ob es im Islam akzeptabel sei, das eigene Kind zu töten oder sich aus der Verantwortung dafür zu stehlen.
Mutter bestreitet, dass Familie Schwiegertochter aus Schweden zurückgewiesen hätte
In einem Interview mit der „Daily Mail“ bestreitet Ibrahims 42-jährige Mutter Istar Yusuf Nuh, jemals etwas über die Beziehung ihres Sohnes gewusst zu haben. Sie erklärt, sie hätte sich über eine Beziehung ihres Sohnes und ein Enkelkind gefreut.
Welche Nationalität die Frau ihres Sohnes gehabt hätte und ob sie Muslimin gewesen wäre, wären für sie und ihren Ehemann nicht von Belang gewesen. Nicht einmal eine uneheliche Geburt hätte daran etwas geändert. Die dreifache Mutter erklärte, dass ihre eigene Schwester mit einem Schweizer verheiratet sei. Eine Zurückweisung der 20-Jährigen aus „kulturellen Gründen“ wäre für sie kein Thema gewesen.
Staatsanwältin Elisabeth Anderson zufolge gebe es keine Anhaltspunkte, die einen Tatverdacht gegen Ibrahims Eltern begründeten. Allerdings habe „Scham“ diesen gegenüber bei dessen Tatentschluss eine Rolle gespielt.
Ehrenmorde: Kein primär religiös begründetes Phänomen
Sogenannte Ehrenmorde treten zumeist in familiären Zusammenhängen auf, die ihre Wurzeln in ländlichen Gegenden mit einer eher archaisch-patriarchalen Sozialstruktur haben. Auch das Fehlen funktionstüchtiger staatlicher Ordnungsfaktoren spielt dabei eine Rolle.
Vor allem in stammesmäßig organisierten Gesellschaften oder isolierten dörflichen Gemeinschaften mit strengen Normen zur Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung war diese Praxis bereits in vorchristlicher beziehungsweise vorislamischer Zeit etabliert. Die monotheistischen Religionen trugen zwar teilweise zu deren Eindämmung bei, konnten sie jedoch nicht vollständig ausmerzen. In einigen Staaten mit Scharia-Gesetzgebung ist es sogar zu einer verbreiteten Akzeptanz als Gewohnheitsrecht gekommen.
Verbreitet sind Verbrechen dieser Art vorwiegend im Nahen und Mittleren Osten sowie in Pakistan. Sie sind jedoch auch in nicht-muslimischen Regionen wie Indien oder Lateinamerika, teilweise sogar in Süditalien, nachweisbar. Auch in westlichen Ländern vorhandenen Einwanderermilieus kommen sogenannte Ehrenmorde vor. Die Dunkelziffer ist hoch, da viele dieser Fälle als Unfälle oder Selbstmorde deklariert werden.
Mehrere Umstände lassen „Ehrenmord“ als fraglich erscheinen
Dass es sich beim Mord an Saga Forsgren Elneborg tatsächlich um einen sogenannten Ehrenmord gehandelt hat, ist auch statistisch gesehen eher wenig wahrscheinlich. Zwar sind die meisten Opfer sogenannter Ehrenmorde Frauen. In den Fällen, in denen Männer betroffen sind, geht es meist um Homosexualität oder um außereheliche Affären.
Partnerinnen von Söhnen, die in Familien mit archaischen Ehrenkodizes aufgewachsen sind, gehören jedoch nicht direkt zu diesen. Aus diesem Grund sind sie – anders als eigene Töchter – von deren familiären Normen und Ehrenvorstellungen auch nicht direkt betroffen. Anders verhält es sich, sobald sie – beispielsweise durch Heirat – bereits Teil der Familie geworden sind und erkennen lassen, diese verlassen zu wollen. Auf Saga Forsgren Elneborg traf dies jedoch nicht zu.
Auch entscheiden „Familienräte“ über sogenannte Ehrenmorde erfahrungsgemäß nicht spontan – und es entscheidet im Regelfall nicht eine Person allein. Im Gegenteil: Im Fall von „Ehrenmorden“ ist die Anwesenheit mehrerer Familienmitglieder bei der Entscheidungsfindung erfahrungsgemäß ausdrücklich erwünscht, um dem Tötungsauftrag eine höhere Autorität zu verleihen. Außerdem macht es eine breite Mitwisserschaft in solchen Fällen unwahrscheinlicher, dass ein Beteiligter sein Schweigen bricht. Ibrahims Textnachricht, in der es hieß, er habe lediglich eine Person unterrichtet, lässt es als wenig wahrscheinlich erscheinen, dass er einen familiären „Auftrag“ erhalten habe, Saga zu töten.
Femizid als wahrscheinlicheres Szenario
Es spricht deshalb einiges dafür, dass Ibrahim vor allem die Übernahme von Verantwortung für das gemeinsame Kind scheute. Die Forderung nach einer Abtreibung unterstreicht dies. Im Islam gibt es zwar unterschiedliche Meinungen darüber, ab wann eine Abtreibung mit der Tötung eines geborenen Kindes gleichzusetzen ist. Grundsätzlich gilt sie jedoch als Sünde. Dies stellt im Verbreitungsgebiet des Islam einen Unterschied zur vorislamischen Zeit dar, da Kindstötungen verhältnismäßig weit verbreitet waren.
Vieles spricht den Umständen des Falles nach eher für ein Phänomen, für das sich der Begriff des Femizids eingebürgert hat. In diesem Fall morden Männer Frauen, weil diese sich ihrem Willen nicht beugen – und sie sich dadurch in ihrer Männlichkeit gekränkt fühlen.
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