Wirecard-Prozess: Anschuldigung, Entschuldigung und offene Fragen
Ein bisschen enttäuscht – so fasst die Sprecherin der Staatsanwaltschaft zusammen, was sie von der Aussage des dritten Angeklagten im Wirecard-Prozess hält. 137 Prozesstage lang hatte der ehemalige Chef der Buchhaltung E. geschwiegen.
Nun äußert er sich – und zwar ausführlich. Zwei Tage sind alleine für die Verlesung seiner Aussage angesetzt, die rund 190 Seiten umfassen soll. Doch entscheidend Neues bringt sie am ersten Tag nicht.
E. war mit einer Entschuldigung in seine Ausführungen eingestiegen. Er räumte ein, Fehler gemacht zu haben, die er bereue. Doch ein Geständnis sind seine Aussagen nicht. E. wies zurück, Teil einer kriminellen Bande gewesen zu sein. Er habe sich nicht bereichert und stets nur das Beste für das Unternehmen gewollt.
Zudem wies er an vielen Stellen Verantwortung und Zuständigkeit von sich. Zudem sei er überarbeitet gewesen.
Brauns Verteidigung sieht sich bestätigt
Die Verteidigung von Ex-Wirecard-Chef Braun zeigte sich zufrieden mit der Aussage. Diese stütze die Angaben ihres Mandanten. Man sehe, dass zwei Angeklagte die Wahrheit sagten und einer nicht, sagte sie mit Blick auf Braun und E. beziehungsweise Bellenhaus.
Der Zahlungsdienstleister Wirecard war im Juni 2020 in die Insolvenz gegangen, weil auf Treuhandkonten verbuchte 1,9 Milliarden Euro nicht mehr auffindbar waren. Der Schaden geht in die Milliarden. Die Anklage wirft den drei Angeklagten sowie dem abgetauchten früheren Vertriebsvorstand Jan Marsalek und weiteren Komplizen vor, Umsätze in Milliardenhöhe schlicht erfunden zu haben, um den eigentlich defizitären Dax-Konzern über Wasser zu halten.
In dem seit Dezember 2022 geführten Prozess hatte E. bisher geschwiegen. Braun bestreitet alle Vorwürfe, der geständige Bellenhaus tritt als Kronzeuge auf und beschuldigt die beiden Mitangeklagten.
Wer war Täter, wer war Opfer?
Ex-Vorstandschef Braun hat bereits mehrfach ausgesagt, dass die Geschäfte des Unternehmens – und die Milliardenumsätze – nicht erfunden, sondern real gewesen seien. Nach seiner Darstellung sollen der abgetauchte Vertriebsvorstand Jan Marsalek, Bellenhaus und weitere Komplizen die wahren Betrüger gewesen sein, die dem Konzern Milliarden stahlen und auf eigene Konten umleiteten.
Die Kammer hat bereits Prozesstage bis kurz vor Weihnachten angesetzt. Ein ganz wichtiger Zeuge muss noch vernommen werden: Insolvenzverwalter Michael Jaffé. Dieser entdeckte bei seinen Nachforschungen bislang keine Spur der verschwundenen Milliarden, von deren Existenz Braun überzeugt ist. (dpa)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion