Gießen: Ausschreitungen bei Eritrea-Festival – 60 Festnahmen, 100 Ermittlungsverfahren
Bei einem umstrittenen Eritrea-Festival in Gießen ist es nach Angaben der Polizei zu gewalttätigen Zwischenfällen sowie „massiven Angriffen“ auch auf Einsatzkräfte gekommen. Die Polizei sprach von Stein- und Flaschenwürfen, Schlägereien, entzündeten Rauchbomben, Einreißen von Absperrzäunen und Versuchen, polizeiliche Absperrungen zu durchbrechen.
Die Beamten setzten Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Ein Wasserwerfer stand bereit. Mindestens 60 Menschen wurden laut Polizei in Gewahrsam genommen, zuvor waren bereits etwa 50 Platzverweise erteilt worden. Ob es Verletzte gab und wie viele, war zunächst unklar.
Etwa hundert Ermittlungsverfahren, unter anderem wegen Körperverletzung und schweren Landfriedensbruchs, seien eingeleitet worden. Die rund hundert in Gewahrsam genommenen Menschen kamen demnach zum Teil aus dem europäischen Ausland.
Gießen als Schauplatz
Die Polizei verwies zudem darauf, dass ebenso wie am Freitag im Zusammenhang mit den Aktionen in Gießen Meldungen unbekannter Herkunft kursierten, etwa über eine bei einer „Störaktion getötete“ Person. Dieses Gerücht habe sich nicht bestätigt, betonte die Polizei.
Leider sei Gießen „zum Schauplatz eritreischer Konfliktlagen gemacht“ worden, erklärte der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU). Gegner der dort angemeldeten eritreischen Veranstaltung hätten bereits im Vorfeld „international zu Protest und auch zu gewaltsamem Vorgehen“ gegen diese Veranstaltung aufgerufen. „Eine solche Gewalteskalation mit gezielten Angriffen gegen unsere Einsatzkräfte sind völlig inakzeptabel.“
Beuth forderte die Bundesregierung auf, den eritreischen Botschafter einzubestellen. „Der eritreischen Regierung muss deutlich gemacht werden, dass eritreische Konflikte nicht auf deutschem Boden ausgetragen werden dürfen.“
Das Eritreafestival ist innerhalb der eritreischen Gemeinschaft umstritten. Gegner werfen der Veranstaltung vor, der autoritären Führung des ostafrikanischen Landes nahezustehen.
Gegner sehen problematische Nähe zur Regierung Eritreas
Bereits im vergangenen Jahr hatte es bei dem Festival Ausschreitungen gegeben. Gegner der Veranstaltung sehen eine problematische Nähe zur Regierung Eritreas. Die Veranstalter rechneten am Samstag und Sonntag mit jeweils etwa 2.500 Besuchern.
Der Verwaltungsgerichtshof Kassel hatte am Freitagnachmittag entschieden, dass das für Samstag und Sonntag geplante Festival stattfinden dürfe. Ein Versuch der Stadt Gießen, es gerichtlich verbieten zu lassen, war zuvor gescheitert. Grund für das angestrebte Verbot waren Erfahrungen im vergangenen Jahr, als es zu massiven Angriffen auf das Festival gekommen war.
Am Samstag seien seit etwa 5:30 Uhr unterschiedlich starke Personengruppen durch Ausschreitungen an verschiedenen Orten in Gießen aufgefallen, berichtete die Polizei. Sie riet, das Stadtgebiet weiträumig zu umfahren, weil es „durch die ständige Verlegung von Einsatzkräften“ in der Stadt zu starken Verkehrsbeeinträchtigungen komme. Die Polizei war mit mehr als 1.000 Kräften an mehreren Orten der Stadt im Einsatz.
Drohungen gegenüber Autofahrern
An den Hessenhallen – dem Veranstaltungsgelände – habe eine große Gruppe von vermutlich etwa 100 Personen den Absperrzaun eingerissen, hieß es. Am Neustädter Tor gab es der Polizei zufolge eine Auseinandersetzung mit einer Vielzahl von Beteiligten. Dort soll es auch zu Drohungen gegenüber Autofahrern gekommen sein. Autos seien beschädigt worden. Von einer Brücke seien Gegenstände geworfen worden.
Seit der Unabhängigkeit Eritreas von Äthiopien vor rund 30 Jahren regiert Präsident Isayas Afewerki das Land mit einer Übergangsregierung. International geriet Afewerki zuletzt in die Kritik, da die eritreische Armee mehreren UN-Berichten zufolge im äthiopischen Bürgerkrieg bis November 2022 an der Seite der äthiopischen Zentralregierung schwere Menschenrechtsverletzungen begangen haben soll. Zudem sind in dem Land viele Freiheitsrechte weitgehend eingeschränkt. (dpa/red)
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