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Von Storch: „Eingriffe in Grundrechte wie noch nie zuvor in der Bundesrepublik“

Die AfD-Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch warf der Bundesregierung im „ZDF-Morgenmagazin“ vor, mit dem Dritten Bevölkerungsschutzgesetz Grundrechte aushöhlen zu wollen. Gerd Landsberg vom Städte- und Gemeindebund hält dies für unzutreffend.

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Beatrix von Storch.

Foto: Ronny Hartmann/Getty Images

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Lesedauer: 5 Min.

Im „moma Duell“ des „ZDF-Morgenmagazins“ vom Montag (16.11.) sollten die AfD-Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch und der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, eigentlich speziell zum Thema „Demonstrationsrecht in Corona-Zeiten“ diskutieren.
Wirklich kontrovers wurde die Debatte allerdings erst, als die Rede auf das „Dritte Bevölkerungsschutzgesetz“ kam, das am Mittwoch im Bundestag zur Abstimmung ansteht. Von Storch warf der Bundesregierung vor, mittels dieses Gesetzes de facto die Grundrechte der Bürger auszuhöhlen.

„Dann müssten auch Demos zum 1. Mai untersagt werden“

Unterschiedliche Positionen vertraten von Storch und Landsberg bereits zu Beginn des Duells, als es konkret um die Frage ging, ob das Demonstrationsrecht für die „Querdenken“-Bewegung oder andere Kritiker der Corona-Maßnahmen im Interesse des Gesundheitsschutzes eingeschränkt werden solle.
Während Landsberg dies mit der Begründung für statthaft erachtete, bei den Kundgebungen würden bewusst Auflagen wie das Tragen von Masken missachtet und damit das Infektionsrisiko mit COVID-19 gezielt erhöht, hält die AfD-Politikerin das Recht auf Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit für nicht verhandelbar.
Unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Brokdorf-Urteil) betont die Politikerin, dass die Versammlungsfreiheit zu den „unentbehrlichen Funktionselementen eines demokratischen Gemeinwesens“ gehöre und deshalb deren Schutz schwerer wiege als eine behauptete abstrakte Ansteckungsgefahr, die von Teilnehmern ausgehen könne.
Würden Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen untersagt, weil Verstöße gegen Auflagen oder polizeiliche Anordnungen nicht befolgt werden könnten, dürften auch keine Kundgebungen zum 1. Mai oder gegen G20 stattfinden – von denen, so von Storch, eine tatsächliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und körperliche Unversehrtheit ausgehe.

Versammlungsrecht kontra Versammlungsgesetz?

Landsberg bekannte sich zwar zu dieser Rechtsprechung und den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts, wie sie seit April auch in Zeiten der Corona-Pandemie gefällt worden seien. Allerdings rechtfertigten diese auch Maßnahmen der Behörden wie die Beschränkung von Teilnehmerzahlen oder die Auflösung für den Fall der Verletzung von Pandemiemaßnahmen. In einigen Fällen plädiert Landsberg für die vollständige Untersagung:
„Großdemonstrationen, bei denen regelmäßig Hygienevorschriften und Abstandsmaßnahmen nicht eingehalten werden, sollten konsequent verhindert und verboten werden.“
Es gelte „nicht nur das Versammlungsrecht, sondern auch das Versammlungsgesetz“, in welchem die Zulässigkeit, im Fall von Gefahren Kundgebungen zu verbieten, festgesetzt sei.
Von Storch hingegen betont, es gäbe „kein Grundrecht, das über allen anderen steht und alle anderen außer Kraft setzen kann“ – erst recht nicht auf Grundlage einer bloßen Prognose.

Von Storch: „Menschen sollen vereinsamen“

Sie halte es durchaus für sinnvoll, darüber zu reden, in welcher Weise Vorgaben bezüglich Zeit, Ort und Teilnehmerzahl denkbar erscheinen. Dass generelle Verbote als Option jedoch überhaupt ins Treffen geführt würden, sei Ausdruck einer allgemeinen bedenklichen Tendenz, die sich auch im geplanten „Dritten Bevölkerungsschutzgesetz“ zeige:
„Auch private Treffen sollen verboten werden, die Menschen sollen vereinsamen, das geht weit über das Versammlungsverbot hinaus.“
Es werde, so von Storch, „in die Menschenwürde eingegriffen, und zwar in einer Art und Weise, die es in dieser Republik noch nicht gegeben hat“. Die geplante Novelle zum Infektionsschutzgesetz solle noch nie zuvor da gewesenen Grundrechtseinschränkungen den Anschein demokratischer Legitimität verleihen.

Landsberg: „Keine Grundrechte außer Kraft gesetzt“

Landsberg widerspricht von Storch: „Es steht Ihnen doch frei, Mehrheiten im Bundestag für Ihre Position zu organisieren.“ Seiner Meinung nach würden keine Grundrechte außer Kraft gesetzt, auch der geplante neue § 28a beinhalte keine solche Ermächtigung. (Hier der Link zum neuen Gesetzentwurf).
Entscheidungen, die bis dato auf der Grundlage von Länderverordnungen oder Vereinbarungen zwischen Bundesregierung und Länderchefs getroffen worden waren, seien im neuen Gesetzestext alleine von der Bundesregierung zu treffen. Die Novelle sei gesetzliche Grundlage, konkret darauf gestützte Maßnahmen würden immer noch der Kontrolle durch Gerichte unterliegen, sagte Landsberg.
Experten üben dennoch Kritik. Erst jüngst kritisierte die Juristin Andrea Kießling von der Ruhr Universität Bochum, der neue Paragraf 28a genüge den Vorgaben von Parlamentsvorbehalt und Bestimmtheitsgrundsatz nicht. Die Vorschrift lasse keinerlei Abwägung der grundrechtlich betroffenen Interessen erkennen, erklärte sie gegenüber dem „Ärzteblatt“. Gerichte würden die Vorschrift höchstwahrscheinlich nicht als Rechtsgrundlage akzeptieren.

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