Rundfunkbeitrag: Taktische Meisterleistung Haseloffs bringt CDU aus der Defensive

Dass Sachsen-Anhalts Ministerpräsident einen Weg fand, erzürnt die SPD - ihr Fraktionsvize fordert ein Machtwort der Bundespartei. Haseloff schaffte es, die von der CDU-Fraktion abgelehnte Erhöhung des Rundfunkbeitrags zu verhindern, ohne mit der AfD zu stimmen.
Titelbild
Reiner Haseloff.Foto: Mika Schmidt-Pool/Getty Images
Von 9. Dezember 2020

Noch bevor es zu dem erwarteten Showdown am Mittwoch (9.12.) im Medienausschuss des Landtags von Sachsen-Anhalt kommen konnte, entschloss sich Ministerpräsident Reiner Haseloff zu einem unerwarteten Manöver: Er zog kurzerhand die Regierungsvorlage für den Medienstaatsvertrag zurück, zu welcher der Ausschuss dem Plenum eine Empfehlung geben sollte.

Damit kann in diesem Jahr aber auch nicht mehr über den Vertrag abgestimmt werden – und die geplante Erhöhung des Rundfunkbeitrags auf 18,36 Euro, die in der Fraktion der CDU auf massiven Widerstand gestoßen war, unterbleibt.

Mit diesem unerwarteten Schritt hat Haseloff eine taktische Leistung erbracht, die ihm möglicherweise selbst in der eigenen Partei nicht mehr viele zugetraut hatten – insbesondere nach der Entlassung des langjährigen Innenministers Holger Stahlknecht, die im CDU-Landesverband für erhebliche Unruhe gesorgt hatte. Nun ist es Haseloff gelungen, die Union in einer Weise aus einem Zangenangriff von links und rechts heraus zu manövrieren, die am Ende die Partei sogar noch als große Siegerin erscheinen lässt.

Ausweg aus scheinbar auswegloser Lage

Bis Dienstagvormittag, als die „Volksstimme“ erstmals andeutungsweise über Haseloffs Entscheidung berichtete, befand sich die CDU in einer scheinbar ausweglosen Lage. Die Koalitionspartner SPD und Grüne sowie die oppositionelle Linkspartei, die noch im Oktober eine 180-Grad-Wende in Sachen Rundfunkbeitrag vollzogen hatte, rechneten damit, dass die Union klein beigeben und mit ihnen den Staatsvertrag mittragen würden.

Andernfalls – so die Kalkulation – müsste die CDU die Erhöhung gemeinsam mit der AfD verhindern und so neben dem Bruch der „Kenia-Koalition“ im Land auch einen Sturm der Empörung unter dem Banner der „antifaschistischen Moral“ mit in den Wahlkampf nehmen.

Die AfD wiederum rechnete ebenfalls damit, dass die CDU Sachsen-Anhalt es nicht wagen würde, den Rundfunkstaatsvertrag scheitern zu lassen. Neben dem von links angestrebten „Thüringen-Szenario“, mit dem die CDU in die Enge getrieben werden sollte, kam immerhin auch noch Druck von Parteikollegen aus Bund und Ländern, Sachsen-Anhalt möge nicht als einziges Bundesland die Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 86 Cent scheitern lassen. Die AfD hätte ein Einlenken der CDU im Wahlkampf nutzen können, um sich selbst als einzige Kraft darzustellen, die in der Lage sei, linkem Power-Play zu widerstehen.

Rot-grüne Koalitionsbruch-Drohungen ausgebremst

Jetzt hat die CDU am Ende aber all das erreicht, was Haseloff und die Fraktion angestrebt hatten: Sie hat, wie es auch im Koalitionsvertrag vorgesehen war, die Erhöhung des Rundfunkbeitrags verhindert – und das ohne irgendeine Form des Rückgriffs auf die AfD. Dass Haseloff Innenminister Stahlknecht entließ, nachdem dieser in einem Interview eine Minderheitsregierung der CDU ins Spiel gebracht hatte, konnte der Ministerpräsident als Untermauerung des Bekenntnisses zur Stabilität der Koalition in die Waagschale werfen.

SPD und Grüne hatten damit keinerlei Spielraum mehr, um einen Ausstieg aus dem Regierungsbündnis rechtfertigen zu können. Umfragen zufolge hätte selbst ein rot-grünes Bündnis unter Einschluss der Linkspartei in Sachsen-Anhalt lediglich 37 Prozent der Wähler hinter sich.

Haseloff kostete gegenüber der Presse seinen Erfolg aus und resümierte:

Mit dieser Lösung geht die Koalition gefestigt aus der Krise hervor und wird ihre Arbeit zum Wohle des Landes bis zum Ende der Legislaturperiode fortsetzen.“

Die Stabilität des Landes und die Arbeitsfähigkeit von Regierung und Institutionen hätten vor allem wegen der Corona-Pandemie „absolute Priorität“, fügte der Ministerpräsident hinzu. Er bekräftigte, dass es „keinerlei Zusammenarbeit oder auch nur indirekte Entscheidungsprozesse“ mit der AfD geben dürfe.

AfD sieht Scheitern der Erhöhung als ihr Verdienst

Die AfD reklamiert das Scheitern der Beitragserhöhung dennoch als Erfolg für sich. „Ohne die AfD hätte man die Beitragserhöhung wie immer einfach durchgewunken“, erklärte AfD-Bundesvizechef Stephan Brandner. Fraktionschef Oliver Kirchner erklärte gegenüber der Volksstimme:

Die Entscheidung ist ein großer Erfolg für uns und zeigt wie sehr auch aus der Opposition heraus die politischen Geschicke des Landes gelenkt werden können.“

CDU-Mediensprecher Markus Kurze beglückwünschte den Ministerpräsidenten: „Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie ist die Entscheidung des Ministerpräsidenten richtig und konsequent. Geradlinigkeit und Glaubwürdigkeit zahlen sich aus.“

SPD-Fraktionschefin Katja Pähle klagte zwar, es sei „kein guter Tag für die Medienpolitik in Deutschland“, andererseits aber hielt sie Haseloff zugute, dass „der Ministerpräsident seine Entscheidung mit dem Ziel getroffen hat, eine gemeinsame Abstimmung von CDU und AfD zu verhindern und so die Koalition zu erhalten“.

Grüne: Nur durch Corona noch in der Koalition gehalten

Katzenjammer gab es auch bei den Grünen. „Unter normalen Umständen wäre dies der Moment, eine solche Koalition zu verlassen – derzeit sind aber keine normalen Zustände“, erklärte Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann mit Blick auf die steigenden Corona-Zahlen. Die CDU habe aber dem Land „großen Schaden“ zugefügt, denn Sachsen-Anhalt sei nunmehr bundespolitisch isoliert“.

Damit der Medienänderungsstaatsvertrag mit der Beitragserhöhung auf 18,36 Euro ab Januar in Kraft treten könnte, müssten alle Landtage bis Jahresende zustimmen. Fehlt nur ein Landesparlament, ist der Staatsvertrag hinfällig.

Öffentlich-rechtliche Sender wollen jetzt klagen

ARD, ZDF und Deutschlandradio wollen die höheren Rundfunkgebühren nun vor dem Bundesverfassungsgericht durchsetzen. Das teilten die Sender am Dienstagnachmittag unabhängig voneinander mit. Die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Sender ab 2021 sei „nicht mehr gesichert“, hieß es beispielsweise in einer Mitteilung der ARD.

Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hatte empfohlen, den bisherigen Rundfunkbeitrag in Höhe von 17,50 Euro ab 2021 auf 18,36 Euro anzuheben. Es wäre die erste Beitragserhöhung seit 2009. Gegner der Erhöhung, insbesondere in Sachsen-Anhalts CDU, wiesen hingegen darauf hin, dass die derzeitige Ausstattung der öffentlich-rechtlichen Medienanstalten eine Grundlage bieten müsse, um wirtschaften zu können.

Es ist auch ungewiss, worauf ARD, ZDF und Deutschlandradio einen Rechtsanspruch auf Beitragserhöhung stützen wollen, wenn die Verfassungsordnung ausdrücklich den Zustimmungsvorbehalt der gewählten Landtage vorsieht.

Bereits jetzt nehme der öffentlich-rechtliche Rundfunk acht Milliarden Euro an Beiträgen ein, betonte Markus Kurze im November. Die CDU wolle den Bedarf der Rundfunkanstalten insbesondere vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie neu bewerten lassen – zudem seien Reformen erforderlich. Die Jahresgehälter der Intendanten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk bewegen sich zwischen etwa 250.000 und 395.000 Euro, die Monatsgehälter der Redakteure zwischen 3.700 und mehr als 10.000 Euro.

Wiese (SPD): CDU hat „Problem mit der Abgrenzung nach rechts“

Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Dirk Wiese fordert ein Eingreifen der CDU-Führung in den Meinungsbildungsprozess in Sachsen-Anhalt – offenbar nach dem Vorbild von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die im Februar von Südafrika aus gefordert hatte, die „inakzeptable“ Wahl des FDP-Kandidaten Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten im Thüringer Landtag „rückgängig“ zu machen. Die AfD hatte damals im dritten Wahlgang die entscheidenden Stimmen des von FDP und CDU unterstützten Kandidaten beigesteuert.

Wiese sieht nun „dringenden Handlungsbedarf“ in der CDU. „In Sachsen-Anhalt zeigt sich das Führungsvakuum der Bundes-CDU“, sagte Wiese dem Nachrichtenportal „T-Online“. „Niemand hat die Autorität, die Landesfraktion auf Linie zu bringen. Und das, obwohl alle anderen CDU-Landesregierungen die vereinbarte Erhöhung des Rundfunkbeitrags mittragen.“

Die CDU habe, so Wiese, „gerade in Thüringen und Sachsen-Anhalt ein Problem mit der Abgrenzung nach rechts“. Das müsse „die CDU dringend klären, auch mit Blick auf die nächste Bundestagswahl“.

Kramp-Karrenbauer akzeptiert Haseloffs Schritt

Bei Noch-CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer dürfte sein Ansinnen jedoch vorerst nicht auf positive Resonanz stoßen. Sie nimmt Haseloff gegenüber „T-Online“ in Schutz:

Es ist gut, dass die Koalition in Sachsen-Anhalt eine Lösung gefunden hat und sich nun weiter auf die Bekämpfung der Pandemie konzentrieren kann. Dies ist vor allem das Verdienst von Ministerpräsident Reiner Haseloff, mit dem ich in den vergangenen Tagen und Wochen in engem Kontakt stand und dem ich für seinen Einsatz besonders danke.“

Die Koalition in Magdeburg habe gezeigt, dass sie sich ihrer Verantwortung für die Bürger im Land bewusst sei und diese weiter übernehmen wolle. Im Zusammenhang mit der Diskussion des Rundfunkstaatsvertrages seien über eine geraume Zeit viele auch kritische Aspekte diskutiert worden. Im Ergebnis dieser Abwägung hätten „bei allen bisher stattgefundenen Entscheidungen die CDU-Landesverbände und CDU-Landtagsfraktionen dem Staatsvertrag zugestimmt“.

Die CDU-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt habe in dieser Frage immer eine andere Position eingenommen, bis vor kurzer Zeit auch gemeinsam mit den anderen Koalitionspartnern. „Dies hat der Ministerpräsident immer deutlich gemacht.“ Nun liege es an den Verantwortlichen, „nach einer akzeptablen Lösung für alle Landesparlamente und für den Öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu suchen“. Wichtig sei nun, dass „Sachsen-Anhalt weiterhin mit einer handlungsfähigen Koalition das Land gut durch die Coronakrise bringt“.

Maaßen: Sachsen-Anhalt macht „Schritt in die richtige Richtung“

Zufrieden zeigt sich das konservative Aushängeschild in der CDU, der frühere Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen. Er schrieb auf Twitter:

„Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Wir brauchen diesen öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht!“

(Mit Material von AFP und dts)

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


Unsere Buchempfehlung

Moderne Pädagogik konzentriert sich nicht auf die Vermittlung der moralischen Standards, der Kultur und des Wissens der Menschheit, wie allgemein vermutet. Ihr Ziel ist die „Erziehung und Bildung als Therapie“: Gefühle und Einstellungen der Schüler sollen bestimmten politischen Vorgaben entsprechen.

Der Ökonom Thomas Sowell analysierte, dass heutiger Unterricht zur Vermittlung der Werte die gleichen Maßnahmen verwendet, die in totalitären Ländern zur Gehirnwäsche von Menschen im Einsatz sind. Dazu zählt, emotionalen Stress hervorzurufen, "um sowohl den intellektuellen als auch den emotionalen Widerstand zu brechen".

Ein anderes Mittel ist die Isolation der Kinder (ob physisch oder emotional) von vertrauten Quellen emotionaler Unterstützung. Sie stehen stetig im Kreuzverhör und müssen ihre Werte darlegen - oft unter Manipulation des Gruppenzwangs.

Normale Abwehrmaßnahmen wie "Reserviertheit, Würde, ein Gefühl der Privatsphäre oder die Möglichkeit, die Teilnahme abzulehnen" werden unterbunden. Die erwünschten Einstellungen, Werte und Überzeugungen hingegen massiv belohnt.

Das Kapitel 12 des Buches "Wie der Teufel die Welt beherrscht" untersucht die Sabotage an der Bildung. Es heißt: "Das Bildungswesen sabotieren: Wie Studenten zu dummen Radikalen umerzogen werden". Hier mehr zum Buch.

Jetzt bestellen - Das dreibändige Buch ist sofort erhältlich zum Sonderpreis von 50,50 Euro im Epoch Times Online Shop

Das dreibändige Buch „Wie der Teufel die Welt beherrscht“ untersucht auf insgesamt 1008 Seiten historische Trends und die Entwicklung von Jahrhunderten aus einer neuen Perspektive. Es analysiert, wie der Teufel unsere Welt in verschiedenen Masken und mit raffinierten Mitteln besetzt und manipuliert hat.

Gebundenes Buch: Alle 3 Bände für 50,50 Euro (kostenloser Versand innerhalb Deutschlands); Hörbuch und E-Book: 43,- Euro.

Weitere Bestellmöglichkeiten: Bei Amazon oder direkt beim Verlag der Epoch Times – Tel.: +49 (0)30 26395312, E-Mail: [email protected]

Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion