Führerschein für Menschen ab 70 nur noch 5 Jahre gültig – ADAC: „nicht verhältnismäßig“
Der ADAC hat die Pläne der EU kritisiert, Bürgern ab 70 Jahren alle fünf Jahre einen Nachweis ihrer Fahrtüchtigkeit abzuverlangen. Die geplanten Einschränkungen bei der Gültigkeit des Führerscheins seien „nicht verhältnismäßig“, betont der Automobilverband. Aus der Linkspartei kommen Vorwürfe der „Altersdiskriminierung“.
Restriktionen für Ältere beim Führerschein in einigen EU-Staaten jetzt schon vorhanden
Wie der „Münchner Merkur“ berichtet, will die EU bis 2050 die Zahl der Verkehrstoten auf null bringen. Bis 2030 soll sie nur noch die Hälfte betragen. In den Vorjahren waren es in allen Mitgliedstaaten zusammen 20.600, was einen erheblichen Anstieg nach den Corona-Jahren darstellte. Sowohl 2020 als auch 2021 hatte die Zahl noch unter 20.000 gelegen.
Als besonderes Unfallrisiko scheint die EU mit Blick auf ihr Vorhaben ältere Verkehrsteilnehmer identifiziert zu haben. Aus diesem Grund will sie für Fahrer über 70 Jahre künftig eine regelmäßige Überprüfung der Fahrtauglichkeit verordnen. Mehrere Mitgliedstaaten wie Dänemark, Spanien und Italien haben bereits Regelungen ähnlicher Art getroffen. In Dänemark müssen Menschen ab 80 Jahren ihren Führerschein sogar jährlich neu beantragen.
In Deutschland nur bei konkreten Anhaltspunkten überprüft
Nun strebt die EU eine generelle Befristung von Führerscheinen für Pkw, Motorräder oder Transporter auf 15 Jahre an. Vorher galten 10 Jahre als Richtwert, der von den Ländern auf 15 Jahre ausgedehnt werden konnte. Der Führerschein für Bus oder Lkw soll weiterhin alle fünf Jahre verlängert werden müssen.
In Deutschland gilt momentan eine Erneuerungspflicht nach 15 Jahren für alle Fahrerlaubnisse, deren Ausstellung nach dem 19. Januar 2013 erfolgte. Allerdings ist eine Überprüfung der Fahrtüchtigkeit bei dieser Gelegenheit lediglich dann damit verbunden, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung vorliegen.
In diesem Fall kann eine Behörde eine Fahrt mit einem Gutachter anordnen – und den Führerschein entziehen, sollte dieser das empfehlen. Eine freiwillige Abgabe der Fahrerlaubnis ist Senioren ebenfalls immer gestattet.
Gebrauch machen davon pro Landkreis jährlich etwa 60 Personen, äußerte ein Sprecher des Landratsamtes Waldshut im Vorjahr gegenüber dem „Südkurier“. Dort erhalten Senioren im Gegenzug ein kostenloses Jahresticket für den ÖPNV. Chemnitz gab im Jahr 2019 eine ähnlich hohe Zahl an.
Führerschein für ältere Menschen elementarer Teil eines selbstbestimmten Lebens
Der ADAC spricht sich gegen einen Misstrauensvorschuss gegenüber älteren Verkehrsteilnehmern aus, wie er im EU-Vorschlag zum Ausdruck komme. Gerade diese zeichneten sich im Regelfall „durch einen situationsangepassten Fahrstil sowie vorausschauendes Fahren“ aus. Sie mieden riskante Manöver. Der Automobilclub plädiert – ebenso wie die Linkspartei – für regelmäßige Erörterungen des Themas „Fahrtüchtigkeit“ mit dem behandelnden Arzt, wenn gesundheitliche Risikofaktoren bestehen.
Demgegenüber hat das Polizeipräsidium Freiburg im Vorjahr eine Statistik über die vorangegangenen fünf Jahre vorgelegt. Im Durchschnitt der Jahre bis 2021 seien demnach Menschen über 65 Jahren an 27,9 Prozent der schweren Unfälle beteiligt. Bei 69 Prozent der schweren Unfälle mit Seniorenbeteiligung seien sie sogar Hauptverursacher.
Der Verkehrspsychologe Bernhard Schlag von der TU Dresden konstatiert, dass „in der Gruppe ab etwa 75 Jahren“ die Probleme begännen. Allerdings sei auch er gegen verordnete Überprüfungen der Fahrtüchtigkeit. Der Verkehrssicherheitseffekt sei in Ländern, in denen es solche Vorschriften gebe, nicht signifikant. Demgegenüber sei der Verlust des Führerscheins für viele ältere Menschen gleichbedeutend mit jenem eines selbstbestimmten Lebens. Die Betroffenen würden dann „oft krank und hilfebedürftig“.
Diabetiker sollen sich alle zehn Jahre überprüfen lassen
Die EU plant im Rahmen ihrer „Reformvorschläge“ auch einen umfangreichen Katalog an medizinischen Mindestanforderungen, um einen Führerschein bekommen oder behalten zu dürfen. So soll es bei Diabetikern alle zehn Jahre eine Überprüfung der Fahrtüchtigkeit geben.
Erhöhte Hürden für den Erhalt der Fahrerlaubnis soll es auch bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, neurologischen Beschwerden oder regelmäßigem Alkoholmissbrauch geben. Allerdings gibt es in solchen Fällen in Deutschland bereits jetzt zusätzliche Sicherheitschecks.
Für die Grünen stellen die Pläne der EU einen „nächsten Schritt in Richtung Verkehrssicherheit und Fahrtauglichkeit“ dar. Ähnlich hat sich die SPD geäußert. Demgegenüber will die Union weiter auf die „Eigenverantwortlichkeit der Autofahrer“ setzen.
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