Obligatorische Testungen beim 3G-Modell oder die oftmals kritisierte „Impfpflicht durch die Hintertür“ sind nicht nur heiße Wahlkampfthemen. Die kulturellen und sozialen Lebensbereiche aller Bürgerinnen und Bürger sind von den Modalitäten der Corona-Maßnahmen betroffen.
Welche Maßnahmen sind überhaupt mit dem Grundgesetz vereinbar? Wann besteht ein unzulässiger Zwang? Im Exklusiv-Interview mit Epoch Times spricht Rechtsanwalt Dr. David Schneider-Addae-Mensah über seinen Rechtsstreit beim Bundesverfassungsgericht zum Thema medizinische Zwangsbehandlung. Des Weiteren führt er aus, inwieweit die aktuellen „G-Modelle“ seiner Meinung nach mit dem Grundgesetz vereinbar sind.
Epoch Times: Im Jahr 2011 haben Sie vor dem Bundesverfassungsgericht einen Rechtsstreit zur medizinischen Zwangsbehandlung geführt. Was genau war Inhalt des Verfahrens?
Dr. David Schneider-Addae-Mensah: In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren ging es um die Zwangsbehandlung eines Patienten im Maßregelvollzug. Allgemein ging es um die Frage, ob ein Mensch gegen seinen natürlichen Willen mit einem Medikament oder auch in anderer Weise medizinisch behandelt werden darf. Das Bundesverfassungsgericht hat dann entschieden, dass das grundsätzlich verboten ist. Das umfasst jede Art von medizinischer Behandlung, in dem Fall war es eine Medikamentenverabreichung.
ET: Was genau waren die Entscheidungsgründe?
Schneider-Addae-Mensah: Das Bundesverfassungsgericht hat seinen Beschluss auf die Freiheit zur Krankheit als unbenanntes Grundrecht im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz gestützt. Diese Freiheit zur Krankheit verbietet es, Menschen gegen ihren natürlichen Willen zu behandeln. Im Grundsatz kann jeder über seinen Körper frei entscheiden. Ausnahmen gibt es nur, wenn der Patient selber nicht mehr entscheiden kann.
ET: In Deutschland gibt es offiziell keine Corona-Zwangsimpfung, aber viele sprechen von einer „Impfpflicht durch die Hintertür“ bei Modellen wie 2G. Wie bewerten Sie die aktuelle Situation mit Blick auf den Beschluss von 2011?
Schneider-Addae-Mensah: Ich sehe das natürlich ausgesprochen kritisch. Es darf keine Zwangsbehandlung geben, wenn der Einzelne selbst in der Lage ist zu entscheiden, ob er sich medizinisch behandeln lassen will oder nicht. Auch eine Impfung ist selbstverständlich eine medizinische Behandlung. Wenn diese gegen den natürlichen Willen des Betroffenen erfolgt, dann handelt es sich um eine Zwangsbehandlung und unterliegt den verfassungsrechtlichen Voraussetzungen.
Ein Impfzwang ist verfassungswidrig und damit auch rechtswidrig. Wer Zwangsimpfungen vornimmt, auch als Arzt, macht sich strafbar wegen gefährlicher Körperverletzung und – wenn es zu entsprechenden Todesfolgen käme – auch wegen eines Tötungsdelikts. Das Gleiche gilt natürlich für diejenigen, die diesen Zwang politisch entscheiden. Das hat natürlich noch viel größere Dimensionen. Diese Leute stehen mit einem Bein im Gefängnis.
ET: Sehen Sie aktuell bereits einen Impfzwang?
Schneider-Addae-Mensah: De facto gibt es aus meiner Sicht auch jetzt schon einen Impfzwang, der allerdings vom Verfassungsgericht so nicht anerkannt wird, weil es kein formell ausformulierter Zwang ist. Allerdings kommen bestimmte Berufsgruppen um die Impfung aktuell nicht mehr herum – teilweise im medizinischen Bereich, teilweise im Betreuungsbereich und teilweise auch in meinem Bereich als Anwalt. Mein Fachgebiet ist Psychiatrierecht. Mir ist es unmöglich, ohne Impfung meiner Arbeit in der Form weiter nachzugehen, wie ich das bisher gemacht habe.
ET: Muss ein Impfzwang tatsächlich erst gesetzlich vorgeschrieben sein oder kann ein formeller Impfzwang auch kausal hergeleitet werden, wenn die Berufsausübung eingeschränkt ist?
Schneider-Addae-Mensah: Auch wenn ich das so sehe, hat das Bundesverfassungsgericht diese faktischen Zwänge allerdings nie anerkannt. In einem vergleichbaren Fall ging es nicht um Impfung, sondern um eine psychiatrische Zwangsbehandlung. Leute wurden genötigt, Psychopharmaka zu nehmen – ein faktischer Zwang sozusagen. Darüber will das Bundesverfassungsgericht nicht diskutieren, was ich für sehr bedauerlich halte. Vielleicht ändert das Gericht seine Meinung einmal dazu. Bislang bin ich mit diesem faktischen Zwang nicht durchgekommen.
ET: Aktuell werden weitestgehend 3G-Modelle angewendet. Damit gibt es doch eigentlich keinen „Impfzwang durch die Hintertür“?
Schneider-Addae-Mensah: Den Impfzwang durch die Hintertür sehe ich auch bei 3G. Bei 3G gibt es vielleicht keine Zwangsbehandlung in dem Sinne, da man auch noch andere Möglichkeiten hat. Man kann sich testen lassen oder sich irgendwo infizieren, das kann man ja theoretisch auch herbeiführen. Man hat also noch andere Möglichkeiten, so weiterzuleben wie vorher. Je weniger „G“ es werden, desto mehr Zwang durch die Hintertür entsteht.
Allerdings sehe ich auch diese Zwangstestungen als sehr problematisch an. Das ist im engeren Sinne zwar keine medizinische Behandlung, aber trotzdem ein medizinischer Eingriff. Und jeder medizinische Eingriff ist eine Körperverletzung. Ich persönlich habe unter diesen Tests sehr gelitten, weil ich sie nicht vertrage. Und wenn ich dazu gezwungen oder genötigt werde, ist das aus meiner Sicht durchaus strafbar.
ET: Wenn das strafbar ist, müsste es nicht rechtlich geahndet werden?
Schneider-Addae-Mensah: Leider greifen das weder die Staatsanwaltschaften noch das Bundesverfassungsgericht auf. Unsere Justiz ist in diesem Thema die letzten 16, 18 Monate leider sehr wenig unabhängig gewesen. Ich habe Richter erlebt, die ihre eigenen Grundsätze über den Haufen geworfen und ignoriert haben. Ich vermute bei diesen Leuten durchaus auch eigene psychische Probleme. Das ist ein Riesenproblem. Wir haben in dem Punkt keine unabhängige Justiz.
ET: Im Oktober werden die Tests kostenpflichtig. Ist das nicht, insbesondere für sozial schwächere Schichten, ein weitergehender Impfzwang?
Schneider-Addae-Mensah: Das ist nicht nur für sozial schwächere Schichten ein Impfzwang. Das ist für alle Leute ein Impfzwang, die am gesellschaftlichen Leben und Zusammenkünften teilnehmen wollen. Ob zu Fußballspielen, zu politischen und kirchlichen Veranstaltungen oder der Theaterbesuch – man kann von den Leuten nicht erwarten, dass sie jeweils irgendwelche Tests machen, um ganz normale soziale Aktivitäten zu pflegen.
Ich erinnere mich, in meiner Studentenzeit waren Zwangstestungen ein Thema, das in äußerst rechten Kreisen kursiert ist. Ich kann mich erinnern, Peter Gauweiler hat das zum Beispiel mal gefordert. Das ist heute offensichtlich eine ganz gängige politische Forderung beziehungsweise eine politische Regelung. Da muss ich mich schon sehr wundern, wo wir in unserem Land hingekommen sind.
Aus meiner Sicht sind diese Zwangstestungen ebenso totalitär wie diese Zwangsimpfung. Insbesondere, da die Tests mit einer hohen Zahl von falsch positiven und falsch negativen Testungen äußerst fraglich sind, stellen sie keine Grundlage für irgendwelche Ausgrenzungen dar. Aus meiner Sicht ist das ebenfalls nicht verhältnismäßig und damit auch rechtswidrig.
ET: Sie bemängeln die Unabhängigkeit der Rechtsprechung in diesem Thema. Wie sehen Sie die Entwicklung unseres Rechtsstaates?
Schneider-Addae-Mensah: Die Entwicklung sehe ich mit großer Sorge. Als Anwalt, als unabhängiges Rechtspflegeorgan, fühle ich mich in meiner Tätigkeit enorm eingeschränkt und verletzt. Mit meinen Mandanten kann ich nur noch eingeschränkt korrespondieren, Besuche in Psychiatrien sind mir teilweise verweigert, teilweise abgebrochen worden. Richterkollegen ticken aus und befehlen mir in einer Verhandlung: „Setzen Sie die Maske richtig auf!“ Oder: „Setzen Sie die Maske auf!“ – damit nötigt ein Rechtspflegeorgan ein anderes Rechtspflegeorgan. Das ist aus meiner Sicht das Ende des Rechtsstaats.
Wenn so etwas möglich ist, dann ist alles möglich. Dann ist es auch möglich, dass wir Zustände bekommen, die wir schon mal hatten. In gewisser Weise haben wir jetzt sogar schlimmere Zustände – also mit einem „Maulkorb“ musste ich in der Nazizeit nicht durch die Gegend laufen. Ich bin auf das Grundgesetz vereidigt und deswegen ist es meine vornehmste Pflicht, gerade in dieser Krisensituation unsere Grundrechte zu verteidigen.
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