Nikolai Binner ist Stand-up-Comedian und Autor. Er ist einer, dessen private Cloud von Google zensiert wurde. Bereits vor der Corona-Krise strebte er als Newcomer auf, durch seine gesellschafts- und Corona-Maßnahmen-kritischen Videos wurde er noch bekannter.
Herr Binner, wie ist es dazu gekommen, dass Sie Inhalte auf Ihrer privaten Cloud gesperrt wurden?
Ich wollte Dateien mit Auftritten von mir, die ich in meiner Google Cloud gespeichert hatte, versenden. Allerdings bekam ich von demjenigen die Rückmeldung, dass dieser Auftritt nicht in dem Ordner sei. Und das, obwohl ich sie bei mir sah. Jedoch habe ich dann eine Flagge mit einer Anmerkung neben dem Dateinamen entdeckt. Den genauen Wortlaut weiß ich nicht mehr, aber inhaltlich stand da, die Datei sei „als Missbrauch gekennzeichnet“. Auch direkt den Link der Datei zu versenden ging nicht. Es war nur der Hinweis, dass gegen Nutzerrichtlinien verstoßen wird.
Was genau war Inhalt dieser aufgezeichneten Auftritte, die Sie versenden wollten?
Das war ein Auftritt, der tatsächlich auch auf meinem YouTube-Kanal noch online ist. Die Comedy-Nummer heißt „Witze über Transgender Menschen“, die ich schon vor 3 oder 4 Jahren geschrieben habe. YouTube hatte sie zwei Mal runtergenommen, wegen Verstoß gegen die Richtlinien. Dann habe ich Einspruch eingelegt und es wurde wieder online gestellt. Diese Datei habe ich auch in meine Cloud geladen und wollte sie als Datei verschicken. Das war dann allerdings nicht mehr möglich.
Da Sie auch schon auf YouTube gesperrt wurden, liegt also die Vermutung nahe – da YouTube zu Google gehört – dass in der Cloud automatisch gesperrt wird?
Wie gesagt, das Video ist auf YouTube noch online, welches in der Cloud zensiert wurde. Ich gehe davon aus, dass das Algorithmen sind. Vielleicht scannen die Inhalte nach bestimmten Worten. Es würde mich sehr überraschen, wenn es ein Google-Mitarbeiter gewesen wäre.
Haben Sie sich an Google gewendet und probiert, die Sperrung aufzuheben?
Nein. Ich habe mich sofort nach Alternativen umgesehen. Ich hätte Einspruch einlegen können. Aber auf einer Plattform, auf der die Gefahr besteht, dass so etwas öfter passiert, will ich gar nicht bleiben. Vor allem geht es Google überhaupt nichts an, was ich für Dateien hochlade. Das ist im Endeffekt ein Himmelfahrtskommando, was Privatsphäre und Datensicherheit angeht. Ich lote einfach Alternativen aus. Einspruch lege ich gar nicht erst ein, sondern bin dann einfach weg.
Besonders kritische Videos zu Corona, auch von Experten, werden auf sozialen Medien gesperrt, fühlen Sie sich als Künstler in Ihrer Freiheit eingeschränkt?
Teils, teils. Auf jeden Fall habe ich tatsächlich noch deutlich mehr Freiheit als Experten, Wissenschaftler oder einfach Leute, die generell ihre Meinung sagen. Das ist eine Art „Mantelschutz“ von Comedy oder Satire. Ansonsten hätte ich meinen YouTube-Kanal sicher nicht mehr, sondern wäre schon lange gelöscht. Da ich es als Künstler in Witze verpacke, bin ich geschützt. Es ist ja auch mein Anspruch, dass es lustig ist, schließlich bin ich immer noch Comedian. Es war nie meine Intention, politisch zu werden. Eigentlich wollte ich entspannt die nächsten fünf Jahre Witze machen und damit reich werden.
Obwohl ich deutlich mehr Freiheit habe als andere Leute, ist es dennoch jedes Mal ein Spießrutenlauf. TikTok löscht sehr viele Videos von mir. Facebook hat mich im Algorithmus gedrosselt, sodass meine Videos vielen nicht angezeigt werden. Auf Instagram bin ich shadow-banned. Das heißt, dort findet man mich nicht, bis man meinen Namen vollständig ausgeschrieben hat. YouTube hat mein vorletztes Video für Deutschland unzugänglich gemacht. Daher lagere ich aktuell alles auf Odysee aus.
Das ist wie ein Katz-und-Maus-Spiel. Andere Comedians, die diese Themen nicht behandeln, haben es da deutlich einfacher. Ich hoffe, in Zukunft werden alternative Plattformen mit mehr Freiheit von der Mehrheit angenommen.
Wie etabliert und akzeptiert sind Sie in der Künstlerszene?
Ich würde behaupten, der Großteil der Szene möchte nichts mit mir zu tun haben. Zum Beispiel weiß ich, dass diverse Künstler Veranstalter angeschrieben haben mit dem Hinweis, wenn ich auftrete, werden sie nicht mehr auftreten. Das passierte relativ häufig.
Gab es dazu mal eine persönliche Aussprache mit denjenigen?
Nicht ein Mal. Einigen Comedyclubs, die mich gesperrt haben, habe ich Nachrichten geschrieben. Aber das wurde einfach ignoriert. „Night Wash“ waren die Einzigen, die es ganz offiziell gemacht haben. Allerdings hat noch keiner von denen mit mir geredet, die sagten, „wenn Nikolai auftritt, trete ich nicht auf“. Also ich wäre jederzeit für ein Gespräch bereit, aber das ist anscheinend nicht gewollt.
Kritiker werden medial schnell geframt. Sie wurden auch schon als Comedian der neuen Rechten bezeichnet. Was halten Sie davon und wie ist Ihre grundsätzliche politische Einstellung?
Das ist wirklich absurd. Ich sehe mich immer noch als unpolitisch. Ich habe eine ganz klare Haltung zu den Corona-Maßnahmen. Ebenso zu vielen Themen verschiedene Haltungen. Ich glaube, mancher wäre überrascht, was ich so denke. Ich kann mich weder mit dem einen noch mit dem anderen Lager in irgendeiner Form richtig identifizieren. Ich denke halt, auf beiden Seiten gibt es schlaue Leute und auf beiden Seiten gibt es schlaue Ansichten, ebenso viele Streitpunkte. Ich könnte niemals sagen, ich bin rechts oder ich bin links. Ich nehme mich selber tatsächlich immer noch als relativ unpolitisch war.
Obwohl Ihre Inhalte ja höchst politisch sind.
Super politisch. Also ich kann so viel sagen: Ich mag zum Beispiel die Grünen nicht. Dass deren Energiepolitik vorne und hinten nicht klappt, kann, glaube ich, jeder sehen. Vielmehr kann es richtig in die Hose gehen und Energie wird plötzlich absurd teuer. Zum Beispiel die CO2-Steuer. Selbst wenn wir von einem menschengemachten Klimawandel ausgehen, bringt es auch nichts, CO2 teurer zu machen. Ich glaube nicht, dass es klappt, dadurch weniger CO2 auszustoßen. Und davon gibt es viel mehr, deshalb mache ich mich gerne über die Grünen lustig.
Ansonsten war ich vor Corona null politisch. Ich habe nur ein bisschen politische Korrektheit auf den Arm genommen. Das war mir schon immer ein Anliegen, weil politische Korrektheit für mich in großen Teilen eine Geisteskrankheit ist. Den Vorwurf mit der „neuen Rechten“ finde ich schon fast lustig, weil es so fern von meiner Realität ist.
Neben den genannten Transgender-Inhalten ziehen Sie auch Vergleiche zur NS-Zeit. Wollen Sie mehr Aufmerksamkeit dafür schaffen?
Auch wenn ich sehr gerne provoziere, finde ich, dass gerade wir mit unserer Geschichte eine Verantwortung haben, daraus zu lernen. Und wenn eine gewisse Gruppe ganz klar ganz radikal ausgeschlossen wird, plötzlich Begriffe benutzt werden wie „Tyrannei der Ungeimpften“ – dann wird in der „Tagesschau“ gesagt: „Ja, vielen Dank an alle Ungeimpften...“ Wo also wirklich ganz klar Spaltung betrieben wird, Ungeimpfte nicht mehr am öffentlichen Leben teilnehmen dürfen, warum sollte man da keine Parallelen ziehen dürfen? Ich habe das Gefühl, manche Leute verstehen nicht den Unterschied zwischen Parallelen aufzeigen und etwas gleichzusetzen. Ich sage ja nicht, dass es genau das Gleiche ist wie das, was damals passierte. Aber es gibt ganz gewisse Dynamiken, die man sehr gut auf heute übertragen kann. Ich finde, man sollte nicht davor zurückschrecken, das Kind beim Namen zu nennen. Ich denke, wenn wir aus der Geschichte lernen sollen, dann müssen wir auch dahin gucken.
Kann man Ihr Erleben aus der Künstlerszene in die Gesellschaft übertragen? Wie ist es bei Ihnen mit Familie und Freunden?
Mit Familie und Freunden ist es bei mir Gott sei Dank alles sehr, sehr gut. Es gibt in der Familie welche, die geimpft sind und alles ist in Ordnung. Ich habe kein Problem, wenn jemand andere politische oder medizinische Entscheidungen für sich trifft. Das soll jeder für sich abwägen. In meinem Freundeskreis haben ebenfalls alle kein Problem damit. Klar betrifft die Situation unser Leben, aber wir machen keinen Kampf daraus. Wenn Du diese Entscheidung triffst und Du diese, dann ist das ok.
Aber das, was mir auf der künstlerischen Ebene passiert ist – klar, das passiert millionenfach in Deutschland. Sowohl in Familien als auch in Freundeskreisen. Mir schrieben Omas und Opas, dass sie nicht zu Weihnachten eingeladen werden, weil sie ungeimpft sind. Grade, dass Ungeimpfte von ihrer Familie nicht zu Weihnachten eingeladen wurden, habe ich ziemlich oft gehört. Und das sind ja nur die Fälle, von denen ich höre. Wie viele sind es dann wirklich? Das ist ja nur die Spitze des Eisbergs.
Diese Dynamik, Kontakt abbrechen zu wollen und nicht miteinander in Dialog zu treten, das wird ganz schön befeuert. Vor allem medial. Ich glaube, das ist auch eine sehr deutsche Struktur. Es herrscht teilweise eine sehr starke Rigorosität und Mitmach-Mentalität. Wenn Du bei bestimmten Sachen nicht mitmachst, nicht dabei bist, dann bist du ein schlechter Mensch. Das scheint irgendwie eine Dynamik zu ein, die bei uns in der Gesellschaft immer wieder befeuert wird.
Wie kommen wir aus den Missständen in der Gesellschaft wieder heraus? Ist Comedy der richtige Weg oder bewegt es die andere Seite, noch mehr Abstand zu nehmen?
Das ist eine sehr gute Frage, die ich mir auch schon gestellt habe. Trägt das, was ich mache, vielleicht sogar zur Spaltung bei? Ich habe noch keine abschließende Antwort gefunden. Aber am Ende meiner Videos sage ich meistens: „Leute, egal ob ihr geimpft oder ungeimpft seid, lasst euch nicht spalten, haltet zusammen.“ Ich finde den Tonfall der Personen in hohen Positionen von Medien und Politik heftig. Es sind ja nicht alle Geimpften der Meinung, dass die Ungeimpften blöd sind oder umgekehrt. Das sind nur diejenigen, die sich als deren Sprecher hinstellen und auf die andere Seite einhacken.
Am Ende des Tages, glaube ich, ist Comedy und Kunst- und Meinungsfreiheit auf jeden Fall wichtig. Dass Leute ihre Meinung sagen dürfen, dass die Gegenseite gehört wird, dass die Gegenseite nicht von etablierten Plattformen geworfen wird. Am Ende müssen wir wieder einen Dialog ermöglichen und die Gegenseite nicht einfach verbannen. Denn streiten kann auch produktiv sein. Am Ende kann man sich trotzdem wieder im Arm liegen oder die Hände geben, obwohl man andere Ansichten hat. Genau das versuche ich auch mit Comedy.
Vielen Dank für das Interview.
Das Interview erschien in gekürzter Fassung zuerst in der Druckausgabe Nr. 30 vom 5. Februar 2022.
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