Am 13. und 14. Dezember planen Bauern aus ganz Europa nach Brüssel zu fahren, um dort für Ihr Überleben zu kämpfen. Derzeit protestieren die Landwirte auch vor mehreren Edeka-Zentrallagern, wie dem in Wiefelstede, wo wir mit Stefan Wendtland sprachen, Vorstandsmitglied des LSV-Deutschland, der den Protest in Brüssel mitorganisiert hat. Ein Interview von Rebecca Sommer.
Rebecca Sommer: Am 13. und 14. Dezember soll eine große europäische Demonstration der Landwirte in Brüssel stattfinden. Du bist einer von denen, der von LSV-Deutschland das mitorganisiert. Magst Du uns davon berichten, auch über die Schwierigkeiten oder die positiven Seiten, wie ihr mit Landwirten aus Griechenland und Polen zusammenarbeitet und kommuniziert?
Stefan Wendtland: Die Sprachbarriere ist gar nicht so groß. Ich bin Landwirt aus Norddeutschland und wir haben angefangen, uns mit den Holländern zu unterhalten. Da ist die Sprachbarriere gar nicht so groß. Mein Kollege Klaus aus Bayern, der hat da schon eher mal ein bisschen Probleme. Aber nein, wir sprechen Englisch.
Wir haben schon mal tatsächlich einen Dolmetscher in der Runde gehabt, als wir Franzosen und Belgier dabei hatten. Aber wie gesagt, wir können gut miteinander sprechen. Wir wollen alle das Gleiche und sitzen im selben Boot.
Gefunden haben wir uns, als uns irgendwann die Holländer von FDF (niederländische Aktionsgruppe Farmers Defence Force) eingeladen haben. Einige aus unserem Vorstand sind mit einem Kollegen dahin gefahren. Ich selber hatte an dem Tag leider keine Zeit und da ist diese Idee für den Brüsselprotest entstanden.
Die Polen sind auch ganz stark vertreten. Der EU-Agrarkommissar ist ein Pole. Die Landwirte sind aber mit seiner Politik überhaupt nicht einverstanden. Bei ihnen arbeiten noch ungefähr 20 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft. Auch Iren, Dänen und Franzosen werden beim Protest dabei sein.
Das ist die größte Demonstration dieser Art komplett über Europa organisiert. Ich hoffe, dass wir zeigen können, was wir können, denn gerade der Green Deal wird ohne die Landwirte nicht funktionieren. Das ist die Hauptaussage dieser Demo. Wir fahren da nicht hin, um gegen etwas zu sein. Wir wollen mitgestalten, ohne uns geht es nicht und das wollen wir in Brüssel zeigen.
Rebecca Sommer: Die EU erschafft Gesetze und Richtlinien, die dann in jedem einzelnen europäischen Land implementiert werden. Wer vertritt eigentlich die deutschen Bauern in der EU, in Brüssel?
Stefan Wendtland: Das frage ich mich auch. Gestern war der 17. 11., das ist der Tag, an dem die deutsche Selbstversorgung überschritten war. Also ab dem 18. sozusagen ist der erste Tag, wo wir uns in Deutschland nicht mehr mit unserer Landwirtschaft selber ernähren können.
Und wir können das auf Dauer nicht aus anderen Ländern holen. Das ist eine ziemliche Ausbeutung, die wir da machen und deswegen sitzen wir alle in einem Boot mit unseren Berufskollegen aus den anderen EU-Ländern. Ich habe mehrfach mit denen gesprochen. Wir haben alle die gleichen Probleme.
Rebecca Sommer: Was genau sind die Probleme in den anderen Ländern?
Stefan Wendtland: Dort können die Landwirte eben auch nicht von ihrer Arbeit leben. Das ist das Problem, das uns alle eint. Es wird dann immer woanders hingeschaut, der kann es dann immer billiger. Aber der Landwirt in Polen muss auch von seiner Arbeit leben. Und das kann er eben im Moment auch nicht.
In den Gesprächen mit den Berufskollegen in Europa streben wir Nahrungsmittelsouveränität an. Wir wollen unsere Bevölkerung ernähren, das haben wir seit 1945 geschafft. Wir haben Frieden in Europa gehabt, und das, weil wir satt sind.
Wenn wir unsere Nahrungsmittelsouveränität nicht mehr haben, wie zum Beispiel in dieser Corona-Pandemie bei einigen Dingen, wie zum Beispiel Masken, Pillen, dann kommen Riesen-Probleme auf uns zu. Ich habe immer noch die Bilder vor Augen, wie sich die Leute um Klopapier kloppten. Ich möchte nicht erleben, wenn es um was zu Essen geht.
Rebecca Sommer: Ernährungssouveränität, das hat etwas mit Land und Volk zu tun. Letztendlich will wahrscheinlich der polnische Bauer vor allen Dingen erstmal seine Region, seine Leute im Umfeld ernähren?
Stefan Wendtland: Grundsätzlich ja. Wie hier in Niedersachsen und in Schleswig-Holstein wachsen Bananen ziemlich schlecht. Dafür können wir hier besser Kartoffeln anbauen, Milch produzieren oder Schweinefleisch. Dass es einen gewissen Welthandel gibt, ist ja vollkommen in Ordnung, das ist normal.
Und das ist auch ein Thema von uns heute. Wir verlangen eine klare Herkunftslandkennzeichnung. Wir wollen nichts aus Ländern, wo etwas mit Pflanzenschutzmitteln erzeugt wird, die hier seit 30 Jahren aus guten Gründen verboten sind.
Rebecca Sommer: Was wird das Hauptthema sein für die Demonstration in Brüssel?
Stefan Wendtland: Also ganz klar der Green Deal. Eine nachhaltige Lebensmittelproduktion und Landwirtschaft funktioniert nur mit uns Bauern. Wir Bauern haben die Lösungen und wissen, wie es geht. Mit uns muss man sprechen, statt, dass uns einfach etwas von Brüssel übergestülpt wird, was am Ende wieder kontraproduktiv ist.
Der Text zum Interview wurde zum besseren Verständnis redaktionell bearbeitet und gekürzt.
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