Die Südthüringer CDU hatte den ehemaligen Verfassungsschutz-Präsidenten Hans Georg Maaßen Ende April als Direktkandidaten für die Bundestagswahl aufgestellt. Von 86 Prozent der Delegierten wurde er dann gewählt. Seitdem begleitet ihn ein Wechselbad von Anfeindungen und Zustimmung.
Kritiker werfen ihm vor, sich nicht klar genug gegen Rechtsaußen-Positionen abzugrenzen. In Südthüringen setzt man jedoch große Hoffnung in den Kandidaten der CDU. Dort hat man Angst vor einer Wiederbelebung sozialistischer Verhältnisse, die man noch allzu gut aus der DDR kennt. Im Gespräch mit Epoch Times wird deutlich, dass der Rheinländer genau an diesem Punkt ansetzen will.
Epoch Times: Herr Dr. Maaßen, Sie kritisieren öffentlich die Merkel-Politik und müssen doch für die CDU auch werben. Wie passt das zusammen?
Hans-Georg Maaßen: In der Tat ist es natürlich ein Spagat, den man derzeit machen muss, den auch viele andere Wahlkämpfer machen müssen, weil man an allen Wahlständen hört: Wieso soll man überhaupt noch CDU wählen nach der Merkel-Politik?
Bei mir in Süd-Thüringen ist es derzeit so, dass viele Menschen zu mir sagen: „Herr Maaßen, wir finden Sie sehr gut. Wir möchten Sie wählen und Sie haben unsere Erststimme. Aber wir sind nicht zufrieden mit der CDU. Wir sind nicht zufrieden mit der Politik von Angela Merkel. Und wir sind enttäuscht, dass Armin Laschet das fortsetzen will.“
Gleichwohl werbe ich dafür mit der Zweitstimme Armin Laschet zu wählen, und zwar aus folgendem Grund: Wir haben es auf der einen Seite mit einem Links-Block von SPD, Grünen und der SED, die sich heute die LINKE nennt, zu tun. Diese drei Parteien würden gerne die Bundesregierung stellen.
Die Landesregierung in Erfurt ist schon Rot-Rot-Grün. Die Stadtregierung in Berlin unter Bürgermeister Müller ist Rot-Rot-Grün. Da wird Verheerendes angerichtet. Man merkt es Schritt für Schritt: der Abbau der Infrastruktur, dass Kinder in Schulen mehr und mehr indoktriniert werden. Das ist ein schleichender Übergang in den Sozialismus, den diese Regierungen mit uns vorhaben.
Teilweise sind das nette, freundliche Herren, die als Vorzeigepersonen in Erscheinung treten. Dahinter stehen linientreue Linke und linientreue linke Sozialdemokraten, die eine Umgestaltung unseres Staates wollen.
Und dann sage ich bei den Wahlkämpfen: „Liebe Wähler, wollt ihr wirklich wieder in den Sozialismus, den ihr im Osten Deutschlands kennt, wo euch andere Leute vorschreiben, wir ihr zu sprechen habt, ob ihr Gender-Deutsch sprechen müsst, wie ihr eure Kinder zu erziehen habt, ob ihr mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren müsst oder, weil ihr privilegiert seid, ein Auto fahren dürft? Wollt ihr das wiederhaben?“
Und all das versteckt sich hinter dem Sozialismus einer SPD und der Grünen. Es geht darum: Wollt ihr Sozialismus oder wollt ihr Freiheit?
ET: Wenn Sie mir die augenblickliche politische Situation in Deutschland schildern würden, was würden Sie da herausheben? Wie wirkt das auf Sie?
Maaßen: Auf mich wirkt Deutschland leider wie ein zutiefst gespaltenes Land. Die Spaltung spüre ich schon seit einigen Jahren. Ein Hauptgrund war aus meiner Sicht die Migrationspolitik. Ein Teil der Bevölkerung identifizierte sich mit dem humanitären Gedanken und der andere Teil der Bevölkerung, der eher realistisch gesonnen ist, sagt: „Das kann nicht richtig sein. Das funktioniert nicht.“
Diese Spaltung der Gesellschaft in dieser Frage hat weiter zugenommen. Erstaunlicherweise betrifft das die gleichen Bevölkerungsanteile, die sich im Bereich der Corona- und Finanzpolitik sowie in vielen anderen Politikbereichen gegnerisch gegenüberstehen. Die Spaltung ist tiefer geworden, der Graben breiter. Man redet nicht mehr miteinander.
Wenn Sie auf das letzte Vierteljahr zu sprechen kommen, würde ich sagen, diese Entwicklung hat sich dann auch im Wahlkampf fortgesetzt.
ET: Was würden Sie nach den Wahlen als wichtigste Punkte für einen Neustart sehen? Sagen wir mal, jetzt nur als Spiel: Sie könnten morgen Bundeskanzler werden. Was wären die wichtigsten Sachen, kurzfristig und langfristig, die Sie anpacken würden, auf einen neuen Weg bringen würden?
Maaßen: Wissen Sie, was mir jetzt in der Politik am meisten fehlt, ist Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit. Ich glaube, das hat auch zu der großen Spaltung unserer Gesellschaft geführt.
Dass es in Deutschland Verschwörungstheoretiker gibt, liegt nicht daran, dass die Leute plötzlich verrückt werden, sondern daran, dass sich viele Menschen Fragen stellen, die von der Politik nicht beantwortet werden.
Wir haben mittlerweile Journalisten in der Hauptstadt, die sich nicht trauen, diese Fragen zu stellen. Wie kommt es, dass wir immer über Inzidenzen reden und nicht über Todesfälle? Wie kommt es, dass trotz aller Maßnahmen und hoher Impfquoten trotzdem noch über Lockdowns philosophiert wird und weitere Maßnahmen von der Politik beschlossen werden?
Ich erwarte in der Politik als Allererstes, dass sie gegenüber dem Wähler wahrhaftig ist. Der Wähler ist nicht einfach nur ein Bürger, sondern er ist der Arbeitgeber der Politiker. Es muss Kassensturz betrieben und eine Bilanz und Analyse des Politischen gezogen werden – und es muss in aller Offenheit, in aller Transparenz und aller Wahrhaftigkeit geschehen.
ET: Beim Blick auf die Kanzlerkandidaten, was ist da zu erwarten?
Maaßen: Man kann den Umfragen nicht wirklich trauen. Bei der letzten Landtagswahl in Sachsen-Anhalt waren die Umfragen ganz anders als das Ergebnis. Das zeigt, dass Umfragen nicht wirklich belastbar sind. Vor Monaten hat man nur von zwei Kandidaten gesprochen: von Armin Laschet und Annalena Baerbock. Olaf Scholz hatte man eigentlich gar nicht mehr auf dem Radarschirm.
Das hat sich jetzt grundlegend geändert, aber nicht deshalb, weil Olaf Scholz in der Zwischenzeit besonders herausragende Leistungen erbracht hat. Das hat sich dadurch geändert, dass die Medien den einen hochschreiben und den anderen niederschreiben, wie es ihnen beliebt. Ob die Bürger am 26. September darauf hereinfallen werden, ist eine andere Frage.
Ich glaube, wir müssen mit allen drei Kandidaten rechnen. Es kann durchaus noch passieren, dass Annalena Baerbock wieder hochgeschrieben wird, weil sie einem Kind über den Kopf streichelt oder aus welchem Grund auch immer. Bei den Medien in Deutschland ist alles zu erwarten. Aber ich denke mir, wenn Annalena Baerbock oder Olaf Scholz Kanzler werden, wird es eine linke Politik, eine ökosozialistische Politik geben.
Auf der anderen Seite steht Armin Laschet als Vertreter des Bürgertums und einer bürgerlichen Koalition. Ich hoffe, dass es dann eine Koalition gibt, in die sich die CDU und die CSU zu 80 Prozent einbringen. Und dass es dann grundlegende politische Veränderungen gibt, und zwar Weichenstellungen für die nächsten Jahre, damit Deutschland einen neuen Kurs einnimmt. Ich bin überzeugt, wenn Deutschland auf diesem Kurs weiterfährt, werden wir irgendwann mal an der Wand landen.
ET: Könnten Sie über diesen Kurs noch etwas detaillierter sprechen?
Maaßen: Was mir an unserer Politik fehlt, ist nicht Konservatismus. Mir wird immer nachgesagt, ich sei konservativ. Ich empfinde mich nicht als konservativ, auch wenn ich Anzug und Krawatte trage. Ich empfinde mich als einen Realisten. Insoweit erwarte ich von der Politik, dass sie realistische politische Ziele verfolgt und keine ideologischen.
Und der Unterschied dazwischen ist, dass es bei der ideologischen völlig egal ist, ob man verbrannte Erde hinterlässt. Hauptsache das Ziel wird erreicht. Bei der grünen Umwelt- und Klimapolitik will man zum Beispiel 2030 den Verbrennungsmotor abschaffen und dabei ist völlig egal, was für Schäden produziert werden.
Im Thüringer Wald, wo ich jetzt auch kandidiere, sollen Großwindanlagen mit einer Höhe von 247 Metern aufgestellt werden. Das sind keine normalen Großwindanlagen, sondern wesentlich höhere, fast so hoch wie der Berliner Fernsehturm, weil es dort wenig Wind gibt.
Und da interessiert es die Ökologen gar nicht, wie viel Hektar Wald zerstört werden, wie viel Tonnen Beton als Fundament in das Erdreich eingelassen werden. Es interessiert auch nicht, wie die Tierwelt darauf reagiert.
Das Ziel ist dort, auf Teufel komm raus diese Großwindanlagen aufzustellen. Das Gleiche gilt für die Stromtrasse von der Nordsee bis nach Bayern. Auch da ist es völlig egal, was für ökologische Schäden angerichtet werden. Das empfinde ich als eine ideologische Politik.
Ich halte es für ausgesprochen gefährlich, eine Politik zu betreiben, die den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz „Erforderlichkeit, Geeignetheit und Angemessenheit“ nicht beachtet. Ein Grundsatz, den jedes Erstsemester im Jurastudium lernen muss. Das findet bei den Grünen nicht statt. Und auch in Teilen meiner Partei gibt es Leute, die so denken.
Ich trete dafür ein, dass wir politische Ziele realistisch verfolgen und auch noch andere schützenswerte Gesichtspunkte im Blick behalten. Es muss ein ausgewogenes Verhältnis sein.
ET: Es herrscht, wie man immer wieder hört, eine große Unsicherheit in der Bevölkerung. Wo sind denn Felder, wo Sie Mut machen könnten? Und wo holen Sie Ihren eigenen Mut her?
Maaßen: Ich habe im Leben immer wieder nach Herausforderungen gesucht. Und wenn ich Probleme gelöst habe und der Auffassung war, das ist jetzt auf dem richtigen Weg, habe ich weitergemacht.
Wenn man etwas gelöst hat, ist es natürlich schön, die Früchte zu ernten. Ich habe aber immer wieder neue Herausforderungen gesucht. Ich glaube, die jetzige Situation in Deutschland stellt eine sehr große Herausforderung dar – und nicht nur in Deutschland, der gesamte Westen ist in einer Zeit des Umbruchs und in einer politisch-moralischen Krise.
Für mich ist es eine schöne, eine großartige Herausforderung, mitwirken zu können oder zumindest mitwirken zu wollen, diese Krise, in der wir jetzt leben, in die richtige Lösungsrichtung zu führen.
Und Hoffnung kann ich natürlich machen. Wir sind ein großartiges Volk. Wir haben hervorragend ausgebildete Menschen. Allerdings sitzen diese hervorragenden Menschen nur zu einem sehr, sehr geringen Teil im Parlament. Darum sage ich auf einem sehr großen Wahlplakat: „Wir brauchen in Deutschland Fachkräfte, aber nicht nur im Handwerk, sondern auch im Parlament.“
Wir haben sehr, sehr viele gute Leute. Geht auch in die Politik! Äußert euch! Macht es so, wie die Linken es getan haben: Geht in die Parlamente, erhebt eure Stimme und setzt euch für eure Interessen und die Interessen eurer Kinder und Enkelkinder ein. Ihr könnt nicht davon ausgehen, dass andere euch die Arbeit abnehmen werden und schon gar nicht die Linken.
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