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Shanghaier Haftanstalt bezeichnet Zwangsarbeit als Ausbildung im „Kunsthandwerk“

Durch den Kontakt mit Kunst-Objekten solle die Gefühlswelt der Insassen stimuliert sowie ihr "Verhalten verbessert" werden, heißt es auf der Gefängnis-Website.

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Strafgefangene im Gefängnis Shanghai.

Foto: China Photos/Getty Images

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Lesedauer: 3 Min.

Auf seiner Website stellt sich das Qingpu-Gefängnis in Shanghai als moderne Haftanstalt dar – mit ansprechender Architektur und Bildungsangeboten für die internationalen Insassen. Doch ehemalige Häftlinge werfen der Gefängnisleitung vor, ausländische Insassen zur Zwangsarbeit in einer Fabrik zu verpflichten. Die britische Supermarktkette Tesco stoppte am Sonntag die Produktion von Weihnachtskarten in der chinesischen Fabrik, nachdem die „Sunday Times“ über einen Hilferuf mutmaßlicher Insassen des Gefängnisses berichtet hatte.
Es war nicht das erste Mal, dass die Haftanstalt in die Schlagzeilen geriet. Der Verfasser des „Sunday-Times“-Artikels, der britische Journalist Peter Humphrey, beschrieb vergangenes Jahr bereits in der „Financial Times“ die Zustände in dem Gefängnis als desaströs. Humphrey war 2015 selbst für neun Monate dort inhaftiert – auf der Basis „erfundener Vorwürfe“ und ohne Gerichtsverfahren, wie er sagt.
In der „Financial Times“ beschrieb Humphrey, wie er und zwölf weitere Insassen seiner Zelle auf stählernen Kojen schlafen mussten. Die Deckenbeleuchtung war demnach Tag und Nacht eingeschaltet, die vergitterten Fenster zu jeder Jahreszeit geöffnet. Die 5000 bis 6000 Insassen mussten laut Humphrey Hygieneprodukte und sonstige lebensnotwendige Produkte selbst erwerben.

Menschenrechtsverstöße im Gefängnis-Produktionsbetrieb

Vor allem aber warf Humphrey dem Gefängnis schon damals erhebliche Menschenrechtsverstöße vor. Die Haftanstalt fungiere als „Unternehmen“, das Produktionsarbeiten für Firmen übernehme. Dafür werden laut Humphrey Insassen als Zwangsarbeiter eingesetzt. Diese Angaben macht auch ein weiterer ehemaliger Insasse, den Humphrey in seinem „Sunday Times“-Artikel zitiert. Dem Journalisten zufolge verdienen die Gefängnisarbeiter höchstens 120 Yuan (15 Euro) im Monat.
Ganz anders präsentiert sich das Gefängnis nach außen. Auf der Website der Haftanstalt war am Montag zu lesen, dass die Insassen aus 40 verschiedenen Ländern stammten, weshalb das Gefängnis eine „rechtmäßige Plattform für kulturellen Austausch“ biete.
Der Website zufolge besteht das insgesamt 20 Quadratkilometer große Gefängnisgelände aus mehreren modernen Gebäuden. Bilder zeigen einen Bau mit gläserner Front vor einer grünen Rasenfläche und einem blauen Himmel. Den Insassen werde ein Bildungsprogramm in den Bereichen „Recht, Moral, Kultur“ sowie in weiteren Kompetenzen angeboten. Neben 500 Polizisten arbeiten demnach auch 51 Psychotherapeuten in der Einrichtung.

Zwangsarbeit verharmlost

Darüber hinaus hätten die Insassen Zugang zu einer „Vielzahl unbezahlbarer kultureller Relikte wie Skulpturen aus Bambus und Jade oder Stickereien“. Durch den Kontakt mit diesen Objekten solle die Gefühlswelt der Insassen stimuliert sowie ihr „Verhalten verbessert“ werden, heißt es auf der Gefängnis-Website. Demnach sind einige Ex-Häftlinge zu „Meistern des Kunsthandwerks“ ausgebildet worden.
Im Abgleich mit den Berichten der Ex-Häftlinge wirken die Angaben des Gefängnisses zynisch. Dem „Sunday Times“-Artikel zufolge produzieren ausländische Insassen des Quingpu-Gefängnisses seit mindestens zwei Jahren Weihnachtskarten, die von Tesco für wohltätige Zwecke vertrieben werden. Auch für die Verpackung der Karten werden die Gefangenen demnach herangezogen.
Eine Tesco-Sprecherin erklärte am Sonntag, das Unternehmen würde „niemals Gefangenenarbeit“ in ihren Lieferketten akzeptieren. Der Einsatz von Gefängnisarbeit verstoße gegen die Unternehmensregeln. (afp)

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