Nobelpreisträgerin Herta Müller engagiert sich für Chinas Dissidenten
„Das mit den ‚Wirtschaftsverbrechen’, das kennen wir alle, die wir aus Diktaturen kommen. Ich bin zwar nie verhaftet worden, aber davor hatte ich immer Angst, dass man mit erfundenen Straftaten beschuldigt wurde. Man hat mich oft genug verhört und viele Vorwürfe frei erfunden wie Schwarzhandel, Prostitution oder Devisenvergehen. Es war nie von Literatur die Rede.“
Kein Blatt vor den Mund nahm Herta Müller, als sie sich bei einer ad hoc angekündigten Veranstaltung im Literaturhaus in der Fasanenstraße in Charlottenburg für Chinas Dissidenten einsetzte. Nicht zufällig geschah das zur selben Zeit, in der Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao in Berlin in der Liebermann-Villa am Wannsee zu Abend speiste.
Zusammen mit Norbert Bisky und Uwe Kolbe las sie vorab aus Ai Weiweis Blogtexten, die am 25. Juli dieses Jahres in deutscher Übersetzung unter dem Titel „Macht euch keine Illusionen über mich. Der verbotene Blog“ beim Verlag Galiani Berlin erscheinen werden.
Zwar wurde der wegen „Wirtschaftsverbrechen“ verhaftete chinesische Künstler Ai Weiwei am 22. Juni überraschend aus dem Gefängnis entlassen, aber nicht in eine wirkliche Freiheit.
Herta Müller forderte für ihn und viele unbekannte Leidensgenossen in China Gerechtigkeit.
„Das ist eine solche Feigheit, man erfindet Dinge, nur um nicht etwas zu hören, was die Partei betrifft oder damit man nicht über das Gesellschaftssystem reden muss.“
Sichtlich bewegt und von den Erinnerungen erschüttert hatte sie zuvor Auszüge aus dem noch unfertigen Buch von Ai Weiwei gelesen.
Abendessen in der Liebermann-Villa
Das Motiv für die Auswahl der Liebermann-Villa am Großen Wannsee zu einem Abendessen mit der Bundeskanzlerin und etlichen Begleitern war nicht zu ermitteln.
Von Max Liebermann, der mit seiner Familie gern die Sommertage malend am Wannsee verbrachte, und der zu den bedeutendsten Vertretern des deutschen Impressionismus zählte, stammte der in Berlin sehr bekannte Ausspruch über die Nationalsozialisten: „Ich kann gar nicht soviel fressen, wie ich kotzen möchte.“
Im Mai 1933 legte er, am Tag nach der öffentlichen Bücherverbrennung, alle seine öffentlichen Ämter nieder und erklärte in der Presse: „Ich habe während meines langen Lebens mit allen meinen Kräften der deutschen Kunst zu dienen gesucht. Nach meiner Überzeugung hat Kunst weder mit Politik noch mit Abstammung etwas zu tun, ich kann daher der Preußischen Akademie der Künste […] nicht länger angehören, da dieser mein Standpunkt keine Geltung mehr hat.“
Er starb 1935 in Berlin.
Seine Frau Martha, mit jüdischen Wurzeln ebenso wie er, brachte sich in Berlin am 10. März 1943 um, nachdem sie ihren Deportationsbefehl nach Theresienstadt erhalten hatte.
Die Meditation von Falun Gong
Mit Diktatur, Bücherverbrennung und Arbeitslagern kennen sich auch die chinesischen Mitglieder der Falun Gong-Bewegung aus, sind sie doch seit 1999 in ihrer Heimat einer Verfolgung ausgesetzt, die ihre „Ausrottung“ zum Ziel hat.
Sie hielten an diesem ersten Besuchsabend eine ruhige Mahnwache ab. An der Straßenkreuzung zum Wannsee standen deutsche und chinesische Mitglieder von Falun Gong mit Spruchbändern. Sie forderten ein Ende des Mordens an Falun Gong in China und ein Gerichtsverfahren gegen die Verantwortlichen der Verfolgung. Manche von ihnen saßen im Lotussitz mit überkreuzten Beinen und meditierten ruhig. Die Polizei hielt einen gebührenden und schützenden Abstand. Bekanntermaßen richtet sich Falun Gong nach Aufrichtigkeit und Nachsicht und baut auf die Kraft der Barmherzigkeit.
Aus aktuellem Anlass sagte ihre Sprecherin Waltraud Ng: „Wir bitten nochmals Frau Bundeskanzlerin Merkel, alle ihre Möglichkeiten auszuschöpfen, um zu einem Ende der Verfolgung von Falun Gong beizutragen.“
Ein Abend in Berlin. (rls)
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