Hongkonger demonstrieren weiter: Merkel ruft erneut zu friedlicher Lösung auf
Trotz einem Zugeständnis der Regierung ist es in Hongkong am Wochenende erneut zu Demonstrationen für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gekommen. Hunderte Demonstranten zogen am Sonntag zum US-Konsulat in der chinesischen Sonderverwaltungszone, um für Unterstützung der Amerikaner zu werben. Zuvor hatten Demonstranten am Samstag Einkaufszentren sowie U-Bahn-Stationen besetzt, wobei es auch zu Zusammenstößen mit der Polizei der chinatreuen Regierung kam.
Allerdings gab es zunächst deutlich weniger Gewalt als am vergangenen Wochenende, als in der früheren britischen Kronkolonie die bislang wohl schwersten Ausschreitungen der seit drei Monaten andauernden Proteste erlebt hatte.
Als Zeichen der Entspannung in Richtung der Protestbewegung hatte Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam am Mittwoch den Entwurf für ein umstrittenes Gesetz für Auslieferungen nach China komplett zurückgezogen, das die Proteste ursprünglich ausgelöst hatte. Mit dem formellen Rückzug erfüllt Lam eine Hauptforderung der Demonstranten. Aktivisten machten aber deutlich, dass ihnen das nicht reicht.
Weitere Forderungen: Rücktritt, Freie Wahlen, politische Reformen
Zu weiteren Forderungen der Demonstranten gehören der Rücktritt der Regierungschefin, eine unabhängige Untersuchung übermäßiger Polizeigewalt, die Freilassung von Festgenommenen und eine Rücknahme des Vorwurfs des „Aufruhrs“, sowie politische Reformen und wirklich freie Wahlen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte zum Abschluss ihres China-Besuches erneut ihre Hoffnung, dass die Konflikte in Hongkong friedlich gelöst werden. Merkel sagte am Samstag in Wuhan, alles andere wäre aus ihrer Sicht „eine Katastrophe“. Man habe ihr bei diesem Thema in Peking „zugehört“. Es sei wichtig, immer wieder im Gespräch zu bleiben.
Sie fügte hinzu, Hongkong stehe zwar derzeit im Vordergrund. Es gebe in China aber auch noch andere Menschenrechtsfragen. Am Freitag hatte sie Gespräche in Peking mit Ministerpräsident Li Keqiang und Staats- und Parteichef Xi Jinping geführt, in denen auch die Proteste in Hongkong Thema waren.
Chinas Premier gab sich mit Blick auf die Lage in Hongkong zurückhaltend. Die Zentralregierung unterstütze die Regierung dort, „Gewalt und Chaos“ im Rahmen der Gesetze zu beenden, sagte er.
Die frühere britische Kronkolonie wird seit der Rückgabe 1997 an China in ihrem eigenen Territorium mit einem eigenen Grundgesetz nach dem Prinzip „ein Land, zwei Systeme“ autonom regiert. Die Hongkonger stehen unter Chinas Souveränität, haben aber – anders als die Menschen in der kommunistischen Volksrepublik – mehr Rechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Viele fordern auch freie Wahlen, wie es ihnen einst in Aussicht gestellt worden war.
Aktionen am Airport Hongkong
Mit einem Großaufgebot verhinderte Hongkongs Polizei am Samstag einen neuen Protest am Hongkonger Flughafen. In Erwartung von Demonstranten, die sich für eine Protestaktion über das Internet verabredet hatten, reagierte die Polizei mit erhöhten Sicherheitsmaßnahmen. Hunderte Bereitschaftspolizisten patrouillierten am Flughafen und in der Umgebung, wie eine Reporterin von dpa berichtete.
Auch der Verkehr zum Flughafen wurde streng überwacht. Beamte stoppten zahlreiche Autos und Busse, die in Richtung des Flughafens unterwegs waren. Statt am Flughafen versammelten sich Demonstranten in anderen Teilen der Stadt.
Demonstranten fordern Herausgabe der Überwachungs-Videos
Ein Brennpunkt war dabei die U-Bahn-Station Prince Edward, wo Demonstranten am Samstag die Herausgabe von Überwachungs-Videos forderten und eine Barrikade in Brand setzten. Die Polizei reagierte mit Pfefferspray. Nachdem es bereits am vergangenen Samstag an der Station zu Ausschreitungen gekommen war, machten Gerüchte die Runde, dass dabei einige Protestierende ums Leben gekommen seien.
Die Polizei versicherte daraufhin jedoch mehrfach, dass es seit Beginn der Protestwelle Anfang Juni keine Todesfälle gegeben habe. Es handele sich um „böswillige Online-Gerüchte“. Dennoch legten Demonstranten Blumen vor der Station nieder. (dpa)
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