Hongkong in Pekings Hand? – Demokratie-Aktivisten planen Proteste zum Xi-Besuch
Vor 20 Jahren wurde Hongkong zur chinesischen Sonderverwaltungszone. Für die folgenden 50 Jahre garantierte Peking 1997 der ehemaligen britischen Kronkolonie einen Status, der den Einwohnern Rechte und Freiheiten gibt, von denen ihre Landsleute in der Volksrepublik weit entfernt sind.
Entsprechend genau beobachtet Peking die politischen Umtriebe in der Stadt, die unter der Maxime „Ein Land, zwei Systeme“ regiert wird – und mischt sich nach Ansicht der Opposition immer ungenierter ein.
Xis Jubiläumsbesuch am 1. Juli geplant
Die Übergabe an China fand nach jahrelangen Verhandlungen am 1. Juli 1997 statt. Wenn Chinas Staatspräsident Xi Jinping am Donnerstag anlässlich des Jubiläums erstmals seit seinem Amtsantritt Hongkong besucht, wird er in eine tief gespaltene und verunsicherte Stadt kommen.
Sorgen über den Erhalt des halbautonomen Status und die bislang mühevoll bewahrten Freiheiten sind in den vergangenen Jahren stetig gewachsen, hinzu kommen steigende Lebenshaltungskosten, schwindelerregende Mieten und das Gefühl von Festland-Chinesen regelrecht überrannt zu werden.
Peking-treue Politiker in Hongkong – Aktivisten planen Proteste zu Xi-Besuch
Sinnbildlich für Pekings wachsende Einflussnahme ist die geplante Amtseinführung der ehemaligen Karrierebeamtin Carrie Lam zu Hongkongs neuer Regierungschefin am 1. Juli. Ein mehrheitlich Peking-treues Komitee hatte sie im März gewählt.
Die Demokratie-Aktivisten machen Front gegen Lam. Gegen Xis Besuch kündigten sie nach ersten Aktionen in den vergangenen Tagen weitere Proteste an.
Demokratie-Aktivist fordert Referendum über „Zukunft der Stadt“
Der Demokratie-Aktivist Joshua Wong sieht seine Stadt am Scheideweg. „Die Einzigartigkeit Hongkongs und der politische Status meiner Stadt sind bedroht“, sagt Wong, einer der Anführer der „Regenschirm-Bewegung“, die 2014 für politische Reformen kämpfte.
Bei den sogenannten Regenschirm-Protesten hatten zeitweise zehntausende Menschen mehr Demokratie und freie Wahlen in Hongkong gefordert. Peking sah sich durch den bunten Protest bedroht. (Lesen Sie HIER: Gewalt in Hongkong: Polizei räumt Demonstrationsorte mit Pfefferspray und Schlagstöcken (VIDEO))
Wong möchte ein Referendum über die Souveränität Hongkongs im Jahr 2047, wenn die Sonderregelung ausläuft. Die Menschen müssten über die „Zukunft der Stadt“ selbst entscheiden, ein Recht, das ihnen im Vorfeld der Übergabe 1997 genommen wurde.
Unabhängigkeitsbefürworter im Parlament ausgeschlossen
Doch für Peking sind derartige Rufe nach Selbstbestimmung ein rotes Tuch. Kommen sie auf, greifen die Kommunisten schon heute mehr oder weniger hart durch.
Im Parlament ist die große Mehrheit der Abgeordneten Peking-treu. Zuletzt wurde zwei junge Abgeordnete ausgeschlossen, die zum Lager der Unabhängigkeitsbefürworter gehörten.
Die beiden Politiker Yau Wai Ching und Sixtus Leung hatten sich geweigert, den Eid auf Hongkong als Teil Chinas zu leisten. Sie provozierten zudem bei der offiziellen Vereidigung im Oktober mit einem Spruchband, auf dem „Hongkong ist nicht China“ zu lesen war.
Der Volkskongress in Peking beschloss daraufhin eine Interpretation des Grundgesetzes von Hongkong, wonach der Eid verpflichtend ist.
Peking-treu Abgeordnete sehen Autonomiestatus Hongkongs nicht gefährdet
Peking-treue Abgeordnete und Behördenvertreter sehen den Autonomiestatus Hongkongs dagegen nicht in Gefahr. Regina Ip von der New People’s Party ist der Ansicht, dass das halbautonome System „standhält“.
Felix Chung von der Liberalen Partei sieht die Wirtschaft seiner Stadt unter Pekings Führung gar stärker prosperieren als unter britischer Herrschaft. „Die Zentralregierung hat uns eine Menge Freiheiten gegeben – sie haben nicht zu viel Kontrolle über Hongkong ausgeübt.“
Politische und Gesellschaftliche Spaltung in Hongkong allgegenwärtig
Allerdings können sich auch die Peking-Getreuen in der Stadt mit der imposanten Wolkenkratzer-Skyline nicht der Tatsache verschließen, dass die politische und gesellschaftliche Spaltung zunimmt.
Um diese zu überwinden, seien jedoch Kompromisse nötig: „Wenn man Demokratie in einem Sinn will, dass Peking dabei ausgehebelt wird, ist das kein Einstieg“, sagt Ip.
Neben dem wachsenden politischen Einfluss sind es vor allem wohlhabende Chinesen, die Hongkong verändern, mit ihrem Geld fluten, sei es als Touristen auf der Jagd nach Luxuswaren oder als Investoren auf dem Immobilienmarkt.
Wohnungseigentum in der Stadt ist für einen normalen Hongkonger längst unerschwinglich. Die Immobilienpreisen zählen zu den höchsten weltweit.
Das, was Peking-Gegner „Mainlandisation“ (etwa: Übernahme durch Festlandchina) nennen, schürt jenseits von ideologischen Standpunkten über politische Grenzen hinweg sozialen Unmut und den Wunsch nach Wandel. (afp)
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