China: Folteropfer schreibt Hilferufe auf Zettel in Primark-Socken

Versteckt in Baumwollsocken von Primark tauchten dieser Tage gleich zweimal Hilferufe eines Folteropfers aus China auf. Der Modekonzern will damit nichts zu tun haben und spricht von einem gefälschten PR-Gag. EPOCH TIMES forschte nach und fand Hinweise, dass die Briefe echt sind.
Titelbild
Gleich zweimal tauchten in den letzten zwei Wochen Botschaften eines gefangenen Chinesen in Primark-Socken auf.Foto: Letter: Courtesy of Lucy Kirk / Peter Macdiarmid/Getty Images
Von und 23. Dezember 2015

Derzeit werde ich mit Gewalt im Lingbi Internierungslager festgehalten. Ich wurde körperlich und seelisch schwer gefoltert und geschädigt!", diese Botschaft fand in Großbritannien dieser Tage ein Primark-Kunde in einem Paar Socken, kleingefaltet auf einem Zettel geschrieben. Absender ist ein Mann, der sich Ding Tingkun nennt. Am 22. Juni dieses Jahres schrieb er den Brief mit schwarzem Fineliner auf liniertes Papier. Die Daily Mail berichtete am 21. Dezember über den Fund, den Shahkiel Akbar aus Newcastle machte.

Zehn Tage vor Akbars Entdeckung fand der Vater von Lucy Kirk aus Huddersfiel eine ähnliche Notiz ebenfalls in Primark-Socken: Wieder schrieb Ding Tingkun, diesmal am 29. Juni. „Meine Frau wird zwangsweise in einer psychiatrischen Klinik festgehalten … mein Vater wurde im Krankenhaus von Damiao am 22. Mai 2014 ermordet!", hieß es dort. Und auch darin war von korrupten Beamten die Rede, die ihn falsch beschuldigt und verurteilt hätten. 

Der Brief im Wortlaut:

Mein Name ist Ding Tingkun, männlich, 39. Adresse: Anhui-Provinz, Stadt Suzhou, Lingbi, Bezirk Damiao, Dorf Shatan, sechstes Kollektiv.

Weil ich nach Peking ging, um ehrlich den nationalen Regierungschefs über korrupte Polizeibeamte zu berichten, die ihre Pflicht verletzen und offen Mafiabanden und Kriminelle schützen, wurde ich fälschlicherweise des Betrugs und der Erpressung beschuldigt und durch die Polizeistation von Lingbi, Damiao Bezirk, deren Chefs Gu Min , Jiang Guangzhao usw. illegal am 29. Juni 2014 vom Lingbi Volksgericht zu drei Jahren Gefängnis verurteilt.

Danach wandte ich mich ans Mittlere Volksgericht Suzhou.

Am 19. Mai 2015 kippte das Mittlere Volksgericht von Suzhou die Entscheidung des Lingbi Volksgerichts. Die Details seien unklar, und es gebe nicht genügend Beweise. Der Fall müsse neu bewertet werden.

Derzeit werde ich mit Gewalt im Lingbi Internierungslager festgehalten. Ich wurde körperlich und seelisch schwer gefoltert und geschädigt!

Wer diesen Brief findet, bitte geben Sie ihn an die nationalen Regierungschefs Präsident Xi Jingping und Premier Li Keqiang weiter oder veröffentlichen sie ihn durch Journalisten und Medien!

Vielen Dank!

Meine Frau und ich wurden beide gelähmt.

Kläger: Ding Tingkun

22. Juni 2015, Ling“

Wie einst an Halloween

Der Zettel hat große Ähnlichkeit mit dem Gefängnis-Brief, den eine Amerikanerin 2013 in Halloween-Dekoartikeln fand. Damals wurde in gebrochenem Englisch aus dem berüchtigten Masanjia-Frauenarbeitslager im Nordosten Chinas berichtet, wo extreme Formen von Folter entwickelt wurden, um Anhänger der buddhistischen Qigong-Meditation Falun Gong geistig zu „transformieren“ und ihren Willen zu brechen. Über Masanjia gibt es zahllose Berichte überlebender Frauen.

Die Halloween-Botschaft weckte damals Aufmerksamkeit für Menschenrechtsverletzungen in Chinas Zwangsarbeitslagern. Im Fall von Primark jedoch, weist der Konzern kategorisch zurück, dass der Brief irgendetwas mit Zwangsarbeit in China zu tun haben könnte. Das Unternehmen behauptet, der Zettel sei Teil eines aufwendigen PR-Fakes.

"Der Name Primark wird hier benutzt, um Aufmerksamkeit auf die Notlage dieser Person zu lenken. Wir haben keinerlei Verbindung zwischen dieser Person und unseren Lieferanten und Fabriken in China gefunden“, so ein Sprecher des Unternehmen zur Daily Mail. Primark besteht darauf, dass der Zettel nicht im Herstellungsprozess sondern möglicherweise bei Transport oder Verschiffung in die Socken gelangte.

Was der Konzern dabei ausblendet: Chinesische Auftragnehmer, die für westliche Kunden Bekleidung produzieren, tun dies nicht immer unter menschenwürdigen Umständen, sondern geben durchaus heimlich Teile des Auftrags an Gefängnisse und Arbeitslager weiter. Der Auftraggeber erhält am Schluss die Ware und erfährt nichts davon.

Die Online-Spuren von Ding Tingkun

Im Internet sind Hinweise zu finden, dass Ding Tingkun eine reale Person ist und tatsächlich in der im Zettel erwähnten Haftanstalt festgehalten wird.

Der stärkste Hinweis ist ein chinesisches Gerichtsurteil vom 19. Mai 2015, das auf der Openlaw Datenbank einsehbar ist. Diese in Shanghai ansässige NGO stellt chinesische Rechtsentscheidungen online.

Das Urteil stammt vom Mittleren Volksgericht Suzhou und kippt ein voriges Urteil zu drei Jahren Haft wegen "Erpressung von Geld", das durch das Lingbi Volksgericht am 8. Dezember 2014 erging. Es sind genau die Behörden und der Sachverhalt, die in dem Brief erwähnt werden.

Das dokumentierte Urteil hebt das vorherige wegen Mangel an Beweisen auf und fordert vom ersteren Gericht eine Wiederaufnahme des Verfahrens. Es besagt auch, dass Ding seit dem 29. Juni 2014 in Haft gewesen sei und "derzeit im Lingbi Internierungslager eingesperrt“ ist – alles kongruent mit seiner schriftlichen Aussage.

Das Urteil vom Mai erging somit nur etwa einen Monat vor dem Datum der Zettel-Botschaft. Da die Mühlen von Chinas Justiz zuweilen langsam mahlen, ist es sehr wahrscheinlich, dass Ding noch in der gleichen Haftanstalt einsaß.

Der Brief, den Lucy Kirk aus GB fand.Der Brief, den Lucy Kirk aus GB fand.Foto: Lucy Kirk

Ding schreibt in seinem Brief, er sei von Beamten der Polizeistation Damiao fälschlicherweise beschuldigt worden, weil er nach Peking ging, um "den nationalen Regierungschefs über korrupte Polizeibeamte zu berichten, die ihre Pflicht verletzen und offen Mafiabanden und Kriminelle schützen".

Andere online verfügbare Hinweise stützen dies. Zum Beispiel gibt es am 15. Mai 2014, (also noch vor Dings Festnahme) einen Blog-Post auf Sina, dem beliebten Socialmedia-Portal. Hier schrieben zwei Peronsen namens Ding Tingkun und Zhu Hongli, dass die Polizei der Stadt Wuxi (in der Küstenprovinz Jiangsu neben Anhui) „Schlägerbanden beschützt" und in einem bestimmten Kriminalfall "die Wahrheit verheimlicht“ habe – eine ganz ähnliche Anschuldigung wie in der Zettel-Botschaft.

Primark gab noch kein Statement zum realen Ding Tingkun ab.

Der erwähnte Gerichtsprozess auf einer NGO-Website.Der erwähnte Gerichtsprozess auf einer NGO-Website.Foto: Screenshot Openlaw

Deutsch von rf

Original-Artikel unter:

http://www.theepochtimes.com/n3/1924790-desperate-chinese-prison-note-left-in-uk-socks-appears-real-records-show/



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