China hat Militärmanöver vor Taiwan begonnen – Globale Lieferketten gestört

Chinas militärischer Angriff auf Taiwan wird immer wahrscheinlicher, deswegen müssen sich die Regierung der Insel, ihre Streitkräfte und ihre Bürger vorbereiten, sagen Experten. Nun hat Peking seine Militärmanöver 20 Kilometer vor Taiwans Küste begonnen – bei denen „scharf geschossen“ wird.
Titelbild
Taiwanische Fischerboote im Badouzi-Fischereihafen. Die Chinesische Volksarmee beginnt am 4. August 2022 eine viertägige Militärübung mit scharfer Munition in der Umgebung von Taiwan.Foto: SAM YEH/AFP via Getty Images
Epoch Times4. August 2022

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Peking hat seine angekündigten Militärmanöver nahe Taiwan begonnen. Sechs Gebiete rund um die Insel sind für die  „Kampfübung“ ausgewählt worden und sollen bis Sonntagmittag laufen. „Relevante Schiffe und Flugzeuge“ sollten die davon betroffenen Gewässer und den entsprechenden Flugraum meiden, vermeldete der staatliche Fernsehsender CCTV am Donnerstag.

Staatlichen Medien zufolge wird bei den Manövern „scharf geschossen“. Die Militärübungen finden bis zu 20 Kilometer vor der Küste Taiwans statt. Die staatliche Propagandazeitung „Global Times“ schrieb unter Berufung auf Militäranalysten, die Manöver seien „beispiellos“. Erstmals würden Raketen über Taiwan fliegen.

Taiwans Verteidigungsministerium erklärte umgehend, die Lage genau zu beobachten. Die Streitkräfte des Inselstaates würden gemäß dem Prinzip handeln, sich „auf einen Krieg vorzubereiten, ohne einen Krieg zu wollen“. 

Es werde auch keine „Eskalation des Konflikts“ gesucht. Taiwan bezeichnete die Manöver als „irrationalen Schritt“ – mit dem Ziel, „die internationale Ordnung infrage zu stellen“.

Reaktion auf Pelosis Taiwan-Besuch

China reagiert damit auf einen Taiwan-Besuch der US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi. Die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses war die ranghöchste US-Vertreterin seit 25 Jahren, die Taiwan einen Besuch abstattete. Pelosi hatte erklärt, ihre Anwesenheit mache „unmissverständlich klar“, dass die USA einen demokratischen Verbündeten wie Taiwan nicht alleine ließen.

Die Regierung in Peking, die Taiwan als Teil des chinesischen Territoriums ansieht, hatte erbost auf den Besuch reagiert und massive Militärmanöver angekündigt.

Der Nachrichtenagentur AFP gegenüber hieß es aus chinesischen Militärkreisen, die Manöver würden als „Vorbereitungen auf einen tatsächlichen Kampf“ geführt. Sollten taiwanische Kräfte „vorsätzlich in Kontakt mit dem chinesischen Militär kommen“ und „versehentlich eine Waffe abfeuern“, würden Pekings Streitkräfte „strenge Gegenmaßnahmen ergreifen“ – die taiwanische Seite würde in diesem Fall „alle Konsequenzen tragen“.

Lieferketten zusätzlich gestört

Die groß angelegten chinesischen Militärmanöver vor Taiwans Küste könnten die ohnehin schon gestörten Lieferketten zusätzlich belasten. Denn durch die Taiwanstraße zwischen China und der Insel fährt fast die Hälfte aller Containerschiffe weltweit, wie eine Auswertung der Finanznachrichtenagentur „Bloomberg“ für die ersten sieben Monate des Jahres ergab. Diese Schiffe haben enorm wichtige Güter an Bord: Halbleiter etwa und elektronische Geräte, aber auch Gas.

China-Experte James Char vom S. Rajaratnam-Institut für internationale Beziehungen in Singapur hält es für „unvermeidlich“, dass die internationalen Lieferketten durch die Militärmanöver zusätzlich gestört werden. Handelsexperte Nick Marro vom Forschungsunternehmen Economist Intelligence Unit warnt, eine Unterbrechung der Schifffahrtsrouten rund um Taiwan würde nicht nur den Inselstaat treffen, sondern auch die Exportnationen Südkorea und Japan.

Der Taiwan Taiex Shipping and Transportation Index – darin sind die größten taiwanischen Unternehmen im Bereich Schifffahrt und Luftverkehr zusammengefasst – ist seit Beginn der Woche bereits um 4,6 Prozent gesunken. Nach Beginn der Militärmanöver am Donnerstag gab er allein um 1,05 Prozent nach.

Taiwans Schifffahrtsbehörde hat Frachter in den Gewässern nördlich, östlich und südlich der Insel bereits davor gewarnt, die Gebiete zu durchfahren, in denen China die Manöver abhält. Mehrere Reedereien erklärten aber auf Anfrage von AFP, sie würden zunächst die Auswirkungen der Manöver abwarten, bevor sie die Routen ihrer Schiffe änderten.

Flugrouten auch gestört

Flugrouten sind auf jeden Fall gestört. In den vergangenen zwei Tagen wurden in der Taiwan gegenüber liegenden chinesischen Provinz Fujian mehr als 400 Flüge gestrichen – ein Hinweis darauf, dass der Luftraum vom Militär genutzt werden könnte. Die Regierung in Taiwan teilte mit, die Manöver würden 18 internationale Flugrouten im sogenannten Fluginformationsgebiet Taiwans durcheinanderbringen.

Angesichts der aktuell großen wirtschaftlichen Probleme der Volksrepublik werde Peking sich wahrscheinlich mit Drohgebärden begnügen, glaubt etwa James Char. „Den Schiffsverkehr durch die Taiwanstraße zu blockieren, egal wie lange, würde auch der chinesischen Wirtschaft wehtun.“ Auch Natasha Kassam vom australischen Lowy-Institut glaubt, es sei nicht im Interesse Pekings, Reisen und Handel in der Region zum Erliegen zu bringen.

Experten: Xi könnte Taiwan angreifen, um sein Erbe zu sichern

Unter dem Kommando von Generalsekretär Xi Jinping hat die Kommunistische Partei Chinas (KPC) ihre Streitkräfte systematisch verstärkt und sich auf einen Angriff auf Taiwan vorbereitet, schreiben Admiral Lee Hsi-min und Eric Lee in „Economist“.

Nach dem 20. kommunistischen Parteitag in Peking, der voraussichtlich im Herbst dieses Jahres stattfinden wird, bestehe die „sehr reale Möglichkeit“, dass die Aggression gegen Taiwan stark zunimmt, so die Experten.

Das liegt vor allem an den Ambitionen von Xi. Er möchte mit der „Eroberung Taiwans“ sein Vermächtnis hinterlassen, so Admiral Lee. 

Xi hat die chinesische Rüstungsindustrie angewiesen, Waffen zu produzieren, die speziell darauf ausgerichtet sind, die amerikanischen Streitkräfte daran zu hindern, Taiwan oder anderen Verbündeten in der Region zu helfen. Zu diesen Waffen gehören ballistische Raketen und Marschflugkörper, integrierte Luftverteidigungssysteme und Anti-Satellitenwaffen, die durch ein rasch wachsendes Atomwaffenarsenal unterstützt werden, schreibt „Economist“.

Admiral Lee und sein Kollege bei der Denkfarbik „Project 2049 Institute“ Eric Lee schlagen Taiwan vor, die militärische Ausbildung zu überarbeiten und die Streitkräfte dezentral zu leiten, weil die Kommunikation im Falle eines Angriffs ausfallen könnte.

G7-Staaten verurteilen Chinas „Drohgebärden“

Die Außenminister des südostasiatischen Staatenbündnisses Asean hatten am Donnerstag vor Beginn der Militärmanöver gewarnt, die derzeitige Situation könne zu „Fehlkalkulation, ernsthafter Konfrontation, offenen Konflikten und unvorhersehbaren Konsequenzen zwischen Großmächten führen“. 

Es müsse jetzt auf jede „provozierende Aktion“ verzichtet werden, erklärten die Minister bei einem Asean-Treffen in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh.

Bereits am Mittwoch hatten die G7-Staaten Chinas Reaktion auf Pelosis Besuch kritisiert. „Es gibt keine Rechtfertigung dafür, einen Besuch als Vorwand für aggressive Militäraktionen in der Taiwanstraße zu nutzen“, erklärten die G7-Außenminister. 

„Wir sind besorgt über die jüngsten und angekündigten Drohgebärden der Volksrepublik China, (…) die eine unnötige Eskalation riskieren.“ (sza)

Mit Material von afp



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