„Am Rande des Bankrotts“: Darum lockert China seine Null-COVID-Politik
Seit knapp drei Jahren beharrt die Kommunistische Partei Chinas (KPC) auf ihrer Null-COVID-Politik – trotz Aufschrei der Bevölkerung, trotz der katastrophalen Folgen für die Wirtschaft. Doch plötzlich kam Ende November die Kehrtwende: Obligatorische Corona-Massentests werden teilweise eingestellt. Menschen mit leichten Symptomen müssen nicht mehr in Isoliereinrichtungen gebracht werden, sondern dürfen während der Quarantänezeit zu Hause bleiben.
Yuan Hongbing, ein in Australien lebender chinesischer Rechtswissenschaftler, berichtet über die Hintergründe der abrupten Lockerung der Corona-Maßnahmen in China.
Designierter Premierminister Li Qiang schlug Änderung vor
In einem Interview mit der chinesischen Ausgabe der Epoch Times am 13. Dezember erklärte Yuan: Der Vorschlag zur Kehrtwende in der Null-COVID-Politik komme von Li Qiang, einem engen Vertrauten des Staatschefs Xi Jinping. Yuan beruft sich dabei auf seine Quellen aus dem inneren Kreis der KP Chinas.
Vor dem Nationalkongress der kommunistischen Partei im Oktober war Li Qiang Shanghais Parteichef und stieg dann zur zweitwichtigsten Figur in Chinas Politik auf. Er wird wahrscheinlich beim Volkskongress im März 2023 zum Premierminister „gewählt“. Er rückte ins Rampenlicht, weil er mit eiserner Hand den zweimonatigen Lockdown im Frühling 2022 in Shanghai durchgesetzt hatte. Die harschen Corona-Maßnahmen sorgten für einen öffentlichen Aufschrei und lösten Straßenproteste aus. Eine Seltenheit in China.
Die Wirtschaft Shanghais wurde von den Abriegelungen schwer getroffen. Der Gesamtproduktionswert der Industrieunternehmen in der Stadt fiel im April um 61,5 Prozent gegenüber dem gleichen Monat im Jahr 2021.
WHO-Ankündigung zu COVID-19 erwartet
Laut dem China-Experten soll Li Qiang die Maßnahmenlockerung aufgrund von zwei Faktoren vorgeschlagen haben.
Zum einen wird davon ausgegangen, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) COVID-19 im Frühling 2023 offiziell zu einer normalen Epidemie erklärt. Li soll dem Parteichef deshalb geraten haben, die Null-COVID-Maßnahmen vor der Ankündigung der WHO aufzugeben. „Li befürchtet, China könne zu einer isolierten Insel der Welt und zum Gespött der internationalen Gemeinschaft werden, wenn es weiterhin an den Null-COVID-Maßnahmen festhält“, sagte Yuan.
In einer Pressemitteilung vom 7. Dezember gaben die Mitgliedstaaten der WHO die Ausarbeitung eines rechtsverbindlichen Pandemieabkommens bekannt. Precious Matsoso, Co-Vorsitzende des zwischenstaatlichen Verhandlungsgremiums (INB), sagte, das Abkommen solle „eine Wiederholung der Vergangenheit verhindern“. Es werde eine globale Vereinbarung entwickelt, „welche die Gesellschaften vor künftigen Pandemiebedrohungen schützt“. Laut der Pressemitteilung werden die Mitgliedstaaten im Februar 2023 den Entwurf diskutieren. Der Inhalt des Abkommens ist derzeit noch unter Verschluss.
Lokale Regierungen kurz vor Bankrott
Der zweite Grund für die Wendung in Chinas Corona-Politik sei die schwächelnde Wirtschaft. Die lokalen Regierungen stünden nach den drei Jahren strengster Corona-Vorschriften am Rande des Bankrotts, erklärte Yuan. Die fast täglichen Corona-Tests und die Zwangsquarantäne hätten ihre Mittel aufgezehrt.
Laut den Angaben des chinesischen Finanzministeriums haben die lokalen Regierungen allein in den ersten zehn Monaten dieses Jahres 11,8 Billionen Yuan mehr ausgegeben als sie eingenommen haben (etwa 1,59 Billionen Euro). Am 9. Dezember kündigte das Finanzministerium an, es werde Staatsanleihen im Wert von 750 Milliarden Yuan (etwa 100 Mrd. Euro) ausgeben. Darüber berichtet das chinesische Finanznachrichtenportal „Yicai“.
„Die KPC verlässt sich jetzt darauf, viel Geld zu drucken, um die Finanzkrise zu überstehen, aber das wird zu einer Hyperinflation führen“, sagte der Rechtswissenschaftler Yuan. Er ist der Meinung, dass es dem kommunistischen Regime nicht um das einfache Volk geht – weder bei der Pandemiebekämpfung noch bei der plötzlichen Lockerung der Maßnahmen.
Yuan kritisierte: „Die KPC-Führung besteht aus Schmeichlern, die nicht dem Land oder dem Volk dienen, sondern nur der Macht. Sie sind nicht in der Lage, das Land zu regieren“.
Er vermutet einen Plan des Staatschefs: Xi Jinping werde nach dem Volkskongress im März 2023 unter dem Banner der „Korruptionsbekämpfung“ die Fraktion des verstorbenen KPC-Führers Jiang Zemin säubern. Mit diesen zusätzlichen Mitteln wolle Xi die finanziellen Schwierigkeiten lösen. Es handle sich offenbar um ein „riesiges Familienvermögen“, das dem Vermögen eines Staates entspricht. Das Geld könne als Finanzspritze „für die Vorbereitung eines Krieges gegen Taiwan, zur Aufrechterhaltung der sozialen Stabilität und zur Entlastung der Zentral- und Lokalregierungen verwendet werden“, sagte Yuan und beruft sich dabei auf seine Informationsquelle in China.
Die verborgene rebellische Energie
Vor rund drei Wochen brachen in China landesweit massive Protestbewegungen aus. Die Protestteilnehmer hielten dabei leere, weiße Blätter hoch – ein Symbol des Widerstands und ein Zeichen gegen die Zensur der KP Chinas. Die chinesischen Bürger forderten nicht nur das Ende der Null-COVID-Maßnahmen, sondern auch den Sturz der Kommunistischen Partei sowie den Rücktritt von Xi Jinping. Weltweit solidarisieren sich Unterstützer mit den chinesischen Demonstranten und hielten ebenfalls weiße Blätter hoch. Die Proteste werden von den Medien als „White Paper Revolution“ bezeichnet.
„Xi ist extrem isoliert“, sagte Yuan gegenüber der Epoch Times. Auch wenn keine der Oppositionen ihm gegenüber sichtbaren Widerstand leisten könne, gebe es „innerhalb und außerhalb der KPC eine verborgene rebellische Energie, die ihm extrem zuwider ist“, zitierte der Rechtswissenschaftler seine Quelle in China.
Xi relativiert massive Protestbewegungen im Land
In China werden Informationen über die Proteste streng zensiert. Bei einem Treffen mit dem Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, am 1. Dezember relativierte Xi die massiven Protestbewegungen in seinem Land. Wie „South China Morning Post“ berichtet, sieht Xi in den Demonstranten „hauptsächlich Studenten“, die nach drei Jahren Pandemie „frustriert“ seien. Dies waren die ersten öffentlichen Äußerungen des Staatschefs zu den Unruhen.
Die kommunistischen Behörden hätten nun behauptet, sie würden die Politik der Öffnung und der Investitionsförderung weiter fortsetzen. Nach Yuans Ansicht sieht die Prognose für die Wirtschaft Chinas aber eher düster aus: Die KP China greife nur zu vorübergehenden Maßnahmen, um die gegenwärtige Wirtschaftskrise zu lindern. „Es ist unmöglich, dass das Regime erfolgreich sein wird, [Chinas Wirtschaft wirklich wiederherzustellen]“, sagte der Rechtswissenschaftler.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: Chinese Law Scholar Reveals Inside Information Behind the CCP’s Abrupt Easing of Zero-COVID Policy (deutsche Bearbeitung dl)
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