Tankstellen-Lobby: Die Politik wälzt polizeiliche Aufgaben auf Unternehmen ab
Nach der Tötung eines Tankstellenmitarbeiters in Idar-Oberstein wegen eines Streits um die Maskenpflicht hat der Tankstellen-Interessenverband einen hohen Druck auf die Unternehmen und Beschäftigten beklagt. „Mit den Corona-Regeln wälzt die Politik polizeiliche Aufgaben auf Unternehmen ab“, sagte Verbandssprecher Herbert Rabl der „Welt“ vom Freitag. „Der Tankstellenbedienstete wird zum Polizisten.“
Am vergangenen Wochenende war ein 20-Jähriger in einer Tankstelle im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein erschossen worden. Nach Angaben der Ermittler hatte der Mitarbeiter den Tatverdächtigen zuvor auf die Einhaltung der Maskenpflicht hingewiesen. Die Tat sorgte bundesweit für Entsetzen.
Mitglieder des Verbands berichteten ihm von Bußgelddrohungen durch Ordnungsämter, sagte Rabl weiter. „Es gibt also auch einen hohen Druck, Regeln durchzusetzen, selbst wenn dies womöglich gefährlich sein könnte.“
„Wie werden wir geschützt? Wer hilft uns?“
Damit bezog sich der Pressesprecher auch auf andere Themen, die in Tankstellen „Aggressionspotenzial“ hätten, etwa hohe Spritpreise und der Straßenverkehr. „Die Mitarbeiter sind besorgt und fragen sich: Wie werden wir geschützt? Wer hilft uns?“
Nicht zuletzt gebe es einen hohen Kostendruck für die Pächter. Für Personal gebe es wenig Geld, viele der Tankstellenbeschäftigten arbeiteten zum Mindestlohn oder neben dem Studium und seien nicht für Konfrontationen ausgebildet. Auch bei dem Opfer vom Wochenende handelte es sich um einen Studierenden.
Stephan Zieger, Geschäftsführer des Bundesverbands freier Tankstellen, sieht das größte Problem darin, dass die Tankstellen kaum durchgreifen können. „Wenn ein Kunde den Shop betritt, hat er schon getankt“, sagte er der „Welt“. Die Mitarbeiter müssten ihn dann auch abkassieren. „Es ist eine sehr schwierige Situation, weil Polizei und Ordnungsamt nicht sofort greifbar sind.“ (afp/dl)
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