Keine Entspannung in Sicht: Was treibt die Benzinpreise und wohin fließt Ihr Geld?
Mit einem Niveau von etwa 1,90 Euro für Super und 1,86 Euro für Diesel bewegen sich die Benzinpreise in Deutschland erneut nahe an der Zwei-Euro-Marke. Damit müssen die Kraftfahrer zwar noch nicht wieder ganz so tief in die Tasche greifen wie im Frühjahr 2022. Zwei Euro stellen jedoch erfahrungsgemäß eine wichtige psychologische Hürde dar.
Darüberliegende Benzinpreise halten nicht nur die Inflation hoch. Sie tragen gleichzeitig auch dazu bei, dass Verbraucher geplante Urlaubsfahrten verschieben, Ausgaben zurückstellen und insgesamt den Konsum einschränken.
Benzinpreise zu mehr als der Hälfte staatsgemacht
Grundsätzlich fehlt es Deutschland – sofern es zu keinen Kartellabsprachen kommt – nicht an Wettbewerb. Es gibt landesweit knapp 15.000 Tankstellen, die von mehr als 5.000 Unternehmen betrieben werden.
Dennoch trägt diese Vielfalt auch im EU-Vergleich nicht zu einer Senkung des Preisniveaus bei. Ein Grund dafür ist, dass mehr als die Hälfte des Benzinpreises gar nicht aus dem Marktgleichgewicht herrührt. Wie das Statistische Bundesamt mit Blick auf den Stand vom 15. September erläutert, entfallen bei einem Preis von rund 1,88 Euro pro Liter Super E10 etwa 51 Prozent auf Steuern und Abgaben.
Beim Ottokraftstoff summieren sich demnach Mehrwertsteuer, Energiesteuer und der Beitrag an den Erdölbevorratungsverband (EBV) auf insgesamt rund 96 Cent je Liter. Auf Diesel entfällt eine etwas geringere Energiesteuer – im Gegenzug bezahlen Besitzer aber eine nach Hubraum gestaffelte höhere Kfz-Steuer.
EU sorgt mit Vorgaben auch für Steigerungen in Billigspritländern
Einer aktuellen Berechnung des ADAC zufolge beträgt die Energiesteuer, die am 15. Juli 2006 die vorherige Mineralölsteuer abgelöst hat, bei Benzin etwa 65,45 Cent pro Liter. Beim Diesel beläuft sie sich auf 47,04 Cent. Die Steuer gilt auch für Erdgas und Strom, nicht jedoch für Kerosin. Ursprünglich sollte die Mineralölsteuer, die 1930 den „Petroleumszoll“ abgelöst hatte, der Finanzierung von Straßenbauprojekten dienen.
Mittlerweile ist sie zum politischen Instrument im Zeichen des „Klimaschutzes“ geworden. Bereits 2011 kam von der EU die Initiative, Kraftstoffe ab 2023 generell nach Energiegehalt und CO₂-Ausstoß zu besteuern. Die Energiesteuerrichtlinie von 2003 erfuhr mehrfach Anpassungen – und immer ging es darum, die Anforderungen in Sachen Energieeffizienz hochzuschrauben, um den „Green Deal“ voranzubringen.
Dies wirkt sich zuungunsten des Diesels aus, weil dieser einen höheren Energiegehalt in Gigajoule (GJ) als Benzin aufweist. Die EU-Vorgaben haben zum einen dazu geführt, dass sich die Preise von Benzin und Diesel einander angenähert haben.
Zum anderen haben sie zu einer Erhöhung der Treibstoffpreise in Europa geführt – auch in früheren Billigspritländern. Dies liegt unter anderem am geplanten höheren Mindeststeuersatz für Diesel, der schrittweise bis 2033 auf 37,3 Cent steigen soll. Deutschland liegt bereits jetzt deutlich über diesem Wert.
Einkaufspreis trägt nur zu 43 Prozent zum Zapfsäulenpreis bei
Neben der Energiesteuer hatte auch die Erhöhung der Mehrwertsteuer im Jahr 2007 von 16 auf 19 Prozent eine entsprechende Wirkung auf die Höhe der Benzinpreise. Sie fällt sowohl auf den Warenpreis als solchen als auch auf die erhobene Energiesteuer an. Dies hat zur Folge, dass derzeit mindestens 50 Prozent der Tankrechnung für Benzin beim Staat landen – bei Diesel mindestens 40.
Auf den Einkaufspreis entfallen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes hingegen nur 43 Prozent des Endpreises. Dieser Faktor ist am ehesten marktabhängig und richtet sich nach Angebot und Nachfrage. Die Ermittlung dieses Preises erfolgt unter anderem auf dem Rotterdamer Spotmarkt. Aber auch hier spielen politische Faktoren oder das Wirken von Kartellen eine Rolle – regelmäßig nicht in Deutschland selbst.
Ein wichtiges Element ist dabei unter anderem das Verhalten der OPEC. Erst jüngst hatten sich Länder wie Saudi-Arabien gegen eine Ausweitung der Ölförderung ausgesprochen. Die Saudis wollen ihre Einnahmen aus dem Ölgeschäft stabil halten, um den Umbau ihrer Wirtschaft und Gesellschaft im Sinne der „Vision 2030“ voranzubringen. Aber auch in den USA ist die Ausweitung des Ölexportes in Richtung Europa nicht unumstritten.
Doch selbst in diesem Bereich haben Deutschland und die EU durch politische Entscheidungen zu einem höheren Preis beigetragen. Die Sanktionen gegen den Öllieferanten Russische Föderation und Restriktionen gegen eigene Ölerzeugung – etwa durch Fracking – haben auf dem Markt selbst das Angebot verknappt.
EZB nennt vier Faktoren für Entwicklung der Benzinpreise rund um Corona
Weitere Marktfaktoren mit Auswirkung auf den Benzinpreis sind beispielsweise Jahreszeit, Dollarkurs oder Konjunktur. Vor allem vor, während und nach der Corona-Zeit hatte es hier starke Schwankungen gegeben.
Die EZB hatte einen Versuch unternommen, die Entwicklung anhand von vier Faktoren nachzuzeichnen und diese nach ihrer Bedeutung zu gewichten. Diese Faktoren waren dabei Risiko, Versorgungssituation, wirtschaftliche Aktivität insgesamt und Rohölpreise.
Während die Spotmarktpreise bereits vor der Pandemie angestiegen waren, kam es infolge der gesunkenen Nachfrage wegen der Lockdowns zu einem drastischen Einbruch. Als sich eine Rückkehr zur Normalwirtschaft abzeichnete, sorgte ein Nachfrageschub für erhebliche Preisanstiege. Dazu kam, dass auch China nach seiner abrupten Kehrtwende in der Corona-Politik stärker auf den Markt drängte.
Zusätzliche Einflussfaktoren reichten von niedrigen Gasspeicherständen in Europa über die „Ever Given“-Havarie bis zum Ukraine-Krieg. Die USA reagierten zudem verzögert auf gestiegene Ölpreise mit einer Ausweitung der eigenen Produktion.
Preis für Superbenzin seit 1972 fast verfünffacht
Das dritte Element des Benzinpreises sind die Kosten für Transport, Vertrieb oder die Tankstellenpacht. Doch auch hier schlagen politische Entscheidungen durch. Zum einen beeinflussen Vorgaben wie die CO₂-Abgabe auch diesen Kostenfaktor.
Zum anderen hängen die Transportkosten unter anderem von den Auswirkungen politischer Entscheidungen auf die jeweiligen Transportmittel ab. In Deutschland wird beispielsweise die Ausweitung der Lkw-Maut sehr wahrscheinlich auch die Benzinpreise an den Zapfsäulen beeinflussen.
Insgesamt hat sich der Preis für Superbenzin in Deutschland seit dem Jahr 1972 in etwa verfünffacht. Bislang beträgt der durchschnittliche Preis pro Liter im Jahr 2023 etwa 184,7 Cent. Vor 51 Jahren waren es hingegen 35,3 Cent.
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