Virologe: Männer von Zika-Virus stärker betroffen
Der Virologe Alexander S. Kekulé hat deutliche Kritik an der Weltgesundheitsorganisation geübt, weil sie vor den Olympischen Spielen im brasilianischen Rio de Janeiro vor allem weibliche Sportler und Besucher vor dem Zika-Virus warnt: „Männer sind viel stärker betroffen. Die Geschlechtsorgane sind zumindest beim Mann vermutlich eine Art Versteck für das Virus, wo es lange Zeit überdauern kann“, sagte der Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie am Universitätsklinikum Halle (Saale) im Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Montag). „Wenn ein junger Mann noch Kinder haben will, dann steht er nach der Rückkehr aus Brasilien vor dem Problem, dass er unter Umständen sehr lange nur geschützten Sex haben darf, um seine Partnerin nicht anzustecken“, so der Mediziner.
Es sei seit Kurzem bekannt, dass die sexuelle Übertragung des Zika-Virus einen ganz erheblichen Anteil der Infektionen ausmache. Deshalb ist es nach Ansicht des Virologen „nicht verständlich, warum die WHO das Thema sexuelle Übertragungen bei der Risikobeurteilung für die Olympischen Spiele ausgeklammert hat“. Dabei sei praktisch jede Art von Sexualverkehr einer erkrankten Person infektiös. Er selbst würde nicht nach Brasilien fahren, wenn er noch planen würde, Kinder zu bekommen, betonte Kekulé. Ob die sexuelle Übertragung des Virus auch die Wahrscheinlichkeit für Fehlbildungen bei ungeborenen Kindern, der sogenannten Mikrozephalie, erhöht, werde derzeit noch untersucht. Durch ungeschützten Sex könnten Sportler und Besucher der Olympischen Spiele zur Ausbreitung der Krankheit beitragen. „In Europa finden wir ständig Frauen, die sich bei Männern angesteckt haben, die aus Brasilien oder anderen Ländern mit Zika-Ausbruch zurückgekommen sind“, sagte der Virologe. Allerdings glaubt er nicht, dass es zu einer Pandemie kommen werde wie bei Aids. Die Entscheidung der WHO, die Olympischen Spiele nicht abzusagen, hält der Mediziner dennoch für richtig: „Ich finde es völlig berechtigt, hier keine allgemeine Reisewarnung auszusprechen. Man hätte nur das individuelle Risiko detaillierter beschreiben müssen, damit jeder für sich selbst entscheiden kann.“
(dts Nachrichtenagentur)
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