Wirbel um „falsche Anreize“: Leistungen für ukrainische Flüchtlinge auf Prüfstand
Politiker von CDU und FDP haben den Ball für eine Leistungsänderung ukrainischer Flüchtlinge ins Rollen gebracht. Denn diese müssen in Deutschland kein Asylverfahren durchlaufen, auch der Zugang zum Arbeitsmarkt steht ihnen offen.
„Angesichts der extrem ungleichen Verteilung der Flüchtlinge in Europa müssen wir über die konkrete Ausgestaltung der Hilfen noch einmal neu nachdenken“, sagte Thorsten Frei, der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsbundestagsfraktion, dem „Spiegel“.
Man müsse der Frage nachgehen, „warum die Zahl der Kriegsflüchtlinge, die hierzulande einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit nachgehen, so viel niedriger ist als in den anderen europäischen Ländern“. Die Bereitschaft der Bevölkerung, diesen Menschen zu helfen, werde nur erhalten bleiben, „wenn sie den Eindruck hat, dass die Flüchtlinge aus der Ukraine zunächst einmal alles versuchen, um sich selbst zu helfen“.
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann kritisiert, „dass das Bürgergeld an alle de facto bedingungslos gezahlt wird“. Es müsse „doch klar sein, dass jeder, der in Deutschland Sozialleistungen bezieht und arbeiten kann, auch arbeiten gehen muss“, sagte Linnemann.
Unterstützung aus der Ampelkoalition bekommen die CDU-Politiker vom FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler. „Das Bürgergeld setzt falsche Anreize für Flüchtlinge – auch für die aus der Ukraine“, sagte Schäffler laut „Spiegel“.
Widerspruch für eine Neuregelung kommt aus den anderen Koalitionsparteien. „Was uns nicht helfen wird, sind Leistungskürzungen und Stimmungsmache gegen Geflüchtete“, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Helge Lindh. Deutschland habe sich bewusst dazu entschieden, den Ukrainern beizustehen. „Das sollte man in so einer Debatte nicht leichtfertig revidieren“, ergänzte Lindh.
Die Grünenvorsitzende Ricarda Lang drückt es ähnlich aus. „In der aktuellen Debatte dürfen wir nicht in einen Überbietungswettbewerb um die vermeintlich härteste Forderung verfallen“, sagte sie. „Stattdessen gilt es das voranzutreiben, was den Kommunen vor Ort tatsächlich hilft.“
EU-Erweiterung um Ukraine
Während in Deutschland um die Leistungen für ukrainische Flüchtlinge diskutiert wird, gehen die Gespräche rund um die Aufnahme der Ukraine in die Europäische Union weiter. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist dafür extra nach Kiew gereist.
„Ich bin hier, um den Weg der Ukraine in die EU zu besprechen“, erklärte sie am Samstag im Onlinedienst X (vormals Twitter) nach ihrer Ankunft am Bahnhof in Kiew. In Gesprächen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj solle es zudem um den „Aufbau der Ukraine als moderne und florierende Demokratie“ gehen. Die EU werde „so lange wie nötig“ an der Seite der Ukraine stehen, bekräftigte von der Leyen.
Sie wolle in Kiew auch über die militärische Unterstützung der EU-Staaten für Kiew sowie das derzeit in Vorbereitung befindliche zwölfte Sanktionspaket der EU gegen Russland sprechen.
EU-Erweiterungsbericht kurz vor Veröffentlichung
Für den kommenden Mittwoch, 8. November, ist die Vorstellung des diesjährigen EU-Erweiterungsberichts geplant. Darin geht es unter anderem um die Fortschritte der Ukraine, Moldaus und Georgiens mit Blick auf einen möglichen Beitritt. Im September hatte von der Leyen von „großen Fortschritten“ Kiews gesprochen.
In ihrem Bericht könnte die EU eine Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit der Ukraine empfehlen. Dies würde aber nicht zwangsläufig bedeuten, dass das Land irgendwann Mitglied der EU wird.
Die Ukraine hat seit Juni 2022 den Status eines EU-Beitrittskandidaten. Damit Beitrittsverhandlungen eröffnet werden können, muss die Ukraine nach dem Willen Brüssels sieben unterschiedliche Bedingungen erfüllen. Bei diesen geht es etwa um das Auswahlverfahren ukrainischer Verfassungsrichter und eine stärkere Korruptionsbekämpfung – insbesondere auf hoher Ebene.
Die EU fordert zudem, dass Standards im Kampf gegen Geldwäsche eingehalten werden und ein Gesetz gegen den übermäßigen Einfluss von Oligarchen umgesetzt wird.
Sobald die Ukraine der EU beitritt, erhalten die Ukrainer den Status der Unionsbürger. Damit hätten sie das Recht, ohne Visum in EU-Mitgliedstaaten, des EWR (EU plus Island, Liechtenstein und Norwegen) und die Schweiz einzureisen. (dpa/dts/sua)
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