Empörung über „Hängt die Grünen“-Plakate – juristische Einschätzung schwierig

Die Empörung über die "Hängt die Grünen"-Plakate ist einhellig, die juristische Einschätzung aber ganz und gar nicht. Bis zu einer endgültigen Entscheidung wird es wohl auch noch dauern.
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Ein umstrittenes Wahlplakat der Splitterpartei "III Weg" hängt über einem Plakat der Grünen.Foto: Bodo Schackow/dpa-Zentralbild/dpa/dpa
Epoch Times16. September 2021

Die juristische Entscheidung über die „Hängt die Grünen“-Plakate des rechtsextremen „III. Wegs“ wird sich nach Ansicht des Staatsrechtlers Jochen Rozek noch hinziehen.

Das Kernproblem sei die Mehrdeutigkeit des Motivs, das die Splitterpartei zuerst in Zwickau plakatiert hatte, sagte der Professor der Universität Leipzig. Die Plakate seien mit Bedacht gemacht. Wer immer dieses Motiv entworfen habe, kenne die Rechtsprechung.

Die Doppeldeutigkeit ergebe sich aus dem zweiten Satz, der in kleinerer Schrift unter dem Aufruf „Hängt die Grünen!“ zu lesen ist. Er lautet „Macht unsere nationalrevolutionäre Bewegung durch Plakatwerbung in unseren Parteifarben in Stadt und Land bekannt!“

Der erste Satz lasse sich als Aufforderung verstehen, die Mitglieder oder Anhänger der Grünen zu hängen. Man könne darin also einen Mordaufruf sehen, sagte Rozek. Der zweite Satz besage jedoch, dass damit das Aufhängen von Plakaten des „III. Wegs“ gemeint sei, der tatsächlich auch grün als Parteifarbe hat. Ohne diesen zweiten Satz wäre die Angelegenheit eindeutig, sagte Rozek.

Rozek pocht auf Meinungsäußerungsfreiheit

Dagegen ist der Fall für den Ostbeauftragten der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU), klar. Es sei ein „eindeutiger Aufruf zu Gewalt bis hin zu Mord“, sagte er den ARD-„Tagesthemen“. Die Reaktion des Rechtsstaates könne nicht sein, „dass diese Plakate hängen bleiben“.

Rozek sagte jedoch, mit der Verfügung, die Plakate entfernen zu lassen, habe die Stadt Zwickau in die Meinungsäußerungsfreiheit des „III. Wegs“ eingegriffen. Das sei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aber nur zulässig, wenn die zweite, harmlose Deutung sich wirklich „mit tragfähigen Gründen“ ausschließen lasse.

Die Gerichte müssten sich mit beiden Deutungsvarianten auseinandersetzen. Bei der Prüfung könnten alle möglichen Gesichtspunkte eine Rolle spielen – zum Beispiel auch die unterschiedlichen Buchstabengrößen der Sätze auf dem Plakat, sagte Rozek.

Die Entscheidung, ob die Plakate ein reiner Mordaufruf oder eben doch doppeldeutig genug sind, um rechtlich Bestand zu haben, werde sich vermutlich erst in einem Hauptsacheverfahren treffen lassen, sagte Rozek. Das Verwaltungsgericht Chemnitz hatte zunächst nur in einem Eilverfahren entschieden, dass die Plakate aufgehängt werden dürfen, wenn auch nur im Abstand von 100 Metern zu Plakaten der Grünen. Die Stadt Zwickau will dagegen Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Bautzen einlegen. (dpa/oz)



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