Sigmar Gabriel explodiert wegen Katar-Kritik: „Deutsche Arroganz ist ….“
Am 20. November beginnt die 22. FIFA-Weltmeisterschaft in Katar. Obwohl die Vergabe des Turniers an das Golfemirat bereits 2010 erfolgt war, beherrscht noch kurz vor Turnierbeginn Kritik an der Entscheidung Politik und Medien. Nun hat sich der frühere SPD-Chef und Bundesaußenminister der Jahre 2017 und 2018 auf Twitter zu Wort gemeldet – mit einer Breitseite gegen moralisierende Belehrungen an den Wüstenstaat.
Erdgas ja – Fußball nein?
Seit Beginn des Ukraine-Krieges bemühen sich deutsche Regierungspolitiker unter anderem in Katar um Ersatz für fehlende russische Erdgaslieferungen. Demgegenüber werden Politiker der Partei der Ampel-Parteien nicht müde, das Golfemirat für dessen Menschenrechtslage zu maßregeln.
Unter anderem geht es um Frauenrechte, die Politik gegenüber Homosexuellen und die Arbeitsbedingungen für ausländische Gastarbeiter. Während des Baus der Stadien für das Fußballgroßturnier sollen unterschiedlichen Quellen zufolge jedenfalls mehr als 1.000 Arbeiter verstorben sein. Neben Sicherheitsmängeln am Bau seien unzureichende Vorkehrungen gegen Hitze dafür verantwortlich gewesen.
Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) spricht von nach wie vor vorhandenen Mängeln in der Arbeitswelt in Katar. Allerdings gebe es mittlerweile auch Verbesserungen, heißt es in der „Zeit“.
Sigmar Gabriel wähnt antimuslimische Ressentiments hinter der Katar-Kritik
Auf Twitter schrieb Sigmar Gabriel zu dem Thema: „Die deutsche Arroganz gegenüber Qatar ist ‚zum Ko…‘!“ Vieles an Missständen, die Deutsche heute an Katar beklagten, seien vor nicht allzu langer Zeit auch in Deutschland selbst noch an der Tagesordnung gewesen:
Wie vergesslich sind wir eigentlich? Homosexualität war bis 1994 in Deutschland strafbar. Meine Mutter brauchte noch die Erlaubnis des Ehemanns, um zu arbeiten. ‚Gastarbeiter‘ haben wir besch***en behandelt und miserabel untergebracht.“
In einem weiteren Tweet erklärte Gabriel, auch Deutschland habe Jahrzehnte gebraucht, um ein „liberales Land“ zu werden.
Fortschritt kommt nicht über Nacht, sondern Schritt für Schritt. Das galt für Deutschland und gilt auch jetzt für Katar. Die UNO, die ILO loben das Land für seine Reformen. Nur wir Deutschen beleidigen es jeden Tag.“
In einem dritten Post zum Thema beschuldigt Gabriel die Katar-Kritiker, von unterschwelliger Islamophobie motiviert zu sein:
Ich bin mal gespannt, was wir zur Fußball-WM in Mexiko sagen. In diesem Land werden pro Jahr etwa 1.000 Frauen ermordet und die Dunkelziffer liegt weit höher. Mal sehen, ob wir mit einem christlich geprägten Land genauso hart ins Gericht gehen wie mit einem muslimischen.“
„Menschenrechte zu achten, ist keine Arroganz“
Parlamentsabgeordnete wiesen die Vorwürfe Gabriels unterdessen zurück. „Menschenrechte zu achten“, sei „keine Arroganz“, insistierte die frühere NRW-Landtagsabgeordnete Franziska Müller-Rech von der FDP.
Europapolitiker Dennis Radtke (EVP) bezichtigte Gabriel der „Relativierung“. Immerhin sei Homosexualität in Deutschland nicht mit dem Tode bestraft worden und es seien weniger Gastarbeiter als in Katar aufgrund schlechter Arbeitsbedingungen ums Leben gekommen.
Diese Einschätzung geht allerdings nicht mit Erkenntnissen unter anderem von „TRT Deutsch“ konform. Dort weist man beispielsweise auf eine Vielzahl an Berufserkrankungen früherer türkischer Gastarbeiter infolge von Asbestbelastung hin. Die Dunkelziffer sei in diesem Zusammenhang hoch. Auch ist keine dem NSU vergleichbare, rassistisch motivierte Mordserie an Gastarbeitern in Katar bekannt.
Sigmar Gabriel hatte bereits 2015 Katar besucht
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte jüngst mit Blick auf die Fußball-WM in Katar erklärt, für die Bundesregierung sei dies „eine total schwierige Vergabe“. Es wäre „besser, dass das nicht in solche Staaten vergeben wird“. Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg, erklärte am Sonntag, 30. Oktober, unterdessen auf ihre ursprünglich geplante Mitreise mit Faeser am Montag nach Katar zu verzichten.
In seiner Zeit als SPD-Vorsitzender und Bundesaußenminister hatte Gabriel eine weitgehend zurückhaltende Außenpolitik verfolgt. Im Jahr 2015 hatte er Katar besucht. Dabei hatte er neben einer kritischen Ansprache der Arbeitsbedingungen auch Fortschritte gelobt. In der Politik gegenüber Russland setzte er auf Kooperation und Einbindung – obwohl er das russische Vorgehen 2014 auf der Krim verurteilte.
Scharfe Kritik an Gabriel rief dessen Aussage im Jahr 2012 hervor, in welcher er Palästinenserpolitikern gegenüber Israel als „Apartheidsstaat“ bezeichnete. Auch als Außenminister traf er sich während eines Besuches im jüdischen Staat mit Vertretern von Organisationen, die im Verdacht der Verbreitung von Falschbehauptungen gegen Israel stehen.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion