Nicht nur wegen Wagenknecht: Linken-Fraktionschefin Mohamed Ali gibt Amt ab
Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali zieht sich wegen des Umgangs ihrer Partei mit Sahra Wagenknecht von ihrem Amt zurück. „Ich habe mich entschieden, bei der kommenden Vorstandswahl nicht mehr für den Fraktionsvorsitz der Linken im Bundestag zu kandidieren“, heißt es in einer Erklärung Mohamed Alis, die der „Deutschen Presse-Agentur“ (dpa) vorliegt. „Diese Entscheidung hat politische Gründe.“ Den letzten Ausschlag habe die Distanzierung der Parteispitze von Wagenknecht Anfang Juni gegeben.
Damit zeigt sich der Riss in der Linken immer deutlicher. Mohamed Ali, die die Fraktion seit 2019 gemeinsam mit Dietmar Bartsch führt, gilt als Vertraute von Wagenknecht. Diese hat sich mit der Parteiführung um die Vorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan überworfen und erwägt die Gründung einer eigenen Partei. Eine Entscheidung will Wagenknecht vor Jahresende treffen. Umfragen legen Erfolgschancen einer Wagenknecht-Partei nahe.
Mohamed Ali: Kurs der Partei widerspricht meinen Überzeugungen
Mohamed Ali nennt in ihrer Erklärung mehrere Gründe für den geplanten Rückzug von der Fraktionsspitze, die Anfang September neu gewählt wird. So schreibt die 43-Jährige, es falle ihr zunehmend schwer, den Kurs der Parteiführung in der Öffentlichkeit zu vertreten. Dieser widerspreche an vielen Stellen ihren politischen Überzeugungen. Sie kritisierte unter anderem, dass kein „grundsätzliches Nein zum falschen Kurs der Ampelregierung“ formuliert werde – so etwa zur Klimapolitik, die die Menschen finanziell belaste. Auch fehle es „an einem klaren Ja zu konsequenter Friedenspolitik“.
Die Parteiführung wolle enttäuschte Grünen-Wähler gewinnen, meinte sie. Doch könne man so nicht die erreichen, für die linke Politik gemacht werden solle, auch nicht AfD-Wähler, die noch zurückgewinnbar seien.
„Den letzten Ausschlag für meine Entscheidung hat der einstimmige Beschluss des Parteivorstandes vom 10. Juni 2023 gegeben und der Umstand, dass sich die große Mehrheit der Landesvorstände diesen Beschluss zu eigen gemacht hat“, heißt es in der Erklärung. „Darin wird gesagt, Sahra Wagenknecht habe in der Linken keine Zukunft mehr und solle zusammen mit anderen Abgeordneten ihr Mandat niederlegen. Dies zeigt in bis dahin noch nicht gekannter Deutlichkeit den Wunsch und das Ziel, einen Teil der Mitgliedschaft aus der Partei zu drängen.“
Wagenknecht-Partei wäre Gefahr für die Linke
Für die Bundestagsfraktion ist die interne Spaltung ein Risiko. Sie könnte ihren Status und damit finanzielle Mittel und Einfluss verlieren, falls mehr als zwei Abgeordnete in eine Wagenknecht-Partei wechseln und aus der Fraktion ausscheiden würden. Wie Mohamed Ali sich verhalten würde, ließ sie offen. Sie schrieb nur: „Ich werde mich im Bundestag weiterhin für die Ziele und Überzeugungen einsetzen, die meine politische Arbeit bisher getragen haben.“
Wagenknecht hatte die Parteispitze immer wieder heftig kritisiert und mit der möglichen Parteigründung gereizt. Wissler und Schirdewan ergriffen schließlich die Initiative und setzten den Beschluss gegen Wagenknecht durch. Inzwischen haben sie eine weitere Entscheidung getroffen, die bei Wagenknecht-Anhängern auf Kritik trifft: Sie schlugen die Flüchtlings- und Klimaaktivistin Carola Rackete als Linken-Spitzenkandidatin für die Europawahl vor.
„Der Vorschlag des Parteivorstandes, die parteilose Carola Rackete an sämtlichen Parteigremien vorbei als Spitzenkandidatin für die Europawahl auszurufen, beweist weiter die Geisterfahrt der politischen Führung der Linken“, sagte der Bundestagsabgeordnete Klaus Ernst, ebenfalls ein Anhänger Wagenknechts, dem Berliner „Tagesspiegel“. Offiziell wird die Liste für die Europawahl erst bei einem Linken-Parteitag in Augsburg Mitte November erstellt. (dpa)
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