Nach Bargeldfund: Union und Linke fordern von Scholz und Kahrs Aufklärung
Nach einem Medienbericht über einen großen Bargeldfund, der möglicherweise mit dem Cum-Ex-Skandal zusammenhängt, fordern Union und Linke Aufklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). „Hier ist auch die SPD auf Bundesebene in der Pflicht, die Dinge endlich aufzuklären“, sagte Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß am Montag dem „Spiegel“. Die „Bild“ hatte am Wochenende berichtet, dass in einem Schließfach des früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs mehr als 200.000 Euro gefunden worden seien.
Nach Angaben seines Sprechers wusste Scholz nichts von einer möglichen größeren Bargeld-Summe im Besitz von Kahrs. Das könne er ausschließen, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin. Scholz werde sich Ende kommender Woche erneut den Fragen des Untersuchungsausschusses zum sogenannten Cum-Ex-Skandal um die Hamburger Warburg-Bank stellen. „Auch dort wird alles, was sachdienlich zu sagen ist, behandelt werden“, sagte Hebestreit.
„Wir erwarten Antworten“
„Wir erwarten Antworten von Olaf Scholz und Peter Tschentscher, die auch bei der ominösen Bargeld-Summe von Herrn Kahrs für Aufklärung sorgen müssen“, forderte unterdessen der CDU-Fraktionsvorsitzende in der Hamburgischen Bürgerschaft, Dennis Thering, am Montag dem „Spiegel“. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian Hirte sagte in dem Magazin, Kahrs müsse „reinen Tisch machen“. Die „dubiose Rolle der Hamburger SPD schreit zum Himmel“, sagte Hirte.
Die Frage, ob es eine politische Einmischung in ein Steuerverfahren gegeben habe, müsse endlich beantwortet werden, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei (CDU), der „Bild“. „Der Zeugenaussage, die der Bundeskanzler in diesem Monat vor dem Untersuchungsausschuss abgeben muss“, sehe er gespannt entgegen.
Der stellvertretende Linken-Parteichef Lorenz Gösta Beutin sagte dem „Spiegel“, Kahrs müsse die Herkunft des Geldes offenlegen. Es seien viele Fragen offen. „Möglicherweise lassen sich so auch Erinnerungslücken von Bundeskanzler Olaf Scholz schließen.“
Der frühere Linken-Bundestagsabgeordnete Fabio De Masi schrieb auf Twitter: „Entweder Kahrs weist die Herkunft des Geldes nach oder er beruft sich auf sein Recht zu schweigen aufgrund der gegen ihn laufenden Cum-Ex-Ermittlungen.“ In letzterem Fall, so schloss De Masi, liege es nahe, dass das Geld mit dem Cum-Ex-Fall in Verbindung stehe „und auch der Bundeskanzler hat ein Problem“. Die Affäre habe „das Potenzial, den Kanzler zu stürzen“, sagte er dem „Tagesspiegel“.
Cum-Ex-Ermittler finden hohe Bargeld-Summe in Kahrs’ Schließfach
Die Staatsanwaltschaft Köln hatte im September das Haus von Kahrs durchsuchen lassen. Laut dem neuen „Bild“-Bericht durchsuchte sie damals auch ein Schließfach bei einer Bank. Dort sei die hohe Bargeld-Summe gefunden worden. Dies werte die Staatsanwaltschaft offenbar als Indiz dafür, dass Kahrs sich möglicherweise für die Hamburger Warburg-Bank eingesetzt habe, um diese vor hohen Steuerrückzahlungen zu bewahren, schreibt die Zeitung weiter.
Die Kölner Staatsanwaltschaft teilte auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP am Montagmittag mit, dass bei Durchsuchungen Ende September in einem Ermittlungsverfahren gegen drei Beschuldigte wegen des Anfangsverdachts der Begünstigung „keine etwaig aufgefundenen Bargeldbeiträge durch die Staatsanwaltschaft sichergestellt worden“ seien.
Vermögenssichernde Maßnahmen kämen nur in Betracht, wenn der konkrete Verdacht bestehe, dass ein Beteiligter etwas aus einer Straftat erlangt habe „und zu befürchten ist, dass es zur Sicherung einer etwaigen späteren gerichtlichen Einziehungsentscheidung auch vorläufiger Sicherungen von Vermögenswerten bedarf“.
Ermittlungen gehen weiter
Mit Cum-Ex-Geschäften wird das Verschieben von Aktien rund um einen Dividenden-Stichtag bezeichnet, um sich Kapitalertragsteuer erstatten zu lassen, die gar nicht gezahlt wurde. Der Staat verlor so Milliardenbeträge. 2017 war der Skandal erstmals bekannt geworden. Der Bundesgerichtshof entschied vor einem Jahr, dass es sich bei Cum-Ex-Geschäften um strafbare Steuerhinterziehung handelt.
In Hamburg hatte die Finanzbehörde 2016 darauf verzichtet, 47 Millionen Euro von der Privatbank M. M. Warburg aus solchen Geschäften zurückzufordern. Damals war Olaf Scholz Erster Bürgermeister der Hansestadt, der aktuelle Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) war Finanzsenator. Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss der Bürgerschaft versucht nun, die Sache und mögliche Einflussnahme aufzuklären.
Inzwischen laufen wegen Cum-Ex-Geschäften zahlreiche Ermittlungsverfahren gegen Banken oder frühere Mitarbeiter von Banken. Steueranwalt Hanno Berger, der als Schlüsselfigur der Cum-Ex-Geschäfte gilt, steht in Bonn und Wiesbaden vor Gericht. Der frühere Generalbevollmächtigte der Warburg-Bank ist bereits wegen Steuerhinterziehung rechtskräftig zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Eine Verfassungsbeschwerde der Bank gegen die Einziehung von 176 Millionen Euro scheiterte im April vor dem Bundesverfassungsgericht. Noch sei nicht abzusehen, wann die Ermittlungen abgeschlossen würden. (afp/dpa/dl)
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