Linken-Fraktionschef Bartsch gibt sein Amt ab

Seit Jahrzehnten prägt Dietmar Bartsch die Linke. In den vergangenen acht Jahren war er an der Spitze der Bundestagsfraktion. Jetzt geht er. Und das mit einem ungewöhnlichen Appell: Findet zurück zum Lächeln.
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Dietmar Bartsch gibt sein Amt als Vorsitzender der Bundestagsfraktion der Partei Die Linke auf.Foto: Danny Gohlke/dpa/dpa
Epoch Times16. August 2023

Mitten in der tiefen Krise der Linken gibt der langjährige Bundestagsfraktionschef Dietmar Bartsch sein Amt ab. Er werde bei der Vorstandswahl am 4. September nicht erneut kandidieren, erklärte der 65-Jährige am Mittwoch in einem Schreiben an die Fraktion. Den Entschluss habe er vor langer Zeit gefasst, betonte Bartsch. Vor einigen Tagen hatte bereits seine Co-Vorsitzende Amira Mohamed Ali ihren Rückzug angekündigt. Hintergrund ist der Richtungsstreit um die Abgeordnete Sahra Wagenknecht.

Wagenknecht trägt die politische Linie der Bundesvorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan nicht mit und will bis zum Jahresende entscheiden, ob sie eine eigene Partei gründet. Falls es dazu kommt, droht der Linken und ihrer Bundestagsfraktion die Spaltung. Es wird erwartet, dass dann mehrere der 39 Abgeordnete die Linke zusammen mit Wagenknecht verlassen würden. Mit weniger als 37 Mandaten würde der Fraktionsstatus verloren gehen und damit Geld, Posten und Einfluss der kleinen Oppositionspartei.

Entscheidung schon lange gefallen

Bartsch begründete seinen geplanten Rückzug aber nicht mit der aktuellen Krise, sondern schrieb an die Abgeordneten: „Meine Entscheidung, den Fraktionsvorsitz nach acht Jahren abzugeben, in denen ich die Fraktion zunächst mit Sahra Wagenknecht, dann mit Amira Mohamed Ali geleitet habe, ist lange vor der letzten Bundestagswahl gefallen. Meine Familie und engste politische Freunde kannten diese Entscheidung. Ja, viele haben mich in den vergangenen Tagen und Wochen heftig gedrängt, in dieser für die Partei nicht leichten Situation, noch einmal zu kandidieren. Letztlich bin ich bei meiner Entscheidung geblieben.“

Bartsch ist seit 2015 Co-Vorsitzender der Linken-Bundestagsfraktion, zuerst zusammen mit Wagenknecht, zuletzt mit Mohamed Ali. Diese hatte ihren Rückzug mit Protest gegen den Umgang der Parteispitze mit Wagenknecht begründet. Bartsch hatte daraufhin seine Zukunft zunächst offen gelassen. Nun hat auch er sich festgelegt. Wer den beiden nachfolgen könnte, ist offen.

Mit Bartsch zieht sich einer der prominentesten Linken aus der ersten Reihe zurück. Der 65-Jährige stammt aus Mecklenburg-Vorpommern und bekleidet seit Jahrzehnten hohe Parteiämter. Lange war er Bundesgeschäftsführer der Vorgängerpartei PDS und der 2007 neu gegründeten Linken. Im Jahr 2009 managte er den Bundestagswahlkampf. Drei Jahre danach kandidierte er als Parteichef, verfehlte aber die nötige Mehrheit. Im Jahr 2017 war Bartsch neben Wagenknecht Spitzenkandidat zur Bundestagswahl, 2021 trat er mit Parteichefin Wissler an.

Stete Warnung vor der Spaltung

In seinem Schreiben an die Abgeordneten appellierte er an seine Partei: „Viele schwadronieren aktuell wieder über das Ende der Linken. Sie werden sich ein weiteres Mal irren, wenn die Werte, um die wir in der Gesellschaft kämpfen, wie Menschlichkeit, Solidarität, Herzlichkeit und viel Lächeln wieder unser Handeln bestimmen und wir zugleich aus der Geschichte linker Parteien die notwendigen Schlussfolgerungen ziehen.“

Bartsch hat immer wieder vor Gefahren einer Spaltung der Linken gewarnt. Als Wissler und Schirdewan sich im Juni gemeinsam mit dem übrigen Parteivorstand von Wagenknecht lossagten, ließ Bartsch Unterstützung für die Parteispitze erkennen.

Insgesamt dreht sich der Streit in der Linken auch um die Frage, was moderne „linke“ Politik ist. Die Parteispitze umwirbt die Klimabewegung und will radikalen Klimamaßnahmen, verbunden mit sozialem Ausgleich. Wagenknecht und ihre Unterstützer warnen vor zu großen Belastungen durch solche Maßnahmen. Sie wollen zudem die Migration begrenzen und weiter billige Energieimporte aus Russland.

Auf dem jüngsten Bundesparteitag der Linken 2022 konnten Wagenknechts Unterstützer sich nicht durchsetzen. Wissler und Schirdewan sicherten sich hingegen die Unterstützung einer Mehrheit der Delegierten. (dpa/dl)



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