Laptops mit 700.000 Mails verschwunden: Was hat die Hamburger SPD zu verheimlichen?

Das Verschwinden von über 700.000 E-Mails vom Hamburger Untersuchungsausschuss zur Cum-Ex-Affäre wirft Fragen auf. Die Laptops mit den E-Mails, die Einblicke in die Rolle von Olaf Scholz in der Affäre bieten könnten, sind aus dem Sicherheitsraum verschwunden. Der Chefermittler, Steffen Jänicke, steht unter Verdacht, die Geräte entfernt zu haben, was die Untersuchung behindern könnte.
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Zwei Laptops mit brisanten Mails sind verschwunden. Was hat die SPD zu verheimlichen?Foto: istock
Von 4. November 2023

Von zwei Laptops erhoffte sich der Hamburger Untersuchungsausschuss zur Cum-Ex-Affäre neue Erkenntnisse über die Rolle von Olaf Scholz (SPD). Nun sind diese Laptops mit mehr als 700.000 E-Mails verschwunden.

Wie der „Stern“ und die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ)“ berichtet, soll der von der SPD berufene Chefermittler Steffen Jänicke das brisante Beweismaterial aus dem Tresor im Sicherheitsraum des Untersuchungsausschusses entfernt haben. Unklar ist bisher, wo sich die Geräte befinden.

Ursprünglich erhofften sich die Abgeordneten der Hamburger Bürgerschaft im Untersuchungsausschuss, dass sie mit dem E-Mail-Verkehr einen besseren Einblick in die Rolle des damaligen Bürgermeisters und heutigen Bundeskanzlers Olaf Scholz in der Cum-Ex-Affäre der Hamburger Privatbank Warburg erhalten. Dafür mussten sie monatelang mit dem Justizministerium in NRW streiten. Dieses hatte die Laptops mit den E-Mails im Zuge der Ermittlungen beschlagnahmt. Anfang Oktober gab die Behörde dann die Laptops an den Hamburger Untersuchungsausschuss.

Die E-Mail-Postfächer wurden kurz nach der Bundestagswahl im September 2021 beschlagnahmt. Zwei Tage nach der Wahl kam es damals zu einer Razzia in Hamburg. Neben der Finanzbehörde durchsuchten die Ermittler auch bei der Finanzbeamtin zu Hause und bei Johannes Kahrs. Zusätzlich durchleuchteten die Ermittler über Monate hinweg die elektronischen Briefkästen von Politikern, Staatsräten und Beamten. Die Betroffenen bekamen davon nichts mit.

Material könnte Sprengkraft haben

Dass die Geräte nun aus dem Tresor verschwunden sind, ist nicht wirklich zu erklären, da sie eigentlich gut geschützt sind. Der Tresor steht in einem fensterlosen Raum, wenige Hundert Meter vom Hamburger Rathaus entfernt. An die Unterlagen kommen nur ausgewählte Personen, die sich vorher einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen haben. Diese bringen die Akten in den Lesesaal. Nur dort dürfen ihn die Mitglieder des Parlamentarischen Untersuchungsausschuss oder Mitarbeiter unter strenger Aufsicht lesen.

Die 700.000 E-Mails könnten für die SPD, insbesondere für Bundeskanzler Scholz, durchaus Sprengkraft haben. So schreibt der „Stern“, dass beispielsweise E-Mails von unter anderem Olaf Scholz’ Büroleiterin, von Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher und von zahlreichen Topbeamten gesichert wurden. Der Schriftverkehr hätte unter Umständen Licht in das Dunkel einer Affäre bringen können, in der es bisher viele merkwürdige Erinnerungs- und Aktenlücken gibt.

Dass dieses Material nun aus dem Sicherheitsraum entfernt wurde und, so hat es den Anschein, dem Zugriff des Untersuchungsausschusses entzogen wurde, macht stutzig. Hinter der Aktion soll nach Informationen von „Stern“ und WAZ ausgerechnet Steffen Jänicke stehen. Jänicke ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Untersuchungsausschusses und so quasi der Chefermittler in der Warburg-Affäre. Berufen wurde er dazu von der SPD. Jener Partei, der auch der Bundeskanzler angehört.

In einem Schreiben an die Obleute des Untersuchungsausschusses teilte er vorher mit, er habe „verfügt, dass die Akteneinsicht sowie des Arbeitsstabes mit den Asservaten zunächst ausgesetzt wird.“ Dass er offenbar auch die Laptops aus dem Sicherheitsraum entwendet hat, schreibt er nicht.

Wurden die Laptops im Nachgang manipuliert?

„Wir wissen nicht, wo sich die Geräte befinden und ob sie an dem Ort sicher sind“, zitierte der „Stern“ den CDU-Obmann in dem Hamburger Untersuchungsausschuss, Richard Seelmaecker. „Die Laptops wurden ohne Rücksprache aus dem Tresor entfernt. Wir wissen nicht, ob sie zwischenzeitlich manipuliert oder ausgelesen wurden“, so Seelmaecker weiter.

„Wir sind höchst verwundert über diesen Umgang mit den sensiblen Daten“, sagt Linken-Obmann Norbert Hackbusch dem „Stern“. Warum Jänicke die Laptops aus dem Safe entfernte, ist nicht erklärlich. Entsprechende Anfragen von verschiedenen Medien an den Chefermittler blieben bisher von ihm unbeantwortet.

AfD-Obmann Alexander Wolf erklärte: „Es wird zu untersuchen sein, ob an den genannten Laptops in der Zwischenzeit Änderungen vorgenommen oder Kopien angefertigt wurden.“

Auf Anfrage des „Tagesspiegels“ sagte der Ausschussvorsitzende Mathias Petersen (SPD), die Laptops würden im „Arbeitsstab unter Einhaltung der Geheimhaltungsvorschriften“ aufbewahrt. Was an diesem Platz anders sein soll als im Tresor des Sicherheitsraums, ist tatsächlich schwer verständlich. Tatsache ist aber, dass die Rolle der Hamburger SPD in der Cum-Ex-Affäre bis heute sehr zwielichtig ist.

SPD und Bundeskanzler Scholz tief in der Affäre verstrickt

Nachdem das Hamburger Finanzamt 2016 einen Millionenbeitrag von der Warburg Bank zurückgefordert hatte, weil die Steuerrückzahlungen an die Bank unrechtmäßig bezahlt wurden, verzichtete die Behörde plötzlich auf die Nachzahlung. In den Fokus gerieten schnell zwei ehemalige, hochrangige SPD-Politiker: Alfons Pawelczyk, einst Innensenator und Vizebürgermeister Hamburgs, sowie seinen politischen Ziehsohn Johannes Kahrs, Ex-Bundestagsabgeordneter und einflussreicher Haushaltspolitiker. Beide Politiker berieten damals die Bank und stellten einen Kontakt zu Olaf Scholz her, der damals Erster Bürgermeister in Hamburg war. Scholz traf sich mehrmals mit den Bankiers und sprach mit ihnen über das Steuerverfahren.

Pawelczyk erhielt knapp 60.000 Euro für seine Lobbyarbeit für die Bank, in zwei Tranchen ausgezahlt. Für Kahrs flossen aus dem Warburg-Firmengeflecht 45.500 Euro als Spenden an die Hamburger SPD. Ein Großteil davon ging in den Wahlkreis von Kahrs.

Dass Jänicke überhaupt Zugang zu den sensiblen Daten hatte, ist verwunderlich. Das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz hatte im Sommer 2022 wegen familiärer Verbindungen nach Russland Bedenken geäußert, ob Jänicke vertrauenswürdig genug ist, Einsicht in streng geheime Unterlagen zu nehmen. Die SPD-geführte Hamburger Bürgerschaftskanzlei hatte sich über die Bedenken hinweggesetzt, auch damals wurden allerdings die Obleute zunächst nicht informiert.

Als die Sache durch Medienberichte aufflog, einigte man sich intern auf einen Kompromiss: Jänicke dürfe im Amt bleiben, aber keinen Zugang zu sensiblen Daten oder zum Tresor haben. Insofern hätte er eigentlich nie Zugang zu den Laptops erhalten dürfen. Wie er trotzdem an die Geräte herankommen konnte, ist unverständlich.

Wie der „Stern“ schreibt, soll CDU-Obmann Seelmaecker den SPD-Mann auf den Verbleib der Laptops angesprochen haben. „Machen Sie sich keine Sorgen, die Laptops sind an einem geeigneten Ort“, soll er darauf geantwortet haben.



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