Klimakleber: Statt Gerichtstermin ein Flug nach Bali

Mit dem Flieger in den Urlaub nach Bali statt zum Gerichtstermin. Zwei Klimakleber der „Letzten Generation“ sollten sich wegen der Blockade von Autofahrern vor Gericht verantworten. Einen Widerspruch sieht die Gruppe aber im Handeln ihrer Mitglieder nicht. Sie seien als „Privatpersonen“ geflogen. In den sozialen Netzwerken wird nun kräftig diskutiert.
Titelbild
Statt in den Gerichtssaal zog es zwei Klimakleber lieber in die Sonne Thailands und Balis.Foto: Stefan Schweihofer auf Pixabay
Von 2. Februar 2023

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Immer wieder blockieren Klimakleber Straßen und hindern Autofahrer dadurch an der Weiterfahrt. Seit Beginn der Proteste im letzten Jahr soll die sogenannte „Letzte Generation“ nach Angaben von Carla Rochel, eine Sprecherin der Gruppe, 1.250 Mal bundesweit Straßen blockiert haben. Das schreibt zumindest die „BZ“ und beruft sich hier auf eine dpa-Anfrage. Geschätzt seien im Jahr 2022 rund 2.000 Menschen für die „Letzte Generation“ auf die Straße gegangen. 1.200 Unterstützer seien dabei von der Polizei in Gewahrsam genommen worden.

Ziel der Gruppe ist es, ein Bewusstsein für die Folgen des Klimawandels zu schaffen. Ganz so ernst scheinen es manche dieser Unterstützer mit dem Klimaschutz aber nicht zu meinen. Zumindest legt das ein Fall aus Stuttgart nahe, der gerade öffentlich diskutiert wird.

Autoverkehr behindert

Im September wurde von den Klimaklebern in Stuttgart die Bundesstraße 10 blockiert. Der Berufsverkehr wurde damals stark behindert. Die Justiz leitete deshalb ein Strafverfahren wegen Nötigung gegen die Verantwortlichen ein. Nach Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist das Blockieren von Straßen nicht als gewaltfrei einzustufen. Nach der sogenannten Zweite-Reihe-Rechtssprechung werden nachfolgende Autos durch physischen Zwang am Weiterfahren gehindert. Deshalb enden viele dieser Straßen-Klebe-Aktionen immer wieder vor Gericht.

Flugreise statt Gerichtsprozess

Im November sollte es wegen der Blockade in Stuttgart zu einer Verhandlung vor dem Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt kommen. Wie die „Bild“ berichtete, blieben zwei Klimakleber allerdings der Verhandlung fern. Der Grund lässt aufhorchen.

Luisa S. und Yannick S. sind privat ein Paar und stehen auch bei ihren Klimaprotesten zusammen. In Stuttgart zeigten sie klare Kante mit einem Transparent, auf dem „Öl sparen statt bohren“ zu lesen war.

Auf richterliche Nachfrage stellte sich nun heraus, dass das Pärchen nicht am Gerichtsprozess teilnehmen konnte, da es sich auf Urlaubsreise befand. Das kann nun spürbare Konsequenzen für die 22-Jährige und ihren zwei Jahre älteren Freund haben: Urlaubsreisen sind kein Grund, einer strafrechtlichen Verhandlung fernzubleiben.

Mehr als das Fernbleiben wegen eines Urlaubs dürfte allerdings manchen das Urlaubsziel irritieren: Das Pärchen flog mit dem Flugzeug nach Thailand. Von da aus ging es dann weiter nach Bali.

„Bild“ schaute einmal auf den CO₂-Verbrauch des Klima-Pärchens durch ihre Flugreise. Hin und zurück seien es rund 23.000 Kilometer. Der CO₂-Verbrauch für beide Aktivisten liege daher bei circa 7,9 Tonnen. Der Flug verbrauche darüber hinaus rund 140.000 Liter Kerosin.

Beide haben als „Privatleute“ nicht als „Klimaschützer“ gebucht

Wenn man nun glaube, dass das Verhalten dieses Pärchen auf Ablehnung in ihrer Gruppe treffen würde, dann wurde man schnell eines Besseren belehrt. Gegenüber der „Bild“ äußerte sich ein Sprecher der „Letzten Generation“ durchaus verständnisvoll. Beide „haben den Flug als Privatleute gebucht, nicht als Klimaschützer. Das muss man auseinanderhalten.“ Eine recht wilde Begründung, mit der die Organisation hier die Doppelmoral ihrer Aktivisten begründet. Warum der CO₂-Ausstoß von „Privatleuten“ anders ist als von „Klimaschützern“, blieb der Sprecher schuldig.

Dass man in Stuttgart damals Berufspendler an ihrem Weg zur Arbeit hinderte, später dann aber aus Vergnügen wesentlich höhere Mengen an Schadstoffen mitverursacht, lässt manchen Leser sicherlich etwas verwundert zurück. In den sozialen Netzwerken wird das Verhalten der jungen Menschen nun sehr intensiv diskutiert.

Überwiegendes Unverständnis in den sozialen Netzwerken

So schreibt Julius Böhm, politischer Korrespondent im Team vom ehemaligen „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt, auf der sozialen Plattform Twitter:

Nach Bali fliegen? Nur ok, wenn sich Klimakleber „privat“ vom Protest erholen! – Liebe Klimabewegung: Doppelmoral, radikale Protestformen, Unterwanderung durch Linksextreme & Gewalt gegen die Polizei zerstören das Wichtigste: die Akzeptanz der Gesellschaft für Klimaschutz.“

Der Pressesprecher der CDU Sachsen, Paul Schäfer, findet auf Twitter ebenfalls deutliche Worte:

Viele der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die wegen der Klimakleber morgens im Stau stehen, können es sich nicht leisten, nach Bali zu jetten.

Sie sollen mit den Lastenrad zur Arbeit fahren, die LetzteGeneration sonnt sich derweil am anderen Ende der Welt. Wie bigott!“

Die Hebamme und Buchautorin Livia Clauss sieht das Klima-Pärchen demnächst in einer Talk-Show:

Die Klimakleber fliegen nach Bali, obwohl sie einen Gerichtstermin haben. Die Flugreise ist ja eine Sache, aber den Stinkefinger in Richtung Gericht die andere. Wird das Konsequenzen haben? Ich fürchte, ja. Die Einladung zur nächsten Talkshow ist sicher.“

Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Torsten Herbst, spricht auf Twitter von „Doppelmoral“:

Klimakleber und ihre Doppelmoral. Es ist schon bemerkenswert, dass man erst Berufspendler im Namen des Klimaschutzes nötigt, dann aber selbst entspannt in den Flieger nach Bali steigt.“

Für den Tweet erhält der FDP-Bundestagsabgeordnete überwiegend Zustimmung in den Antworten auf seinen Post. Aber auch kritische Stimmen melden sich zu Wort.

So schreibt das nach eigenen Aussagen „führende[s], deutschsprachige Online-Magazin mit News und Hintergründen zu umweltfreundlichen Technologien (Cleantech), Smart Home und Energiewende.“, Cleanthinking, als Antwort auf Twitter:

Was halten Sie eigentlich vom Rechtsstaat und von Freiheit, Herr Herbst? Scheinbar nicht viel. Auch Klimaaktivisten haben ein Recht auf Urlaub. Und: Solange kein Gericht eine strafbare Nötigung festgestellt hat, ist Ihr Tweet eine Vorverurteilung.“

Andreas Katz, bis vor einigen Jahren Landesvorsitzender der Grünen in Mecklenburg-Vorpommern, stört sich an der Zeitung, die die Geschichte zuerst öffentlich machte. So schreibt Andreas Katz auf Twitter:

Wer Bild zitiert, hat die Kontrolle über den inneren Schweinehund verloren.“

Wie er den Sachverhalt bewertet, darüber schweigt er sich aus.

Der Publizist Stephan Anpalagan twitterte am Dienstag:

Wer sich für den Klimaschutz auf die Straße klebt und anschließend einen Gerichtstermin verpasst, weil er in den Bali-Urlaub geflogen ist, hat alle Häme dieser Welt verdient.“

 



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