„Haftungsrisiko geht an Steuerzahler“: Staat übernimmt Verantwortung für Atommüll-Entsorgung gegen Milliardenzahlung

Der Staat übernimmt nun die finanzielle und organisatorische Verantwortung für die Atommüll-Entsorgung. Die Energiekonzerne zahlen dafür einen festgelegten Milliarden-Betrag.
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Atommüllfässer in Morsleben.Foto: Getty Images
Epoch Times13. Dezember 2016

Für die Entsorgung strahlender Hinterlassenschaften der Atomkraftwerke zeichnet sich ein breiter Konsens ab. Union und SPD verständigten sich mit den Grünen auf eine gemeinsame Fassung für ein neues Gesetz zum Atomausstieg, wie die beteiligten Fraktionen am Montag übereinstimmend in Berlin mitteilten. Demnach übernimmt der Staat die finanzielle und organisatorische Verantwortung für die Atommüll-Entsorgung. Die Energiekonzerne zahlen dafür einen festgelegten Milliarden-Betrag.

Es werde bei der atomaren Entsorgung „strikt am Verursacherprinzip festgehalten“, hob Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) bei der Vorstellung des überarbeiteten Gesetzentwurfs hervor. Demnach bleiben die Unternehmen verantwortlich für die Stilllegung und den Abriss der von ihnen betriebenen Akw. Für die Entsorgung des Atommülls sollen sie aus bestehenden Rücklagen sowie einem zusätzlichen Risikoaufschlag insgesamt etwa 23,4 Milliarden Euro in einen öffentlich-rechtlichen Fonds einzahlen.

Wichtig war in diesem Zusammenhang die am Freitag verkündete Bereitschaft der Energiekonzerne, Klagen gegen den Atomausstieg und das zeitweise Moratorium für Akw im Jahr 2011 weitgehend zurückzuziehen. Vor allem SPD und Grüne dringen darauf, dass die Unternehmen auch auf zwei noch verbleibende Klagen verzichten, davon eine von Vattenfall vor einem internationalen Schiedsgericht. Eine Voraussetzung für das neue Gesetz sei dies aber nicht, hieß es übereinstimmend.

Ziel der Neuregelung sei „eine klare Arbeits- und Kostenverteilung“, sagte SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil. Es sei an der Zeit, nach jahrzehntelangen Debatten „diesen gesellschaftlichen Konflikt zu beenden“, ohne die Betreiber aus ihrer Verantwortung zu entlassen. Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer bedauerte, dass die Verständigung nicht schon zu einer Zeit möglich gewesen sei, als die Akw-Betreiber noch wirtschaftlich leistungsfähiger waren. Umso besser sei es aber, „dass dies jetzt auf den Weg gebracht worden ist“.

Der Gesetzentwurf geht im Kern auf die im Mai vorgelegten Empfehlungen der Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs hervor. Neu ist unter anderem ein Mitspracherecht des Bundestages bei der Verwaltung der in dem Fonds gesammelten Gelder. Zudem wird die Bundesregierung zu einem Vertrag mit den Akw-Betreibern ermächtigt, um dafür zu sorgen, dass diese ihre verbliebenen Klagen zurückziehen.

Insgesamt hatten die Unternehmen 31 Klagen in Verbindung mit dem Atomausstieg angestrengt. Davon wurden 20 inzwischen zurückgezogen oder ein Verzicht angekündigt, weitere erledigten sich mit dem Urteil des Bundesverfasssungsgerichts vom vergangenen Dienstag, das zwar grundsätzlich ein Recht auf Schadenersatz in bestimmten Fällen anerkannte, die Ansprüche aber zugleich stark einschränkte.

Mögliche Auswirkungen der verbliebenen Klagen beurteilten die am Konsens beteiligten Fraktionen gelassen. „Unsere Rechtsposition ist gut“, sagte Heil. In einer Entschließung soll der Bundestag aber die Energieversorger auffordern, ihre Klagen zurückzuziehen, um einen Rechtsfrieden zu erreichen, wie Unions-Fraktionsvize Georg Nüßlein (CSU) hervorhob.

Scharfe Kritik kam von der Linken, die von den Konsensverhandlungen ausgeschlossen war. Mit der nun geplanten Regelung „kaufen sich die Konzerne von ihrer Verantwortung frei“, sagte Parteichef Bernd Riexinger. Im Gegenzug gehe „das Haftungsrisiko an die Steuerzahler über“. (afp)



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