Dreimal geimpft, zweimal genesen – Drosten verzichtet auf Maske und COVID-Booster

Soll man im Herbst seine COVID-Impfung auffrischen? Oder eine Maske tragen? Die „Zeit“ sprach mit dem Charité-Virologen Christian Drosten über die aktuelle Corona-Lage. Narrative der schützenden Maske und Impfung wurden jedoch nicht kritisch hinterfragt.
Virologe Christian Drosten zeigt sich besorgt über den Stand der Impfungen in Deutschland. Foto: Jörg Carstensen/dpa/dpa
Virologe Christian Drosten.Foto: Jörg Carstensen/dpa/dpa
Von 7. Oktober 2023

Die Daten zur neuen Corona-Variante Pirola sehen nach Einschätzung des Virologen Christian Drosten „beruhigend“ aus. „Ich kann vorerst Entwarnung geben.“  Er sieht auch keinen Grund, sich einer erneuten COVID-Impfung zu unterziehen.

„Ich bin gesund, und für meine Altersgruppe besteht keine STIKO-Empfehlung zur Impfung“, erklärte der Virologe in einem „Zeit“-Interview. Angst vor Nebenwirkungen habe er keine. „Ich kenne die Nebenwirkungen gut, sie bewegen sich im Bereich anderer Impfstoffe.“

Nach seiner Ansicht „säßen wir wohl noch immer in der Klemme“, wenn sich ein großer Teil der Bevölkerung nicht hätte impfen lassen. Die Gesellschaft sei einfach zu alt, „um dieses Virus ohne Impfung laufen zu lassen“.

„Inzwischen haben die allermeisten durch Infektionen eine Immunabwehr aufgebaut, die sich gegen das ganze Virus richtet, nicht nur gegen das Spike-Protein aus dem Impfstoff“, so Drosten. Dafür seien Infektionen nötig gewesen.

Den Umstand, dass er bei einer Veranstaltung im Berliner Naturkundemuseum kürzlich lautstark von jemandem dafür beschimpft wurde, dass „Ihre Impfung“ bei seiner Mutter Krebs verursacht habe, entkräftete Drosten. Das seien „Randerscheinungen“. Es gebe nun einmal Leute, die gezielt zu einer solchen Veranstaltung kämen, „um aufzufallen“. Wenn Drosten sich auf Gespräche mit solchen Personen einlasse, bemerkte er, „dass sie argumentativ auf dem Holzweg sind. Sie denken etwa, ich hätte die Impfung erfunden. Oder sind davon überzeugt, dass Impfungen Krebs hervorrufen.“

Diese Leute seien mit wissenschaftlichen Argumenten schwer zu erreichen, so der Virologe – ungeachtet der Tatsache, dass zahlreiche Berichte Zusammenhänge von Krebserkrankungen und der COVID-Impfung beschreiben.

Keine Maske, aber Testungen

Nicht nur auf einen Booster, sondern auch auf das Tragen einer Maske will der Virologe verzichten. „Ich bin dreimal geimpft und habe mich zweimal infiziert. Und ich bin nicht in dem Alter, in dem ich schon an ein erhöhtes Risiko denken müsste. Zum Selbstschutz würde ich keine Maske mehr tragen. Falls noch mal eine Maskenpflicht käme, was ich nicht erwarte, wäre ich natürlich dabei“, so der 51-Jährige.

Rückblickend betrachtet wertet der Virologe Masken, Abstandsregelung sowie Versammlungs- und Ausgangsbeschränkungen mit Verweis auf die aktuelle Studienlage für „sehr effektiv“. Mit kritischen Fragen, dass die Masken nach Aussage vieler Wissenschaftler eher gesundheitsschädlich sind und eine Virusverbreitung nicht nachweisbar verhindert haben, musste sich Drosten im Interview nicht auseinandersetzen. Er schreibt vor allem den FFP2-Masken eine große Wirkung zu, obgleich diese im Rahmen des Arbeitsschutzes nur unter strenger Beachtung von beschränkten Tragezeiten getragen werden sollten.

Testen würde er sich trotzdem, wenn bei ihm Symptome auftreten. Tests für die Allgemeinbevölkerung hingegen hält er für nicht mehr tragfähig. „Da stimmt das Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht mehr.“

Für Drosten ist klar: „Wer in den nächsten Jahren daran erkrankt, wird weiterhin auch Halsschmerzen, Husten und manchmal Fieber bekommen. Aber wegen der robusten Immunität durch Impfung und Infektion ist COVID für die meisten Menschen jetzt wie eine Erkältung – oder manchmal wie eine Grippe.“

Äußerung über Schulschließung sorgt für Kritik

Außerdem äußerte Drosten: „Das Schließen der Schulen hat nicht nur die Infektionszahlen, sondern eindeutig auch die Zahl der Erkrankten und Verstorbenen in der gesamten Gesellschaft gesenkt.“ Dafür erntet er heftige Kritik von dem Universitätsmediziner Johannes Pantel. Auf X bezeichnet der Psychologe diese Aussage als „falsch und irreführend“, insbesondere weil sie nicht von der von Drosten zitierten Untersuchungen der britischen Royal Society gestützt werde. Die behauptete Evidenz dazu stehe vielmehr „auf sehr dünnen Beinchen“.

Tatsächlich wisse man bis heute nicht, ob Schulschließungen in Deutschland einen nennenswerten und relevanten Effekt auf COVID-19 assoziierte Krankheitslast und Morbidität gehabt haben. Im Vergleich dazu hätte diese Maßnahme erhebliche psychische, soziale und gesundheitliche Folgeschäden für sehr viele, vor allem sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche.

Nach Pantels Einschätzung könnte Drostens irreführende Aussage dazu beitragen, „diesen schweren politischen Fehler zu relativieren, was angesichts der genannten Folgeschäden in Bezug auf zukünftige politische Entscheidungen fatal wäre“. Daher fordert er Drosten auf, diese Aussage öffentlich zurückzunehmen.



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