Deutsche Bahn setzt bei Digital-Infrastruktur auf Huawei-Technik
Ungeachtet der Warnungen des Bundesinnenministeriums und der deutschen Geheim- und Nachrichtendienste will die Deutsche Bahn beim Aufbau ihrer Digital-Infrastruktur auf Bauteile von Huawei setzen. Das stößt unter den Parlamentariern verschiedener Fraktionen im Bundestag auf scharfe Kritik.
Im Rahmen eines EU-weiten Ausschreibungsverfahrens suchte die Deutsche Bahn, die zu 100 Prozent in staatlicher Hand ist, im vergangenen Dezember eine Firma zum Aufbau eines betriebsinternen IT-Netzwerks. Der 64-Millionen-Euro-Auftrag ging an die Deutsche Telekom (Bund: 16,6 Prozent Beteiligung). Diese will zur Auftragserfüllung chinesische Huawei-Technik für das IT-Netz nutzen, es geht um Router und Verteiler.
Die Betriebssysteme der Huawei-Geräte müssen regelmäßig aktualisiert werden. Laut Sicherheitsexperten besteht dabei das Risiko, dass Schadsoftware aufgespielt wird.
Bahn-Sprecherin sieht kein Fehlverhalten
Der Bahnkonzern sieht bei sich kein Fehlverhalten. Laut einer Bahn-Sprecherin obliege es dem Lieferanten (Telekom), die technischen Komponenten entsprechend den vorgegebenen Spezifikationen festzulegen, berichtet das „Handelsblatt“.
Sie erklärte zudem, dass es „keine Warnung“ des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik zur Verwendung von Huawei-Technik gebe. „Den Empfehlungen der Bundesbehörden folgen wir selbstverständlich.“
FDP fordert gesetzliches Verbot
Unter den Parlamentariern stößt diese Haltung auf massive Kritik. Die FDP fordert daher ein gesetzliches Verbot. „Es bedarf gesetzlicher Nachschärfungen, sodass keine chinesische Technik im IT-Netz der Deutschen Bahn mehr betrieben werden kann“, sagte der digitalpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Maximilian Funke-Kaiser, dem „Handelsblatt“. Die Entscheidung für chinesische Komponenten treffe bei ihm auf kein Verständnis und sende das falsche Signal in die heimische Wirtschaft und an unsere internationalen Partner.
Konfrontiert mit der Entscheidung der Deutschen Bahn, Huawei-Technik nutzen zu wollen, stellt sich das Bundesverkehrsministerium auf die Seite des Staatskonzerns.
Für die Deutsche Bahn bestehe als Betreiber von nicht-öffentlichen Betriebsfunknetzen weder eine Zertifizierungspflicht für kritische Komponenten noch eine Verpflichtung, den Einbau von kritischen Komponenten beim Bundesinnenministerium anzuzeigen, sagte ein Ministeriumssprecher dem „Handelsblatt“.
Jens Zimmermann, Digitalpolitiker der SPD, erklärt gegenüber dem „Handelsblatt“, dass beim Bahnkonzern schon seit Längerem eine komplette Ignoranz gegenüber dem Problem herrsche. Seiner Meinung nach versucht das Unternehmen die ganze Thematik auszusitzen. „Ich kann dem Bahnvorstand nur empfehlen, das Thema sehr, sehr ernst zu nehmen“, so der Bundestagsabgeordnete.
Auch Konstantin von Notz, Innen- und Digitalpolitiker der Grünen, hält den Zuschlag der Bahn an die Telekom, die Huawei-Technik nutzen will, für schwer nachvollziehbar. Er weist auf „eindringliche Warnungen“ der Sicherheitsbehörden hin, die man „sehr ernst nehmen“ sollte. „Alle Beteiligten tragen Verantwortung – auch und gerade die Betreiber kritischer Infrastrukturen“.
Innenministerium wendet sich an Mobilfunk-Netzbetreiber
Ministerialrat Andreas Reisen hat laut dem IT-Magazin „Golem“ am 3. März 2023 eine E-Mail an die Abteilungsleiter der Mobilfunk-Netzbetreiber Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica Deutschland geschickt.
Als Referatsleiter CI 3 Cybersicherheit für Wirtschaft und Gesellschaft forderte Reisen die Unternehmen auf, bis Anfang April eine Liste aller von Huawei verwendeten Komponenten für das 5G-Netz aufzulisten. Der Grund dafür ist, dass im Juli 2022 ein Zertifizierungsprogramm für 5G-Komponenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik eingeführt wurde, das der Sicherheitsüberprüfung im Bereich Mobilfunk dient.
Falls kritische Bauteile gefunden werden, kann das Bundesamt sie einer Sicherheitsprüfung unterziehen. Bisher habe man in Bauteilen von Huawei keine „Hintertüren“ (Backdoors) entdeckt, hieß es aus Regierungskreisen gegenüber der „Zeit“. Auch der „Tagesspiegel“ berichtete, dass eine Huawei-Komponente durch das Bundesamt geprüft und nicht beanstandet worden sei.
Auslöser für die Kontaktaufnahme des Bundesinnenministeriums mit den Netzbetreibern soll laut der Digital-Politikerin Anke Domscheit-Berg (Die Linke) „die Erfüllung der Anzeigenpflicht eines Providers gewesen sein.“ Dieser habe eine Schwachstellenbeurteilung eines Herstellers gemeldet, da offenbar negative Erkenntnisse aufgetaucht seien.
Falls tatsächlich ein Sicherheitsrisiko bei einem Bauteil entdeckt würde, wäre es möglich, den Netzbetreibern zu untersagen, das betreffende Bauteil zu nutzen.
Huawei mit engen Verbindungen zum chinesischen Militär
Chinesische Firmen wie Huawei stehen in zahlreichen Staaten wegen ihrer Nähe zur Regierung in Peking unter besonderer Beobachtung. Alle chinesischen Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, falls Peking ein nationales Sicherheitsproblem sieht, mit der chinesischen Führung zu kooperieren. Auch Auslandsdaten und -Infrastruktur müssen den Sicherheitsorganen der Pekinger Staatsführung zur Verfügung gestellt werden. Zudem weist Huawei eine auffällige Nähe zum chinesischen Militär auf.
Huawei-Technik ist billiger als die europäischen Konkurrenzprodukte von Ericsson oder Nokia – weil sie großzügig von Peking subventioniert wird, um ihnen auf dem Weltmarkt einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.
Viele Experten bezweifeln, dass Sicherheitsrisiken, die von chinesischen Konzernen ausgehen könnten, sich rein technisch kontrollieren lassen. Deshalb ist in einigen anderen westlichen Staaten Huawei-Technik generell verboten.
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