Autokorsos für Erdoğan: Angriffe auf feiernde Türken in Stuttgart und Mannheim
In mehreren deutschen Städten sind türkische Einwanderer am Sonntag, 28. Mai, auf die Straße gegangen, um den Wahlsieg von Präsident Recep Tayyip Erdoğan zu feiern. Der türkische Staatspräsident hatte die Stichwahl mit 52 Prozent der Stimmen für sich entschieden. Unter Türken, die in Vertretungen ihres Landes Deutschland ihre Stimme abgaben, kam der Amtsinhaber auf mehr als zwei Drittel der Stimmen.
Zu spontanen Siegesfeiern und Autokorsos kam es vor allem in Städten mit einer starken türkischen Einwanderercommunity. In Berlin, Duisburg, Dortmund oder Ulm blieben die Feierlichkeiten friedlich. Es gab lediglich mancherorts Beschwerden über Hupkonzerte und damit verbundene Ruhestörungen. Auch Pyrotechnik soll bei einigen Feierlichkeiten zum Einsatz gekommen sein.
Möglicherweise PKK-Sympathisanten hinter Angriff auf Erdoğan-Anhänger
Gewalt überschattete hingegen die Kundgebungen in Stuttgart und Mannheim. Dort kam es zu Angriffen auf feiernde Türken – wobei aus Polizeiberichten nicht hervorgeht, von wem diese ausgingen. Nicht bestätigten Annahmen zufolge sollen Anhänger der – auch in Deutschland verbotenen – terroristischen PKK in die Ausschreitungen involviert gewesen sein. Ob auch sonstige türkische oder deutsche Linksextremisten beteiligt waren, ist ungewiss.
Einem Bericht der „Welt“ zufolge gab es am Sonntagabend in der Stuttgarter Innenstadt drei Schwerverletzte nach einer Messerstecherei. Dabei beruft sich das Blatt auf Angaben der örtlichen Polizei und Staatsanwaltschaft. Insgesamt gebe es Ermittlungen in 13 Fällen wegen mutmaßlicher Straftaten. Neben Sachbeschädigungen gehe es um sechs Fälle von Körperverletzung und ein versuchtes Tötungsdelikt.
Ein Fahrer und zwei weitere Personen seien durch Messerstiche verletzt worden. Sie befänden sich aber mittlerweile außer Lebensgefahr. Zwei der Verletzten sollen selbst zu der mehrköpfigen Personengruppe gehört haben, die gegen 22:10 Uhr den Autokorso angegriffen hatten. Bereits zuvor war es in einigen Fällen zu Schlägereien und Zusammenstößen gekommen. Unbekannte sollen Fahrzeuge mit Flaschen und Steinen angegriffen haben. In Mannheim soll es nach einem Bericht des „Mannheimer Morgen“ ebenfalls zu „körperlichen Auseinandersetzungen“ gekommen sein.
AKP-Auslandsorganisationen gut organisiert
Wie die türkische Nachrichtenagentur „Anadolu“ meldete, entfielen beim Stand von 95 Prozent der ausgezählten Wahlurnen aus Deutschland 67,4 Prozent auf den Amtsinhaber Erdoğan. Bereits im ersten Wahlgang hatten 65,5 Prozent der in Deutschland stimmberechtigten Türken ihm ihr Vertrauen geschenkt. In Österreich seien es sogar mehr als 70 Prozent gewesen.
Bereits bei den Präsidentenwahlen der Jahre 2014 und 2018 hatten deutliche Mehrheiten türkischer Einwanderer in Deutschland für Erdoğan gestimmt. Experten spekulieren seither über die Gründe für den besonders hohen Rückhalt, den der Staatschef in der hiesigen türkischen Diaspora genießt.
Ein möglicher Faktor könnte die Einwanderung aus dem anatolischen Kernland sein, das traditionell religiös-konservativer geprägt ist. Dieser Teil der Gemeinschaft ist auch durch Vereinigungen wie die „Union Internationaler Demokraten“ (UID) gut organisiert.
Westliche Kritik an Erdoğan ruft Reaktanz unter Diaspora-Türken hervor
Ein weiterer Faktor für den Zuspruch, den Präsident Erdoğan unter türkischen Einwanderern genießt, dürften jedoch auch Erfahrungen von Rassismus und Diskriminierung sein. Dazu kommt eine von vielen Türken als einseitig und propagandistisch aufgefasste Medienberichterstattung im Westen. Diese hat unter anderem zur Folge, dass viele Türken es vorziehen, sich über türkische Medien auf dem Laufenden zu halten.
Dr. Selçuk Aydın, Dozent an der Boğaziçi Universität in Istanbul, zieht gegenüber „TRT Deutsch“ ein eindeutiges Fazit. Westliche Kritik an Erdoğan sei für die meisten Diaspora-Türken kein Hindernis, sondern eher ein Grund, diesen zu wählen. Auch viele in westlichen Ländern aufgewachsene Türken sähen in westlichen Belehrungen gegenüber Ankara den Ausdruck einer neokolonialistischen Mentalität.
Ihr Eindruck sei, dass die Regierung vor Erdoğan diese weitgehend hingenommen hätten. In den 21 Jahren der Ära Erdoğan sei die Türkei hingegen zu einer einflussreichen Regionalmacht geworden und habe auch in der Welt an Gewicht gewonnen. Bereits im Vorfeld der Wahlen hatte auch die CDU-Bundestagsabgeordnete Serap Güler Wahlaufrufe der Grünen gegen den amtierenden Präsidenten als kontraproduktiv bezeichnet.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion