Vereinbarung von Putin und Erdogan – Türkei behält Kontrolle über rund 30 km breites Gebiet in Nordsyrien
Russland und die Türkei haben sich auf einen Plan zum Zurückdrängen der kurdischen Milizen in Nordsyrien von der türkischen Grenze sowie auf gemeinsame Patrouillen in der Region geeinigt. Nach sechsstündigen Verhandlungen im russischen Sotschi teilten beide Seiten mit, dass russisch-türkische Patrouillen nach einer Entwaffnung der kurdischen Milizen in der Region gestartet werden sollten.
Die Vereinbarung festigt die Rolle Russlands und der Türkei als derzeitige Hauptakteure im Syrien-Konflikt.
Russlands Präsident Wladimir Putin sagte im Beisein des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, die Beschlüsse seien „sehr wichtig, ja sogar entscheidend, und werden es erlauben, eine sehr angespannte Situation zu lösen“.
Die Lage war nach in der vergangene Woche gestarteten türkischen Militäroffensive gegen die Kurden in Nordsyrien eskaliert; eine von den USA ausgehandelte Waffenruhe lief am Dienstagabend ab.
Türkei behält Kontrolle über rund 30 km breites Gebiet in Nordsyrien
Erdogan sprach nun von einer „historischen Vereinbarung“. Mit der Vereinbarung behält die Türkei die Kontrolle über ein rund 30 Kilometer breites Gebiet in Nordsyrien, in das die türkische Armee bei ihrer international umstrittenen Offensive ab dem 9. Oktober einmarschiert war. Allerdings würde sie die Kontrolle nur auf einer Länge von rund 120 Kilometern statt der von ihr gewünschte 440 Kilometer behalten. Die Türkei und Russland würden künftig einen Großteil der türkisch-syrischen Grenze kontrollieren.
Mit den USA hatte die Türkei bereits einen Waffenstillstand von vergangenem Donnerstag bis Dienstagabend 21.00 Uhr (MESZ) vereinbart, um den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) einen Rückzug aus der von der Türkei geforderten „Sicherheitszone“ entlang der Grenze zu erlauben. Die kurdischen Einheiten sollten sich bis dahin aus dem 120 Kilometer langen Streifen zurückziehen.
Einheiten der Kurden sind abgezogen
YPG-Kommandant Redur Khalil versicherte am Dienstag in Kamischli in Syrien, alle kurdischen Einheiten seien aus dem Gebiet zwischen Ras al-Ain und Tal Abjad abgezogen. Erdogan hatte zuvor gedroht, die Kämpfe wieder aufzunehmen, falls sie dieser Forderung nicht nachkommen sollten.
Erdogan sagte nun nach den Gesprächen mit Putin, ab Mittwochmittag beginne eine weitere 150-Stunden-Frist für die YPG, um ihre Kämpfer und Waffen westlich und östlich dieses Streifens und in ein Gebiet 30 Kilometer von der türkischen Grenze entfernt zurückzuziehen. Danach würden ihre Stellungen zerstört, sagte der türkische Präsident.
Patrouillen beginnen nach der 150-Stunden-Frist
Der türkische Präsident fügte hinzu, nach der Frist würden die russisch-türkischen Patrouillen in zwei Gebieten starten, die zehn Kilometer östlich und westlich der Operationszone der türkischen Armee liegen sollten. „Alle YPG-Terroristen in Tal Firat und Manbidsch werden mit ihren Waffen aus dieser Region abziehen.“ Erdogan sprach von einer „historischen Vereinbarung“ für den „Kampf gegen den Terrorismus, die territoriale Integrität und die politische Einheit Syriens sowie die Rückkehr der Flüchtlinge“.
Russland unterstützt in Syrien schon lange die syrische Regierung von Machthaber Baschar al-Assad, den die Kurden um Hilfe gerufen hatten, um den türkischen Einmarsch abzuwehren. Syrische Truppen waren unter anderem in Manbidsch eingerückt, um die türkische Offensive zu stoppen.
Ansiedlung von rund zwei Millionen Flüchtlingen
Wegen der türkischen Offensive sind hunderttausende Zivilisten in Nordsyrien auf der Flucht. Die türkische Operation gehe nun „zu Ende und alles wird jetzt von der Umsetzung der Vereinbarung abhängen, insbesondere dem Rückzug der kurdischen Einheiten“, hob Russlands Außenminister Sergej Lawrow hervor.
In ihrer in Sotschi unterzeichneten Vereinbarung verständigten sich Putin und Erdogan auch darauf, die „freiwillige“ Rückkehr von syrischen Flüchtlingen aus der Türkei nach Syrien zu ermöglichen. Die Türkei will nach eigenen Angaben rund zwei Millionen Flüchtlinge in der „Sicherheitszone“ neu ansiedeln. (afp)
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