Niger stoppt Uranexporte nach Frankreich: kurzfristig keine Versorgungskrise

Nach dem Militärputsch in Niger steht für Frankreich sicherheitspolitisch viel auf dem Spiel. Doch die frühere Kolonie liefert auch wichtige Ressourcen für die Energieversorgung.
Titelbild
Ein nigrischer Soldat am 26. September 2010 in Arlit vor der Uranmine des staatlichen französischen Atomkonzerns Orano, ehemals Areva.Foto: ISSOUF SANOGO/AFP via Getty Images
Von 2. August 2023

Niger ist eines der wichtigsten Länder für Uranlieferungen für die europäischen Kernkraftwerke. 24 Prozent der Uranimporte der EU stammen aus dem westafrikanischen Land in der Sahelzone. Vor allem für Frankreich steht nach dem Putsch des nigrischen Präsidenten durch das Militär viel auf dem Spiel. Über 50 Prozent des in Niger geförderten Uranerzes werden zur Befeuerung französischer Kernkraftwerke verwendet.

Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte neben anderen führenden Politikern die gewaltsame Machtübernahme im Niger verurteilt. Zudem hat er erklärt, jeglicher „Angriff auf Frankreich und seine Interessen“ könne „nicht toleriert werden.“

Daraufhin hat das Militärregime in Niger mit sofortiger Wirkung den Export von Uran nach Frankreich verboten, wie aus einer Twitter-Nachricht des Mediums „Africa Archives“ hervorgeht.

Derzeit keine Versorgungskrise

Der vom französischen Staat kontrollierte Orano-Konzern hatte erst im Mai mit Nigers damaliger Regierung ein Abkommen über den künftigen Abbau der Uranvorkommen des Landes unterzeichnet.

In dem in der nigrischen Hauptstadt Niamey unterzeichneten Abkommen wurde der Betrieb der Uranmine Somaïr nahe der Stadt Arlit im Norden des Landes bis 2040 geregelt. Orano beschäftigt dort über 900 Mitarbeiter, von denen die meisten Einheimische sind.

Bezüglich einer Uranversorgungskrise hat das französische Außenministerium jedoch Entwarnung gegeben, wie die Zeitung „Euractiv“ berichtete. „Unsere Uranimporte sind stark diversifiziert, und der Niger macht nur vier Prozent der weltweiten Produktion aus“, erklärte ein Sprecher des Ministeriums am 31. Juli. Ebenso habe das Ministerium für die Energiewende bestätigt, dass es (noch) keine Notlage gebe.

Nicolas Maes (l.), CEO des französischen Nuklearunternehmens Orano, unterzeichnet am 4. Mai 2023 in Niamey mit der nigrischen Bergbauministerin Hadiza Ousseini eine Vereinbarung über den Abbau von Uran. Foto: BOUREIMA HAMA/AFP via Getty Images

Orano selbst gab gegenüber der Nachrichtenagentur AFP bekannt: „Die derzeitige Krise birgt keine kurzfristigen Risiken für die Versorgungskapazitäten von Orano sowohl in Frankreich als auch international“, so ein Sprecher des Industriekonzerns. Mit Minen auf vier Kontinenten sei die Versorgung ausreichend diversifiziert.

In seiner Erklärung teilte Orano außerdem mit, dass der Abbau ungeachtet der „Sicherheitsereignisse“ im Niger weitergehe. Für Frankreich sei die Lage in dem Land „eher ein geopolitisches Problem als ein Problem bei der Versorgung mit Uran“, zitierte die Zeitung „Le Monde“ einen Kenner des Konzerns.

Zwischen 2005 und 2020, so „Euractiv“, war der Niger mit 17,9 Prozent der Gesamtlieferungen (24.787 Tonnen) der drittgrößte Uranlieferant Frankreichs. Dies gehe aus Daten der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) hervor. Kasachstan sei mit 20,1 Prozent (27.748 Tonnen) aller Exporte die Nummer eins. Danach folge Australien mit 18,7 Prozent (25.804 Tonnen) an zweiter Stelle.

Uranvorrat für drei Jahre

Für den Niger selbst ist Uran nach Gold das wichtigste Exportgut des Landes, wie die „Welt“ aus Daten der Weltbank entnimmt. Sollte die in der Wüste gelegene Somaïr-Mine für längere Zeit ihre Produktion stoppen, würde es wahrscheinlich dramatische wirtschaftliche Folgen nach sich ziehen.

Doch auch Europa müsste sich weiter Gedanken machen, wo es künftig Alternativen zu den Uranlieferungen aus dem Niger bezieht. Euratom zufolge reicht der Vorrat in den europäischen Lagern noch für drei Jahre. Frankreich versucht bereits seit einigen Jahren, sich bei der Herkunft des Kernbrennstoffs breiter aufzustellen. Demnach hat Orano dem „Handelsblatt“ zufolge erklärt, dass die Lieferungen aus dem Niger weniger als zehn Prozent des Uranbedarfs der französischen Atomkraftwerke ausmachten.

Chinas Ambitionen im Niger

Neben Russland könnte auch China die Situation im Niger gelegen kommen. Bereits seit Jahren ist das Land auf der Suche nach großen Mengen an Uran, um sein weitreichendes Atomprogramm zu unterstützen. Erst vor einem Monat hat die staatlich kontrollierte China Nuclear International Uranium Corporation (CNNC) eine Vereinbarung mit der nigrischen Regierung getroffen, um den Uranabbau in einer Mine in Azelik im Zentrum des Landes wieder aufzunehmen.

Im Jahr 2007 war die staatliche China National Nuclear Corporation (CNNC) bereits ein Joint Venture mit der nigrischen Regierung eingegangen, um die Uranmine Azelik zu erschließen. Aufgrund ungünstiger Marktbedingungen wurde das Projekt im Jahr 2015 jedoch gestoppt, wie der börsenorientierte „Market screener“ berichtete.

CNNC besitze 37,2 Prozent des Projekts, weitere 24,8 Prozent gehören der chinesischen Investmentgesellschaft ZXJOY Invest, wie aus einem 2010 bei der Hongkonger Börse eingereichten Bericht hervorgehe. 2009 habe die nigerische Regierung ein Darlehen in Höhe von 650 Millionen Yuan (90,93 Millionen Dollar) von der staatlichen chinesischen Eximbank erhalten, um die Entwicklung des Projekts zu unterstützen.

In dem Bericht heißt es weiter, dass die Mine geschätzte Gesamtreserven von 11.227 Tonnen und eine jährliche Produktionskapazität von 700 Tonnen umfasst. Niger produzierte 2.020 Tonnen Uran im Jahr 2022, was laut der World Nuclear Association etwa 5 Prozent der weltweiten Bergbauproduktion entspricht.



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