Neues EU-Gesetz: Alle 60 Kilometer soll eine Ladesäule stehen

Die EU-Kommission reguliert mit einem neuen Gesetz den Ausbau der Elektromobilität. Das beinhaltet ein gezielteres Positionieren der Ladepunkte für Elektroautos und -Lkw. Profitieren sollen zudem Besitzer von Wasserstoffautos.
Neues EU-Gesetz: Alle 60 Kilometer soll eine Ladesäule stehen
Eine Ladestation für Elektrofahrzeuge. Ein EU-Gesetz fordert den raschen Ausbau der Ladeinfrastruktur.Foto: iStock
Von 28. Juli 2023

Die EU-Mitgliedstaaten verabschiedeten am Dienstag, 25. Juli, ein Gesetz zum kontrollierten Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos in Europa.

Dabei handelt es sich um die sogenannte AFIR-Verordnung (Alternative Fuels Infrastructure Regulation). Sie verpflichtet alle EU-Staaten, öffentliche Ladepunkte für E-Autos und E-Lkw auszubauen. Auch das Tankstellennetz für Wasserstofffahrzeuge soll demnach wachsen. Zudem sollen die Betreiber den Ladevorgang erleichtern.

Das neue EU-Gesetz sieht vor, dass bis Ende 2025 entlang von Hauptverkehrsstraßen – in der Regel Autobahnen – mindestens alle 60 Kilometer eine Ladesäule für Pkw stehen soll. Bei den rund 106.650 Kilometern EU-Autobahnnetz sind das 1.778 Ladepunkte. Eine Ladestation besteht in der Regel aus fünf bis sechs Ladepunkten, berichtet die „Frankfurter Rundschau“. Damit wären mehr als 10.000 Ladesäulen auf der EU-Strecke nötig.

Laut Stefan Randak, Experte für alternative Antriebe, gibt es bereits 450.000 Ladepunkte in Europa. „Sie stehen aber leider nicht unbedingt da, wo man sie dringender bräuchte.“ Randak leitet den Geschäftsbereich Automotive der Beratungsfirma Atreus und steht regelmäßig mit der E-Branche im Austausch.

Ladenetz muss mitwachsen

Mit der zunehmenden Anzahl an E-Autos auf den Straßen muss parallel auch die Ladeinfrastruktur mitwachsen. Bisher engagierten sich hierfür besonders private Anbieter von Ladesäulen in einigen wenigen Ländern, wie „Euractiv“ berichtet.

Gerade das löchrige Ladenetz stellte für viele Autofahrer eine entscheidende Hürde zur Entscheidung für ein E-Auto dar. Deshalb entschieden sie sich oftmals für einen Verbrenner oder ein Hybridmodell.

Andererseits argumentierten die Betreiber von Ladesäulen teils, dass sich weitere private Investitionen erst lohnten, wenn ausreichend E-Autos vorhanden seien. Das neue EU-Gesetz will nun den Ausbau der Ladeinfrastruktur parallel zum Ausbau der Elektromobilität verlaufen lassen.

Die EU-Länder seien demnach verpflichtet, pro verkauftem E-Auto eine zusätzliche öffentliche Ladekapazität von 1,3 Kilowatt bereitzustellen. Pro verkauftem Auto mit Plug-in Hybridtechnologie gilt ein reduziertes Ziel von 0,8 Kilowatt. Anders gesagt: Mit 33 verkauften durchschnittlichen E-Autos müsste nach der Neuregelung eine zusätzliche Ladesäule entstehen.

Große Unterschiede innerhalb der EU

Derzeit gibt es noch große Unterschiede in der Verfügbarkeit und Verbreitung von Ladesäulen. Während die Elektromobilität in südosteuropäischen Ländern weniger verbreitet ist, sind west-, mittel- und nordeuropäische Staaten Vorreiter. Rund 60 Prozent der Ladestationen stehen in den Niederlanden, in Frankreich und in Deutschland. Doch auch innerhalb der Bundesrepublik gibt es teils große regionale Unterschiede.

EU

Anzahl der E-Auto-Ladepunkte einiger EU-Mitgliedsländer im Jahr 2022. Foto: mf/Epoch Times, Daten: Euractiv / European Alternative Fuels Observatory

Zudem fehlen einheitliche Qualitätsstandards. Konkret bei 400-Kilowatt- und 600-Kilowatt-Säulen. Die EU will im ersten Schritt die leistungsschwächeren Säulen verbessern.

Das tangiert automatisch den Ausbau der Stromnetze, weil das ohnehin schon überlastete Netzwerk einen leistungsstärkeren Ausbau nicht hergebe. So könnten womöglich nicht alle E-Auto-Besitzer gleichzeitig zu Hause laden, erklärt Randak.

Größte Lücke für Lkw: maximal 120 Kilometer

Für Lkw, die mit Elektromotoren betrieben werden, fordert das EU-Gesetz alle 120 Kilometer eine Ladesäule. Die großen Unternehmen stellen bereits sukzessive auf E-Lkw um – etwa Daimler, Volvo oder MAN. „Das Angebot wird ab 2024 rapide nach oben gehen und für die Käufer gibt es bereits eine EU-Förderung“, erklärt Randak. „Doch bei Ladekapazitäten ist man praktisch auf dem Nullpunkt, damit hat sich noch niemand wirklich nachhaltig beschäftigt.“

Auch die Automobilbranche stellt die Weichen zunehmend auf E-Mobilität. In den ersten drei Quartalen 2022 belief sich die Produktion auf rund 375.600 E-Autos im Wert von knapp 16,2 Milliarden Euro. Das waren 66,2 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Dennoch produziert die deutsche Industrie noch überwiegend Autos mit klassischem Verbrennungsmotor – und geht damit auf die Nachfrage der meisten Kunden ein.

Auch China will E-Autos etablieren. Dort ist Volkswagen längst nicht mehr der Marktführer. Inzwischen musste der deutsche Konzern der harten inländischen Konkurrenz weichen, die ihre Modelle zu deutlich günstigeren Preisen anbietet. In Europa ist Norwegen das Land mit dem größten Anteil an Elektrofahrzeugen. Dort ist laut ntv der Anteil der reinen E-Pkw zuletzt auf 86,8 Prozent aller neu zugelassenen Autos gestiegen. In Deutschland lag im ersten Halbjahr 2023 der Anteil der E-Autos an allen Neuzulassungen bei rund 16 Prozent, wie der ADAC informiert. VW rangiert hier bei den E-Autos auf Rang zwei hinter Tesla.

Ausbau des Wasserstoffnetzes

Darüber hinaus beinhaltet das EU-Gesetz den Ausbau des Tanknetzes für Wasserstofffahrzeuge. Mindestens alle 200 Kilometer soll künftig eine Wasserstofftankstelle zu finden sein, berichtet „PC Welt“.

Der Ausbau von Wasserstofftankstellen ist zwar ebenfalls mit der Verordnung beschlossen, wird allerdings deutlich weniger energisch vorangetrieben. Bis 2030 verlangt die Verordnung, dass an städtischen Knotenpunkte und alle 200 Kilometer entlang des Kernbereichs des europäischen Straßennetzes TEN-T eine Wasserstofftankstelle entstanden ist.

Die EU hat zudem beschlossen, dass Ladestationen und Wasserstofftankstellen kundenfreundlicher werden sollen. Das betrifft die Preisgestaltung – sie muss transparent sein. Ebenso müssen die Betreiber die üblichen Formen digitaler Direktzahlung akzeptieren. Der Zugang zu den Leistungen darf auch nicht durch Mitgliedschaften oder Abo-Modelle eingeschränkt werden.



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