EU-Kommission definiert „Desinformation“– Musk wittert ein „Zensurregime“
Nicht gänzlich zufrieden zeigt sich die EU-Kommission hinsichtlich der jüngst von den großen Onlinediensten eingereichten Berichten. Diese sollten das erste Halbjahr 2023 betreffen. Dienste wie Meta, Google oder TikTok sollten dokumentieren, welche Maßnahmen sie gesetzt haben, um „Desinformation“ gegenzusteuern – beziehungsweise was die EU darunter versteht.
Zwar zeigten die Berichte, so heißt es in einer Mitteilung, dass Dienste bezüglich der Bereitstellung von Daten „Fortschritte“ machten. Auch konnten sie „einige Datenlücken schließen“. Dennoch seien „weitere Anstrengungen erforderlich, um vollständigere und aussagekräftigere Daten bereitzustellen“.
Verstärkter Kodex gegen „Desinformation“ als „nützlich“
Mit Blick auf die jüngst eingereichten Berichte hatte Brüssel den Tech-Konzernen dabei den Ukraine-Krieg und „Desinformation“ mit Blick auf diesen als Schwerpunktthema aufgetragen. Zudem sollten sie Auskunft geben über ihre Sicherheitsvorkehrungen für neue generative KI-Systeme. Für die nächsten Berichte gibt es ebenfalls schon eine detaillierte Vorgabe: Sie sollen Anfang 2024 vorliegen. Ein spezielles Kapitel soll dabei der „Bekämpfung von Desinformation im Zusammenhang mit Wahlen“ gelten.
Die für „Werte und Transparenz“ zuständige Vizepräsidentin Věra Jourová warnt bereits jetzt vor „Desinformation und ausländischer Einflussnahme im Internet“ mit Blick auf diese. Wenn es darum gehe, „unsere Online-Debatte zu schützen“, habe sich der „verstärkte Kodex“ aus dem Vorjahr als „nützlich“ erwiesen.
Alle Beteiligten, insbesondere die Onlinedienste, müssten jedoch „mehr tun“. Jourová forderte die Plattformen auf, „die im Rahmen des Kodex eingegangenen Verpflichtungen mit vollem Engagement umzusetzen, um die Widerstandsfähigkeit der Demokratie zu gewährleisten“.
Elon Musk witterte ein „Zensurregime“
Der „verschärfte Verhaltenskodex“ der EU umfasst derzeit 44 Verpflichtungen und 128 spezifische Maßnahmen im Zusammenhang mit der Bekämpfung von „Desinformation“. Elon Musk hatte seine Plattform X (vormals Twitter) aus den Gesprächen über die Vorgaben herausgenommen, da er ein „Zensurregime“ befürchtete. Dafür hat die EU-Kommission den Dienst umgehend verwarnt.
Ein wesentlicher Punkt bei der Umsetzung des Kodex ist dabei die Demonetisierung. Diese soll die „Beseitigung finanzieller Anreize für die Verbreitung von Desinformationen“ bewirken. Die Anbieter mussten sich unter anderem zu strengeren Maßnahmen bei der Platzierung von Werbung verpflichten. So soll eine solche nicht „in der Nähe von Desinformation“ erfolgen. Außerdem soll es zu keiner Verbreitung von Werbung kommen, die selbst solche enthält.
Zudem sind den Onlinediensten strengere Kontroll- und Offenlegungspflichten im Zusammenhang mit politischer Werbung vorgeschrieben. Dies bezieht sich auf die Angaben bezüglich Sponsoren, Ausgaben, Urheber und den Anzeigezeitraum politischer Werbung. Die Tech-Konzerne müssen jedoch auch „effiziente und durchsuchbare Anzeigenbibliotheken für politische Werbung“ einrichten.
„Desinformation“ muss „verifizierbar falsch“ oder „irreführend“ sein
Als „Desinformation“ definiert das „Gesetz über digitale Dienste“ der EU „verifizierbar falsche oder irreführende Informationen“. Diese müssen „mit dem Ziel der Gewinnerzielung oder absichtlichen Täuschung der Öffentlichkeit erstellt, präsentiert und verbreitet“ werden. Zudem müssen sie die Eignung aufweisen, „öffentlichen Schaden“ zu verursachen.
Ein Tätigkeitsbereich ist dabei das „manipulative Verhalten“. Darunter fällt unter anderem die Verwendung von gefälschten Konten, Bots, Deep Fakes oder Impersonation. Die Unterzeichner des Kodex verpflichteten sich, einander in solchen Bereichen regelmäßig auszutauschen und die eigenen Gegenmaßnahmen auf dem neusten Stand zu halten.
Zudem sollen der „Zugang zu verlässlichen Quellen“, die „Ermächtigung von Forschern“ oder die „Stärkung der Fact-Checking-Community“ die Bemühungen erleichtern. Die Dienste sollen diesbezüglich die Kooperation ausbauen, „faire finanzielle Beiträge“ für „Faktenprüfer“ gewährleisten und diesen den Zugang zu für ihre Arbeit nützlichen Informationen erleichtern.
EU-Kommission als Aufsichtsorgan in eigener Sache
Der „Aktionsplan der EU gegen Desinformation“ beruht dennoch „auf europäischen Werten und Grundrechten, insbesondere auf dem Recht auf freie Meinungsäußerung“. Dies wird die EU nicht müde, zu betonen.
Dennoch will sie auf Nummer sicher gehen und ein eigenes „Transparenzzentrum“ schaffen, das die Umsetzung der Maßnahmen des Kodex ermöglichen soll. Auch soll eine ständige Task-Force diesen „zukunftssicher und zweckdienlich“ halten. Dabei soll sie den Umfang der Verpflichtungen mit Blick auf technologische, gesellschaftliche, marktwirtschaftliche und rechtliche Entwicklungen überprüfen und gegebenenfalls anpassen.
Neben den Konzernvertretern sind Vertreter mehrerer gesetzlich geschaffener Regulierungsstellen in der Task-Force vertreten. Den Vorsitz über das Gremium führt: die Europäische Kommission.
„Faktenprüfer“-Hinweis unterbindet Verbreitung von Inhalten
Unter den „Erfolgsmeldungen“ im „Kampf gegen Desinformation“ verbucht die EU unter anderem, dass Google im ersten Halbjahr 2023 mehr als 141.000 politische Anzeigen abgelehnt hat. Zudem hat der Dienst eigenen Angaben zufolge verhindert, dass „Werbung im Wert von mehr als 31 Millionen Euro an Desinformationsakteure in der EU fließt“.
Meta gab unter anderem an, mehr als 40 Millionen Inhalte auf Facebook und mehr als 1,1 Millionen auf Instagram mit einem Hinweis auf eine Faktenüberprüfung versehen zu haben. Dies habe 95 Prozent der Nutzer davon abgehalten, die Inhalte anzuklicken. Fast 40 Prozent der Nutzer von Meta-Diensten hätten Inhalte nicht geteilt, wenn zuvor ein „Faktenprüfer“-Hinweis erfolgt sei.
TikTok habe 140.635 Videos mit mehr als 1 Milliarde Aufrufen von der Plattform entfernt. Der Grund: Die Inhalte hätten „gegen die Richtlinie für Fehlinformationen“ verstoßen.
Etablierte Medienjournalisten schutzbedürftiger als Onlinedienste für Normalbürger?
Während die EU Onlinedienste und Bürger strengen Reglements unterwirft, wenn sie die eigenen „Werte“ berührt sieht, will sie die Position von Journalisten gegenüber nicht genehmen Regierungen stärken.
So hat das EU-Parlament am Dienstag den Weg für eine europaweite Medienaufsicht geebnet. Die Abgeordneten stimmten am Dienstag in Straßburg mehrheitlich für einen Gesetzesvorschlag, der eine „politisch unabhängige“ Medienbehörde vorsieht. Zudem will das Parlament die „Rechte von Journalisten bei staatlichen Einflussversuchen“ stärken.
Die EU-Kommission hatte das Mediengesetz (Media Freedom Act, MFA) im September des vergangenen Jahres vorgeschlagen. Sie reagierte damit auf behauptete Einschränkungen der Pressefreiheit in Ländern wie Ungarn oder Polen.
Auf Vorschlag des Europaparlaments soll die Medienaufsicht nun von der EU-Kommission völlig unabhängig sein und durch eine „Expertengruppe aus Medien und Zivilgesellschaft“ beraten werden. Darüber hinaus sollen staatliche Eingriffe in journalistische Arbeit europaweit massiv begrenzt werden.
Der Einsatz von Spionagesoftware etwa gegen Journalistinnen und Journalisten sowie ihre Quellen werden weitgehend untersagt. Im Jahr 2021 hatten internationale Medien enthüllt, dass mit der Pegasus-Software aus Israel unter anderem Handys von Reportern in EU-Ländern überwacht worden waren.
(Mit Material von AFP)
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