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Noch keine deutsche Staatsbürgerschaft

Syrer will für Grüne in den Bundestag – und hofft auf Last-Minute-Einbürgerung

Der syrische Flüchtling und „Seebrücke“-Aktivist Tareq Alaows, der unter anderem an der Reichstags-Inschrift „Dem deutschen Volke“ Anstoß nimmt, will als Direktkandidat der Grünen zum Bundestag kandidieren. Nach eigenen Angaben ist er noch kein deutscher Staatsbürger.

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Tareq Alaows will für die Grünen in den Bundestag einziehen.

Foto: iStock

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Lesedauer: 7 Min.

PR-Gag oder ernstgemeintes politisches Manöver? Der im September 2015 als syrischer Flüchtling nach Deutschland gekommene frühere Mitarbeiter des Roten Halbmonds und heutige Protagonist der Organisation „Seebrücke“, Tareq Alaows, will im September 2021 als Direktkandidat der Grünen im Stimmkreis Oberhausen und Dinslaken für den Bundestag kandidieren. Auf Twitter stellt er sich als solcher auch bereits mit einem Video vor:

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Wie die „Welt“ berichtet, soll ihn die Mitgliederversammlung der Partei dort auch schon zum Direktkandidaten für den Stimmkreis Bundestagswahlkreis 117 (Oberhausen – Wesel III) gewählt haben.

Geringe Chancen der Grünen auf Direktmandat für Bundestag im Wahlkreis 117

Politisch sind die Chancen für die Grünen, dort ein Direktmandat zu erringen, überschaubar: Im Jahr 2017 kam ihr Kandidat Patrick Voss auf 5,6 Prozent der Stimmen, die zu den bundesweit bekannteren Politikern der Grünen zählende Bärbel Höhn kam zuvor bereits maximal auf 10,1 Prozent der Erststimmen.
Der Stimmkreis 117 besteht in seiner heutigen Form seit 2002, zuvor umfasste er lediglich die Stadt Oberhausen. Die SPD hatte dort bis dahin unter Wolfgang Grotthaus Ergebnisse von teilweise mehr als 60 Prozent erzielt. Bei der Bundestagswahl 2017 fiel die Partei, die mittlerweile von Dirk Vöpel vertreten wird, auf ein Erststimmenergebnis von 38,5 Prozent zurück. Oberhausen/Dinslaken gilt dennoch nach wie vor als sicherer Stimmkreis für die Sozialdemokraten.
Neben einer offenen Flüchtlingspolitik und einer Verbesserung der Lebenssituation von Asylbewerbern in Deutschland will der Gründer der Vereinigung „Refugee Strike Bochum“ die angebliche „Klimakrise“ in den Mittelpunkt seiner politischen Arbeit stellen. Er sieht eigenen Angaben zufolge auch in NRW die „Chance, einen sozialen und ökologischen Wandel zu vollziehen“.

„Dem Deutschen Volke“ am Reichstag hat Alaows zufolge ausgedient

Alaows, der in Syrien Jura studiert hat, erklärte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), er wolle „die Stimme derer sein, die in Deutschland als Geflüchtete leben“ und deren Perspektive in den Bundestag einbringen.
In einem symbolischen Akt, so wurde spekuliert, wolle der Grünen-Politiker möglicherweise auch an die Inschrift des Reichstags Hand anlegen. Es solle dort, so Alaows, „nicht mehr heißen ‚Dem Deutschen Volke‘ – sondern ‚Für alle Menschen, die in Deutschland leben‘“, erklärte Alaows gegenüber dem RND.
Mittlerweile hat eine Sprecherin des Kandidaten gegenüber der „Welt“ deutlich gemacht, dass die Äußerung von Alaows nicht wörtlich zu verstehen sei und keine Absicht impliziere, an der Inschrift etwas zu verändern.
Alaows ist nach eigener Darstellung im Bereich des Präventions- und Krisenmanagements bei einer Nicht-Regierungs-Organisation in Berlin tätig. Zudem sei er bis kurzem im Koordinationskreis der Bewegung Seebrücke aktiv gewesen und sei dies nach wie vor im Vorstand des Flüchtlingsrats Berlin.

Kreiswahlausschuss vor schwerer Entscheidung

Spätestens bei der Sitzung des Kreiswahlausschusses zur Zulassung der Wahlvorschläge, die voraussichtlich im Juli stattfinden wird, könnten die Ambitionen des 31-Jährigen auf ein Bundestagsmandat zumindest vorerst ein Ende finden.
Dieser hat die Wahlvorschläge auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen und ein wesentliches Element ist dabei die aktive und passive Wahlberechtigung der Personen, die sich um ein Mandat bewerben wollen. In § 12 des Bundeswahlgesetzes (BWG) sind beide Fälle der Wahlberechtigung jedoch daran gebunden, dass der Betreffende „Deutscher im Sinne des 116 Abs. 1 des Grundgesetzes“ ist, also entweder durch Geburt oder einen rechtsgültigen Verwaltungsakt die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat.
Letzteres wäre im Fall Alaows, der derzeit über eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis verfügt, allerdings erst möglich, wenn dieser seit acht Jahren dauerhaft und rechtmäßig in Deutschland gelebt hat.

Fotofinish um die Kandidatur?

Das deutsche Staatsangehörigkeitsgesetz kennt nur wenige Ausnahmen vom Mindesterfordernis des achtjährigen Aufenthalts. Artikel 10 Abs. 2 nennt die Fälle der Miteinbürgerung von Ehegatten und minderjährigen Kindern eines Einbürgerungsbewerbers, Abs. 3 die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs, die den erforderlichen Zeitraum des Aufenthalts auf sieben Jahre verkürzen kann.
Alaows zählt jedoch offenbar auf die Bestimmung des zweiten Satzes von Abs. 3, dem zufolge bei „Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 übersteigen“, die Wartefrist auf sechs Jahre verkürzt werden kann.
Der Kandidat in spe hat die Verleihung der Staatsangehörigkeit aus diesem Grund bereits beantragt. Eigenen Angaben zufolge sei er im Juli 2015 aus Syrien geflüchtet und am 4. September 2015 in Deutschland eingetroffen. Dies wäre der früheste Zeitpunkt, zu dem der Antragsteller den sechsjährigen Mindestaufenthalt erfüllt haben könnte.

Im Extremfall droht Nachwahl

Um gemäß § 15 BWG das Wahlrecht ausüben zu können, reicht es aus, am Wahltag selbst Deutscher im Sinne des Art. 116 GG zu sein. Die Kreiswahlausschüsse werden mit einiger Wahrscheinlichkeit zu einem Zeitpunkt tagen, an dem entweder die Sechs-Jahres-Frist noch nicht verstrichen oder der Einbürgerungsbescheid noch nicht durch Aushändigung seine Wirkung entfaltet haben wird.
Eine Voraus-Einbürgerung ist im Staatsangehörigkeitsgesetz nicht vorgesehen. Alaows zufolge habe seine Rechtsanwältin dennoch erklärt, sie erwarte bezüglich der Verleihung der Staatsangehörigkeit bereits „einen positiven Entscheid im ersten Quartal 2021“.
Nach den Bestimmungen des BWG liegt ein gültiger Wahlvorschlag erst dann vor, wenn der erforderliche Nachweis der Wahlberechtigung zum Zeitpunkt der Prüfung vorliegt – „es sei denn, der Nachweis kann infolge von Umständen, die der Wahlvorschlagsberechtigte nicht zu vertreten hat, nicht rechtzeitig erbracht werden“.
Ein noch nicht rechtskräftiger Einbürgerungsbescheid könnte als solcher Umstand gewertet werden, dazu müsste die Kreiswahlbehörde allerdings möglicherweise eine Prognoseentscheidung bezüglich des Ausgangs des Einbürgerungsverfahrens treffen.
Der Kreiswahlausschuss entscheidet dem BWG zufolge am spätestens 58. Tag vor der Wahl über die Zulassung der Kreiswahlvorschläge. Nach der Entscheidung über die Zulassung eines Kreiswahlvorschlages ist jede Mängelbeseitigung ausgeschlossen.
Sollte sich zu einem späteren Zeitpunkt herausstellen, dass Alaows‘ Kandidatur zu Unrecht zugelassen oder nicht zugelassen wurde, droht im Extremfall eine Nachwahl im Stimmkreis 117.

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