Mehr als nur Placebo – Homöopathie-Ärzte kritisieren Lauterbach

Ist die Homöopathie in Deutschland vor dem Aus? Anfang Oktober gab es einen neuen Vorstoß von Karl Lauterbach. Heftige Kritik gab es dafür vom Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte.
Mehr als nur Placebo – Homöopathie-Ärzte kritisieren Lauterbach
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist kein Freund der Homöopathie.Foto: Omer Messinger/Getty Images
Von 13. Oktober 2022

Wenn es nach Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geht, sollen homöopathische Behandlungen zukünftig nicht mehr durch gesetzliche Krankenkassen abgedeckt werden. Homöopathie habe „in einer wissenschaftsbasierten Gesundheitspolitik keinen Platz“, sagte der SPD-Politiker Anfang Oktober. Ob die Leistungen gestrichen werden können, würde derzeit geprüft.

Dagegen verwehrt sich der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte und fordert, dass ärztlich-homöopathische Behandlungen und Arzneimittel auch weiterhin als freiwillige Kassenleistungen mitfinanziert werden.

Studien belegen Wirksamkeit

„Homöopathie ist Teil der wissenschaftsbasierten Medizin und erfüllt alle Kriterien der evidenzbasierten Medizin“, heißt es in der Begründung der Ärzte. In der Versorgungsforschung werde die Wirksamkeit der Homöopathie eindrücklich belegt. Dazu gebe es Studien.

Als Beispiel verweist die Ärzteschaft auf die EPI3-Laser-Studie aus dem Jahr 2021. Demnach verursachen Patienten, die sich ärztlich homöopathisch behandeln lassen, 20 Prozent weniger Kosten. Im Vergleich zur konventionell behandelten Kontrollgruppe wurden sie gleichermaßen gesund und brauchten weniger konventionelle Arzneimittel.

Bei seinen Forschungen kam auch der Physiker Dr. Stephan Baumgartner zu dem Schluss, dass die Wirkung von homöopathischen Präparaten nicht auf reine Placeboeffekte zurückzuführen ist, heißt es von den Ärzten weiter.

Homöopathie bei Deutschen beliebt

Wie beliebt die Homöopathie in der Bevölkerung ist, zeigt eine Umfrage aus Mai 2022, die vom Institut für angewandte Sozialwissenschaften (INFAS) im Auftrag der „Zeit“ durchgeführt wurde. Rund zwei Drittel der Deutschen sprachen sich für den Fortbestand der Homöopathie als Kassenleistung aus.

Vom Gesamtbudget der gesetzlichen Krankenversicherung entfallen lediglich etwa 0,03 Prozent auf homöopathische Leistungen.

Bereits 2019 schob Lauterbach – damals in seiner Position als SPD-Fraktionsvize – eine Diskussion um die Homöopathie als Kassenleistung an. Zu diesem Zeitpunkt gab es eine ähnliche Debatte in Frankreich, wo etwa jeder Zehnte zu homöopathischen Mitteln griff und schließlich das Ende der Kassenleistungen eingeläutet wurde.

Kritik für Lauterbachs Vorstoß kam 2019 unter anderem von der gesundheitspolitischen Sprecherin der Unionsfraktion, Karin Maag, die auf die Therapiefreiheit setzte. „Wir führen keinen Kreuzzug gegen Heilpraktiker und Naturheilverfahren“, sagte sie.

Homöopathie vor dem Aus?

In Deutschland haben 12 von 17 Landesärztekammern die Zusatzweiterbildung Homöopathie gestrichen. Nicht betroffen sind Thüringen, Sachsen, Rheinland-Pfalz und Westfalen-Lippe. In Baden-Württemberg steht die Homöopathie auf dem Prüfstand.

Die Landesärztekammer hatte sich im Juli 2022 „mit deutlicher Mehrheit“ für die Abschaffung der Weiterbildung ausgesprochen. Eine frühere Abstimmung endete mit knapp 41 zu 40 Stimmen. Eine Nachfrage der Epoch Times, was unter „deutlicher Mehrheit“ zu verstehen ist, ließ die Ärztekammer unbeantwortet.

Kritik am Prüfungsverfahren

In der Zeit vom 8. August bis 5. September führte die Landesärztekammer ein öffentliches Beteiligungsverfahren durch. Um an der Befragung teilzunehmen, mussten Interessenten einige Hürden überwinden. Sowohl der Hinweis auf das Verfahren als auch die E-Mail-Adresse, an die man seine Meinung schicken konnte, waren auf der Website nur mit Mühe zu finden, berichteten Bürger und Ärzte.

Gegenüber Epoch Times kritisierten homöopathische Ärzte zudem, dass keine unabhängige Schiedsstelle mit der Verhältnismäßigkeitsprüfung beauftragt wurde. Die Eingaben werden von der Landesärztekammer selbst gesichtet.

Gesetzliche Vorgaben nach dem Heilberufe-Kammergesetz würden selbstverständlich eingehalten, hieß es von der Pressestelle beschwichtigend. Sobald die Ergebnisse vorliegen, werden diese an zuständige interne Gremien sowie das Gesundheitsministerium Baden-Württemberg weitergeleitet. Einen konkreten Zeitplan nannte die Ärztekammer nicht.

„Falsches Signal“

Rückenwind für die Homöopathen in Baden-Württemberg gibt es von Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne). Er sieht in dem Beschluss der Landesärztekammer ein „absolut falsches Signal“. „Baden-Württemberg ist das Land der Naturheilkunde und gerade die Homöopathie ist für viele Bürgerinnen und Bürger im Land ein wichtiger Teil ihrer Gesundheitsversorgung“, so Lucha.

Und so sieht es auch der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte. Außerdem biete die konventionelle Medizin allein keine Antworten auf die aktuellen Herausforderungen, beispielsweise bei Antibiotikaresistenz oder Übermedikation. Hier seien vielfältige Konzepte gefragt, damit man der Komplexität der Patienten überhaupt gerecht werden könne.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 66, vom 15. Oktober 2022.



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