Klima-Extremismus
„Letzte Generation“ radikalisiert sich – und will „Fridays for Future“ mitziehen
Die sogenannte „Letzte Generation“ radikalisiert sich – und will damit zum Schrittmacher der Klimabewegung werden. In Italien sammelt die Bewegung Daten von „Fridays for Future“-Mitgliedern.

Ein Aktivist der Gruppe Letzte Generation hat sich auf eine Straße festgeklebt und blockiert eine Kreuzung. (Symbolbild)
Foto: Swen Pförtner/dpa
Die jüngsten Blockaden des Straßen- und Flugverkehrs in mehreren deutschen Städten unterstreichen die Radikalisierung der Klimabewegung „Letzte Generation“. Teils entgegen bestehenden Allgemeinverfügungen haben die sogenannten Aktivisten in der Vorwoche Straßen blockiert und Flughäfen über mehrere Stunden lahmgelegt.
Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, bescheinigte der Gruppe „Fanatismus“. Mit diesem würden sie „die Menschen gegen sich aufbringen“. Dies sorge bei der Polizei für „große Besorgnis“.
„Letzte Generation“ sieht sich im „übergesetzlichen Notstand“
Die Eskalationsstrategie kommt für die „Letzte Generation“ allerdings nicht von ungefähr. Zwar sieht das Bundesamt für Verfassungsschutz unter Präsident Thomas Haldenwang keinen Anlass für eine Beobachtung. Experten – und zum Teil die Wortführer der Bewegung selbst – sprechen jedoch offen von einer „Revolution“, die das Endziel der Gruppierung sei.
Selbst führende Protagonisten der Bewegung machen kein Geheimnis daraus, dass sie sich selbst in einer Art übergesetzlichem Notstand sehen. Dies legitimiere sie nach eigener Überzeugung dazu, sich bei Bedarf über bestehende Gesetze hinwegzusehen. Immerhin stelle die vermeintliche Klimakrise eine so präsente Bedrohung dar, dass es geboten sei, „den Alltag der Menschen zu unterbrechen“. Immerhin sei es dieser, der „die Katastrophe herbeiführt“.
Anhänger der Bewegung, die in Haft oder Unterbindungsgewahrsam geraten, machen deutlich, unmittelbar nach ihrer Freilassung wieder Straftaten zu begehen. Auch die Psychologin Maria-Christina Nimmerfroh erklärt gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, dass es für die „Letzte Generation“ gar nicht um Konzepte gehe. Die Gruppe sehe sich vielmehr als „Speerspitze einer revolutionären Idee“.
Internationale Vernetzung soll die „Revolution“ voranbringen
Von einer „Revolution“ ist auch in einem internen Strategiepapier des „A22“-Netzwerks die Rede, das elf unterschiedliche radikale Klimagruppen vereinigt. Es erfreut sich regen Spendenaufkommens durch reiche Unterstützer – unter anderem aus den USA. In dem Konvolut heißt es einem Bericht der „Welt“ zufolge:
„Wir erwarten, dass revolutionäre Veränderung […] durch den erfolgreichen Widerstand gegen eine nationale Regierung beginnen und sich dann ausbreiten wird.“
Die internationale Vernetzung betrachtet man dabei als strategischen Schachzug. Man gehe davon aus, dass „sich die Revolution eher dadurch verbreitet, dass wir uns mit anderen international vernetzen“.
„Letzte Generation“ will Unzufriedene bei der Konkurrenz ansprechen
In Italien fühlt sich die „Ultima Generazione“ mittlerweile stark genug, um zum Angriff auf die Konkurrenz im eigenen Lager überzugehen. Wie es ebenfalls in der „Welt“ heißt, sammelt man dort akribisch Daten über Mitglieder und Aktivisten von „Fridays for Future“ (FFF).
Es gibt demnach auch ein Strategiepapier mit dem Titel „Verfahren, um ‚Fridays For Future‘ zum zivilen Widerstand zu bewegen“. Dabei geht es darum, Anhänger dieser Gruppe, deren Persönlichkeitsstruktur man für passend erachtet, gezielt anzusprechen. Ziel ist es, sie aus der eher legalistisch ausgerichteten Bewegung loszueisen oder dazu zu bringen, sie für militantere Aktionen zu mobilisieren.
Am Ende will man „Fridays for Future” zu einer Organisation „des zivilen Ungehorsams auf niedriger bis mittlerer Ebene, aber mit hoher Beteiligung“ umgestalten. Dass sich im September 2022 zum Teil auch FFF-Anhänger an militanten Aktionen in mehreren Ländern beteiligt hatten, kommentierte man als Erfolgsmeldung.
„Fridays for Future“ setzt weiter auf „gesamtgesellschaftliche Lösungen“
Zur Strategie gehöre es dabei auch, an Unzufriedenheit zu appellieren. Führungsfiguren mit regelmäßiger Medienöffentlichkeit will man bewusst außen vor lassen. Stattdessen, so das Papier, sollen FFF-Aktivisten ins Visier genommen werden, die dort „bei Entscheidungen außen vor gelassen“ würden. Diese solle man dann zu einem „ersten Treffen“ einladen.
Anhänger der „Letzten Generation“ sollten zudem bei internen Diskussionsveranstaltungen notieren, ob es kritische Äußerungen von FFF-Anhängern am Kurs der eigenen Führung gebe. Häufig soll es sogar zu „emotionalen Ausbrüchen“ kommen, und FFF-Mitglieder beklagten den Kurs der „Anbiederung“ an „neoliberale“ Parteien. Sobald man einige enttäuschte Anhänger von FFF bei sich am Tisch versammelt habe, wolle man dort „den Prozess der Radikalisierung von Fridays For Future einleiten“.
In Deutschland hat „Fridays for Future“ in der Öffentlichkeit an Elan verloren. Zwar verfügen prominente Köpfe wie Luisa Neubauer immer noch über eine starke Medienpräsenz. Massenaufmärsche wie noch vor der Corona-Krise sind jedoch nicht mehr in Sicht. Stattdessen beherrscht die „Letzte Generation“ die Schlagzeilen.
FFF-Sprecherin Annika Rittmann sieht das nicht als Nachteil. Sie äußerte bezüglich der Taktik der „Letzten Generation“:
„Die Klimakrise braucht gesamtgesellschaftliche Lösungen, und die finden und erstreiten wir nur gemeinsam und nicht, indem wir Menschen im Alltag gegeneinander aufbringen.“
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