Wildtulpen – die Juwelen der Steppe

Titelbild
Die Wildtulpen Zentralasiens (im Bild: Tulipa schrenkii) sind der Ursprung aller Tulpen bei uns. (Foto: Til Dieterich)
Von 26. April 2007

Die weiten Steppenlandschaften Zentralasiens – das ist die Heimat der wildwachsenden Tulpen. Sie sind die Vorboten des erwachenden Frühlings in der sonst kargen Steppenlandschaft. Sie werden als Symbole des Lebens und der Fruchtbarkeit von den Steppenbewohnern, den jeweiligen Nomadenstämmen, verehrt. Die Wildarten dieser Blume sind die Vorläufer unserer heutigen Gartentulpen. Wie bunte Juwelen leuchten sie in der kargen Steppe; ihr Anblick schenkt den Menschen Hoffnung auf eine regenreiche Sommerzeit und ein besseres Leben. Für die Nomadenvölker ist es ein Grund zu feiern, wenn der harte Winter geht und die aufsteigende Jahreszeit kommt. Traditionelle Tänze und Lieder erzählen Geschichten vom Leben in der Weite der Steppe, vom ewig blauen Himmel, von der Mutter Erde, von den Menschen, den Tieren, von Liebe und Leid, der Heimatverbundenheit und von ihrer Götterwelt.

Leben im größten Steppengebiet der Erde – Kasachstan

Kasachstan liegt in Mittelasien und ist fast acht Mal so groß wie Deutschland. Es zählt als das neuntgrößte Land der Erde. Eine außerordentliche Vielfalt an Landschaftsformen erstreckt sich vom westlich gelegenen Kaspischen Meer und der Wolgaebene zum Altai-Gebirge in östlicher Grenzlage zu China und der Mongolei. Der Tien Shan-Gebirgszug, der Aralsee und die Kysylkum-Wüste begrenzen Kasachstan nach Süden und im Norden reicht das Land bis in das Westsibirische Tiefland hinein.

Das dominierende Landschaftsbild von Kasachstan, mehr als die Hälfte der Fläche, sind Wüsten und Halbwüsten. Mit ungefähr einem Drittel der Fläche bildet die Graslandschaft das größte Steppengebiet der Erde. Die russische Bezeichnung „Stepj“ für dieses endlos weit und karg erscheinende Areal gab auch dem deutschen Wort „Steppe“ seine Herkunft. Seit Jahrhunderten haben sich Menschen, Tiere und die Vegetation den harten Bedingungen dieser Umgebung angepasst. Es ist ein Leben unter starken Gegensätzen: im Winter bittere Kälte und im Sommer kaum Regen und Hitze. Das flache Weideland diente den kasachischen Nomaden als Lebensraum für ihre Schafe, Pferde und Kamele. Zu Sowjetzeiten versuchte man die Nomadenstämme per Gesetz sesshaft zu machen, was der Natur dieser Völker und ihrer traditionellen Nomadenkultur jedoch widerstrebte. Viele zogen deshalb mit ihren Herden in benachbarte Länder. Heute leben nur noch wenige Menschen in der kasachischen Steppe nach der Art ihrer Vorväter.

Ein farbenreicher Blütenteppich

Die eisige Schneedecke des Winters schützt die Vegetation. Während im Frühjahr die ersten Sonnenstrahlen den Schnee zum Schmelzen bringen, sprießen die Zwiebeln der Frühblüher, die unter der Erdkruste überwinterten, hervor. Sie werden gespeist von den Energiereserven, die sie in ihren Zwiebeln über die Herbst- und Winterzeit speicherten, und so können sie unter den günstigen Frühjahrsbedingungen von Feuchtigkeit und Wärme rasch austreiben, wachsen und blühen. So verwandelt sich um den Zeitraum April bis Anfang Mai die Steppenlandschaft in einen farbenreichen Blütenteppich. Millionen von wildwachsenden Tulpen erblühen zusammen mit anderen Blumenzwiebelarten wie Iris, Lilien, Schwertlilien und Hyazinthen. Das bedeutendste und auffälligste Juwel im Blütenmeer ist die Schrenk’s Tulpe (Tulipa schrenkii), die in Kasachstan auf der Roten Liste steht als geschützte Pflanze. Die Blütenpracht währt nur eine kurze Zeit.

Von Steppenmurmeltieren und Wildpferden

Nach siebenmonatigem Winterschlaf kommen die Steppenmurmeltiere aus ihrem Erdbau wieder hervor. Für den Adler sind sie das wichtigste Beutetier.
Einst zogen große Herden von Wildpferden und Antilopen grasend über die Weiten der kasachischen Steppe. Doch die Wildpferde sind heutzutage nur noch in der Mongolei zu finden und die einst für das Gebiet typische Saiga-Antilope ist selten geworden.

Am Wasser pulsiert das Leben

Zu Beginn der fünfziger Jahre mussten während der sowjetischen „Neulandkampagne“ Millionen Hektar von unberührter, fruchtbarer Weidekulturlandschaft dem Pflug und den Anweisungen der Moskauer Kommunisten entsprechend dem Ackerbau weichen. Deshalb liegen heutzutage der Tengis See und die Kurgaldschiner Seen inmitten eines von intensiver Landnutzung geprägten Areals. Die Salz- und Süßwasserreservate bieten Tausenden von Zugvögeln ihre Raststätte. Der große Artenreichtum um dieses Gebiet kann jedoch nur durch den Schutz der beweideten Steppe erhalten bleiben. Die noch zahlreichen Steppenmurmeltiere, Wiesel, Füchse und Wölfe, Steppenkiebitz, Krauskopfpelikane und Rosaflamingos, um nur einige Tierarten zu nennen, sowie all die vielen Pflanzenarten, darunter Schilf- und Rohrkolbenbestände, mit denen die Ufer gesäumt sind, bilden ein natürliches Gleichgewicht in einer zu schützenden Kulturlandschaft dieser Erde.

 



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