Pferdestärken – Das Pferd bewegt die Menschheit

Große Sonderausstellung in Mannheim
Titelbild
Ostrakon mit dem Bild eines Streitwagenfahrers, Ägypten/Neues Reich, 19. Dynastie, um 1250 v. Chr. (Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung SPK,Foto: Jürgen Liepe)
Epoch Times21. Mai 2007

Mit der großen Sonderausstellung „Pferdestärken – Das Pferd bewegt die Menschheit“ präsentieren die Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim bis zum 19. August die weltweit erste zusammenhängende Gesamtschau zur Rolle des Pferdes in der Menschheitsgeschichte.

Den Besucher erwartet eine spannende Entdeckungsreise durch vertraute und fremde Regionen, Kulturen und Epochen der Weltgeschichte mit über 300 hochkarätigen Exponaten aus weltweit namhaften Museen. Es ist wie eine Zeitreise, auf die sich der Besucher begibt, um die Frage nach der Faszination und Bedeutung für das Pferd innerhalb der Menschheitsgeschichte zu ergründen.

Als Gott das Pferd erschaffen wollte,
sagte er zum Südwind:
Ich will ein Geschöpf aus dir
hervorgehen lassen, verdichte dich!
(Arabischer Spruch)

Das Pferd als Jagdwild

Dem urzeitlichen Menschen diente das Pferd als Jagdwild zum Überleben. Er erledigte das Tier mit effektiven Holzspeeren und nutzte es als Nahrungs- und Rohstoffquelle.

Bekannte und spektakuläre Pferdedarstellungen, welche die urgeschichtlichen Menschen in der Zeit von 40.000 bis 12.000 Jahren vor heute als Höhlenwandmalereien und auf zahlreichen Gegenständen hinterlassen haben, sind die sichtbaren Spuren aus jenen Jagdzeiten.

Die Zähmung des Wildpferdes

Die Frage danach wann und wo der Mensch zum ersten mal ein Wildpferd zähmte, steht den Wissenschaftlern noch immer zur Diskussion. Trensen liefern erste zeitliche Anhaltspunkte über den Beginn der Pferdehaltung als Haustiere. Doch in vielen Kulturen wurden Pferde auch mit Lenkhilfen geritten, die uns heute jedoch nicht mehr erhalten geblieben sind. Die heutige These geht von einer zeitgleichen Domestikation an verschiedenen Orten und Regionen aus.

Das Pferd – Symbol für Macht und Prestige

Die ältesten Zeugnisse der Mensch-Pferd-Beziehung stammen aus dem frühen 2. Jahrtausend v. Chr. Darstellungen von Streitwägen lassen auf die Nutzung des Pferdes als Zugtier im Vorderen Orient schließen. Trense, Zaumzeug und ausführliche Pferdetrainingstexte zeugen von einer neuen Führungsschicht der Streitwagenfahrer, deren gesellschaftliches Ansehen nicht zuletzt auf den Fähigkeiten im Umgang mit Pferden basierte.

Durch seine Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit entwickelte sich das Pferd zum unverzichtbaren Fortbewegungsmittel, das eine wichtige Rolle für die Entwicklung des Fernhandels spielte. Es ermöglichte weite Reisen, aber auch die kriegerische Eroberung großer Gebiete. Zugleich wurde das Pferd selbst zum Symbol von Macht und Prestige, wertvolles Tauschmittel und diplomatisches Geschenk. Darüber hinaus fand es als Zugtier der Götterwagen und mythisches Wesen Einzug in den religiösen Bereich.

Auf dem Pferderücken

Wenn es auch bereits aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. vereinzelt Darstellungen von Reitern gibt, so galt es sowohl im Vorderen Orient als auch in Ägypten im 2. Jahrtausend v. Chr. als unschicklich und unkultiviert, auf dem Pferd zu reiten. Man ritt nicht in Ägypten. Pharaonen waren immer fahrend auf Streitwagen abgebildet. So saßen in Ägypten – bis auf wenige Ausnahmen – nur Pferdeknechte, die die Tiere bewegen oder zur Tränke reiten, fremde Gottheiten oder gefesselte Gefangene auf dem Rücken von Pferden.

Doch trotz dieser anfänglichen Herabsetzung führten die Begegnungen mit nomadisierenden Reiterkriegerverbänden im 1. Jahrtausend v. Chr. schließlich nicht nur im Vorderen Orient zum Aufbau einer selbständigen Kavallerie, deren Beweglichkeit sich rasch als äußerst vorteilhaft erwies. Von diesem Zeitpunkt an wurden Streitwageneinheiten schrittweise durch berittene Soldaten ersetzt.

Des Kaisers tanzende Pferde – Die Tang-Zeit

In Chinas Tang-Zeit (618-917) lässt sich ein deutlicher Wandel im Umgang mit dem Pferd erkennen. Die Gründer der Tang-Dynastie stammten aus nordchinesischen Familien, in die chinesisch geprägte Nomaden eingeheiratet hatten. Diese Verbindung zur reiternomadischen Kultur schlug sich nicht nur in der Vorliebe für Pferde nieder, sondern auch in Toleranz gegenüber Fremden.

Schriftquellen berichten von „tanzenden Pferden“ am Hofe, von poetischen Namen der Tiere aber auch von Polospielen. Es gibt sogar Pferdeportraits, die Namen und Aussehen der Tiere überliefern. Sie dokumentieren die Individualisierung und Intensivierung der Beziehung von Mensch und Pferd wie sie uns heute bekannt ist. Das Goldene Zeitalter Chinas, die Tang-Dynastie, war zugleich das Goldene Zeitalter des Pferdes.

Pferde im antiken Griechenland

Pferdefiguren haben auch ihre Bedeutung in der griechischen Götter- und Sagenwelt. Die Geschichte von Pegasus, dem geflügelten Pferd, wie die Herkunft der Kentauren, den mythischen Mischwesen von Menschen- und Pferdegestalt, sind Darstellungen, die dem Menschen von heute mit seiner modernen Sichtweise durchaus auch Rätselhaftes zum Entschlüsseln aufgeben.

Goldenes Fohlen,
Abbild der Sonne,
tanzt in den Blumen,
spielst mit dem Wind.
(Lied der Apachen)

Die Entwicklung bis in die Gegenwart

Kostbare Exponate aus der islamischen Kultur zeigen die hohe Entwicklung der Pferdekunde im gesamten Orient. Während die Ausstellung Schwerpunkte auf die Impressionen der alten Kulturepochen setzt, wird im Weiteren ein Bogen gespannt, vom Ritterethos des Islam und seinen auffallenden Parallelen zum mittelalterlichen Ritterideal, den römischen Schauplätzen von spektakulären Pferde- und Wagenrennen bis hin zur Moderne in den westlichen Industrienationen.

Die Vorteile des Pferdes im Nah- und Fernverkehr sowie im Kommunikationswesen nutzte man bereits im Mittelalter. Ohne das Pferd wäre die erste Kurierverbindung der Reichspost Ende des 15. Jahrhunderts nicht möglich gewesen. Postkutschenlinien etablierten sich in Europa Mitte des 17. Jahrhunderts und wurden nach und nach zu einem gut funktionierenden Streckennetz mit zahlreichen Nebenlinien ausgebaut. Die steigende Mobilität und die zunehmende Bevölkerungszahl zur Zeit der Industrialisierung förderten die Entwicklung öffentlicher Verkehrsmittel wie Pferdestraßenbahnen und Kutschen. Die letzte Postkutsche fuhr in den 1920er Jahren.

In der Moderne erfährt das Pferd einen tiefgreifenden Bedeutungswandel. Das erste Automobil, 1886 von Carl Benz in Mannheim konstruiert, veränderte die Rolle des Pferdes in der Gesellschaft radikal. Der Einsatz des Hauspferdes als Zug- und Reittier revolutionierte demnach die Alte Welt so maßgeblich wie später erst wieder die Eisenbahn und das Automobil. Die motorisierte Kutsche verdrängte das Pferd zunehmend in die Bereiche Sport, Freizeit und Kunst.

Wenngleich der eine oder andere Themenbereich, bei denen das Pferd seine historische und traditionsreiche Bedeutung hat, bei der Ausstellung noch ergänzt werden könnte, wie beispielsweise das Pferd im Wilden Westen, europäische Pferdefeste oder bis hin zum Therapeutischen Reiten in der Gegenwart, so veranschaulicht sie dennoch sehr gut, dass keine
andere Mensch-Tier-Beziehung die Geschichte so tiefgreifend beeinflusst hat, wie die zwischen Mensch und Pferd.

www.rem-mannheim.de



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion